Das rät die Rechtsexpertin
Kita wegen Corona dicht: Können Eltern Gebühren und Essensgeld zurückfordern?

Weil das Coronavirus noch immer Teil unseres Alltags ist, werden vor allem Eltern regelmäßig vor große Herausforderungen gestellt: Wenn Kitas aufgrund von positiven Corona-Fällen geschlossen sind, müssen die Kinder zu Hause betreut werden. Da stellt sich auch die Frage: Was ist eigentlich mit den monatlichen Kita-Gebühren, die wir für die Betreuung unserer Kleinsten zahlen? Und was passiert mit dem Essensgeld? Rechtsanwältin Nicole Mutschke klärt auf.
Was passiert mit den Gebühren, wenn die Kitas schließen?
Kitas werden in Deutschland von verschiedenen Trägern unterhalten, die können öffentlich also zum Beispiel kommunal oder frei also zum Beispiel kirchlich sein. Kinderbetreuung ist zudem Ländersache. Das heißt: Die Kommunen stellen Kindergartenplätze bereit und ermöglichen die Betreuung innerhalb der Kindergärten. Allerdings mit der Unterstützung der Bundesregierung: Der Bund gibt in Gesetzen die Rahmenbedingungen vor und unterstützt die Länder mit finanziellen Mitteln.
Im April 2020, also zu Beginn der Coronavirus-Pandemie, hat das Land Nordrhein-Westfalen zum Beispiel die Kita-Gebühren erlassen. Dennoch hilft das Eltern kaum weiter, wenn das Coronavirus – mitsamt der aktuell stark grassierenden Omikron-Variante – noch immer eine große Rolle im Alltag spielt. Bei so vielen positiven Fällen – inklusive Quarantäne – und einer so hohen Inzidenz wie aktuell ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Kitas geschlossen werden und Kinder zu Hause bleiben müssen. Je nach Beitrag, den Eltern monatlich zahlen, macht sich die wegfallende Betreuung im Geldbeutel ganz schön bemerkbar. In Köln zum Beispiel zahlt man bei einem Jahreseinkommen von knapp 50.000 Euro über 200 Euro im Monat, wenn das zweijährige Kind 35 Stunden pro Woche betreut wird.
Gibt es die Möglichkeit, dass Eltern ihr Geld zurückbekommen können, wenn die Kita zu ist? Rechtsanwältin Nicole Mutschke erklärt gegenüber RTL, dass man hier zwischen den kommunalen Einrichtungen und denen freier Träger unterscheiden muss: „Bei freien Trägern handelt es sich einfach um einen zivilrechtlichen Betreuungsvertrag. Hier gilt der Grundsatz: Ohne Leistung kein Geld! Wird die Betreuungsleistung also nicht erbracht, müssen auch die Beiträge nicht gezahlt werden.“
Unterschied bei kommunalen Kitas

Bei kommunalen Einrichtungen greife aber nicht das Zivilrecht, so Mutschke, „sondern das Verhältnis der Beteiligten“, das über die Betreuungssatzung geregelt wird. Das Oberverwaltungsgericht Münster habe schon lange vor Corona entschieden, „dass Nichterfüllung erst dann zwingend zu einer Ermäßigung oder Aufhebung der Abgabenfestsetzung führt, wenn das Ausgleichsverhältnis zwischen Abgabe und Wert der Verwaltungsleistung ‘gröblich’ gestört ist.“ Was damit gemeint ist? „Es muss ein absoluter Ausnahmefall vorliegen.“ Wann dies in Corona-Zeiten der Fall ist oder ob nicht gerade Corona und die langen Schließungen davon umfasst sind, darüber könne man definitiv diskutieren, sagt die Rechtsanwältin.
Dennoch: „Viele Stadt- und Gemeindeverwaltungen haben durchaus freiwillig die Kita-Gebühren für Ausfallzeiten erstattet. Wichtig ist, dass man sich bei kommunalen Kitas für den jeweiligen Wohnort erkundigt. Eine bundeseinheitliche Regelung gibt es nicht, aber zumindest einige Bundesländer haben hier eine landesweit einheitliche Vorgabe geschaffen.“ Wenn es an einer solchen Vorgabe fehlt, könne jede Kommune für sich entscheiden, ob beziehungsweise wann eine Gebührenerstattung erfolgt, erklärt Mutschke im RTL-Interview.
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Das sollten Sie als Elternteil wissen
Ergibt es Sinn, die Kosten einzuklagen? „Soweit es sich um einen kommunalen Träger handelt, wird es darauf ankommen, ob beziehungsweise welche Regelungen im jeweiligen Bundesland beziehungsweise der Kommune getroffen wurden.“ Falls eine Erstattung ohnehin vorgesehen ist, sei eine Klage gar nicht nötig, erklärt die Rechtsanwältin. Sie sagt außerdem, dass ansonsten die Argumente des Oberverwaltungsgerichts Münster aus dem Jahr 2013 helfen. „Bei privaten Kitas sollte man direkt nur die Leistungen bezahlen, die man erhält. Zahlt man weiter, obwohl man weiß, dass hierzu keine Pflicht besteht, kann es mit der Rückforderung schwierig werden.“
Wenn man als Eltern eine solche Klage in Erwägung zieht, gibt es einige Dinge zu beachten: „Soweit tatsächlich auf Landesebene eine Regelung zur Rückerstattung der Gebühren getroffen wurde, so ist grundsätzlich auch geregelt, wie und wann die Erstattung abläuft. Manchmal dauert der Verwaltungsvorgang seine Zeit, aber die Erstattung kommt.“
Wenn keine Erstattung vorgesehen ist, wird gegebenenfalls vor dem Verwaltungsgericht über die Gebühren gestritten. Bei privaten Trägern sieht es wieder anders aus. Kommt es hier zu einem Streit über die Gebühren, wird das unter Umständen vor den Zivilgerichten geklärt.
Was geschieht mit den Verpflegungskosten?
Nicht selten zahlen Eltern Essensgeld, damit die Kids versorgt sind. Was geschieht denn nun mit diesem Geld? Rechtsanwältin Nicole Mutschke sagt: „Auch hier ist wieder – bei einem privaten Träger – der Vertrag entscheidend. Und bei einem kommunalen Träger die Satzung. Es gilt daher grundsätzlich das Gleiche wie bei den Kita-Beiträgen auch.“
Mutschke hat außerdem schlechte Nachrichten für alle Eltern: Es gibt keine wirkliche Lücke, dass man sein Geld doch noch irgendwie zurückbekommt. „Eine Regelungslücke, die dazu führt, dass hier Gelder zurückgefordert werden können, gibt es weder bei den Kita-Gebühren, noch bei den Verpflegungskosten. Natürlich kann es aber einen solchen Anspruch aus Vertrag, landesrechtlichen Regelungen beziehungsweise der Gesetze oder der Auslegung dieser Gesetze durch ein Gericht geben.“ Die Anwältin gibt Eltern, die einen Vertrag mit einer privaten Kita abgeschlossen haben, den Tipp, noch einmal im Vertrag nachzulesen, welche Regelungen wirklich in Bezug auf die Verpflegung getroffen wurden.
Und bei einem kommunalen Kita-Träger? Da komme es auf den Wohnort an, „ob man sein Geld problemlos zurückbekommt. Ansonsten kann möglicherweise auch hier das Urteil des Oberverwaltungsgerichts helfen, wenn denn das Ausgleichsverhältnis zwischen Abgabe und Wert der Verwaltungsleistung ‘gröblich’ gestört ist“, so die Anwältin.