Mögliche BefangenheitKlüngel im Wirtschaftsministerium? Warum Habeck nun einen Posten neu prüft

Hannover Messe 2023 Hannover Messe 2023 Besuch und Rundgang von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Hannover Messe 2023 Hannover Messe 2023 Besuch und Rundgang von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck , Hannover Niedersachsen Deutschland Messegelände *** Hannover Messe 2023 Hannover Messe 2023 Visit and tour by Federal Minister of Economics Robert Habeck Hannover Messe 2023 Hannover Messe 2023 Visit and tour by Federal Minister of Economics Robert Habeck , Hannover Lower Saxony Germany Exhibition Grounds
Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hat Robert Habeck (Foto) zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue dena-Chef Michael Schäfer sein Trauzeuge war. (Archivbild)
www.imago-images.de, IMAGO/Chris Emil Janßen, IMAGO/Chris Emil Janssen

Klüngel im Wirtschaftsministerium? Die Neubesetzung einer wichtigen Position bei der Deutschen Energie-Agentur wird nun geprüft. Schon vorher waren familiäre Verflechtungen bekannt geworden. Die Opposition ist deswegen auf der Zinne, spricht von „mafiösen Zuständen“ im Ministerium.

Trauzeuge des Staatssekretärs bekommt Vorsitz der Energie-Agentur

Das Wirtschaftsministerium prüft nun das Verfahren zur Neubesetzung des Vorsitzes der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) und will es gegebenenfalls neu aufsetzen, teilte das Ministerium mit.

Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen habe Habeck zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue dena-Chef Michael Schäfer sein Trauzeuge war. „Mithin kann der Anschein einer möglichen Befangenheit nicht vollständig ausgeschlossen werden“, so das Ministerium. Der Minister habe daraufhin unmittelbar zu Wochenbeginn um interne Prüfung gebeten. Um den Fehler zu heilen, habe Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel als Aufsichtsratsvorsitzender der dena am Donnerstag den Aufsichtsrat gebeten, das Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls neu aufzusetzen.

„Es sind zwar rein rechtlich keine Fehler im Verfahren aufgetreten; die Beschlüsse des Aufsichtsrats der dena sind wirksam. Aber aufgrund eines Fehlers in einem vorgeschalteten Vorauswahlprozess könnte der Anschein einer möglichen Befangenheit entstanden sein.“ Dies habe die auf Bitten Habecks eingeleitete interne Prüfung ergeben.

Lese-Tipp: Habecks Frau gibt seltenen Ehe-Einblick

CSU: "Um bei Habeck Karriere zu machen, muss man offenbar Teil der Familie sein"

Familiäre Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks hatten für Irritationen bei der Opposition gesorgt. CSU-Generalsekretär Martin Huber sagte nun: Die Grünen machen das BMWK zum Familienministerium. „Um bei Habeck Karriere zu machen, muss man offenbar Teil der Familie sein. Robert Habeck muss die Vetternwirtschaft im BMWK um den Graichen-Clan aufklären, Patrick Graichen ist nicht mehr als Staatssekretär haltbar.“

Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban hatte am Mittwoch bei einer Debatte im Bundestag von „mafiösen Tendenzen“ gesprochen, Stephan Brandner von der AfD, auf deren Betreiben der Bundestag in Berlin das Thema in einer Aktuellen Stunde diskutierte, redete von „grünen Clanstrukturen“. Vertreter der Ampel-Fraktionen betonten, es seien keine Regeln verletzt worden. Das Wirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage, dass Vorkehrungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten getroffen worden seien.

Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer ökologisch ausgerichteten Forschungseinrichtung:

  • Die Schwester von Staatssekretär Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND.

  • Auch ein weiterer Bruder arbeitet beim Öko-Institut, wie unter anderem der SPD-Abgeordnete Markus Hümpfer zusammenfasste.

  • Verena Graichen ist wiederum verheiratet mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne).

Die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur versteht sich laut Eigendarstellung als „Wegbereiter“ der Energiewende. Dem Wirtschaftsministerium zufolge liegt die Entscheidung über die Überprüfung und mögliche Neuaufsetzung des Verfahrens um den dena-Chefposten beim Aufsichtsrat.

Anzeige:
Empfehlungen unserer Partner

Anfang April wurde der Posten vergeben

Die dena hatte Anfang April mitgeteilt, Gesellschafter und Aufsichtsrat hätten Schäfer mit Wirkung zum 15. Juni 2023 zum neuen Vorsitzenden der dena-Geschäftsführung bestellt. Der Verwaltungswissenschaftler werde die Geschäfte der dena gemeinsam mit Kristina Haverkamp führen, deren Vertrag verlängert wurde.

Schäfer war demnach zuvor unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung des Naturschutzbundes Deutschland und saß für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.

Der Aufsichtsrat habe sich nach einem Auswahlgespräch aufgrund der „herausragenden Qualifikation“ einstimmig für Schäfer entschieden, so das Ministerium. Die Gesellschafterversammlung habe zugestimmt.

Im Aufsichtsrat der dena seien unter anderem das Verkehrsministerium und das Umweltministerium vertreten. Die Gesellschafterversammlung bestehe aus der staatlichen Förderbank KfW sowie dem Bund, vertreten durch das Wirtschaftsministerium, das im Einvernehmen mit anderen Ministerien entscheide.

So beschreibt das Ministerium das Auswahlverfahren

Das Auswahlverfahren für die Neubesetzung der Geschäftsführung sei in mehreren Etappen erfolgt, so das Ministerium:

  • Im Vorfeld sei eine Findungskommission gebildet worden. Diese habe bestanden aus Wenzel, dem fachlich zuständigen Staatssekretär Graichen, dem für die Beteiligungsführung zuständigen Referatsleiter sowie als Gast der zweiten dena-Geschäftsführerin.

  • Ein externer Personaldienstleister sei mit der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten beauftragt worden. „Die Findungskommission führte daraufhin Gespräche mit ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten, traf eine Vorauswahl und legte dem Aufsichtsrat der dena einen Personalvorschlag auf Basis der besten Qualifikation vor.“

  • Die Personalentscheidung selbst habe dann beim dena-Aufsichtsrat mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung gelegen. Der Fehler liege nach Ansicht des Ministeriums in der dem formellen Auswahlverfahren vorgeschalteten Etappe. (dpa/eku)

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist 50 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Außerdem zur aktuellen politischen Lage: „Krieg in der Ukraine – So hilft Deutschland“ und „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“

Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.