Immer mehr Eltern überwachen ihre KinderZum Schulstart doch den GPS-Tracker mit in den Ranzen? Das sagen die Experten

Immer mehr Eltern tracken ihre Kinder. Sei es auf dem Schulweg oder zu anderen Gelegenheiten, wo die Kids alleine unterwegs sind. Vor allem die schwedischen Eltern scheinen große Angst zu haben, dass ihren Kindern etwas passiert. Dort ist die Nachfrage an Ortungsgeräten für ihre Kinder extrem angestiegen. Sind diese sinnvoll?

Schweden: Immer mehr Eltern tracken ihre Kinder

Die Firma Netonnet verkauft GPS-Uhren und die dazugehörige Software. Das Unternehmen teilte dem schwedischen Sender SVT mit, dass die Nachfrage in Schweden extrem stark gestiegen sei. 2019 hatten rund 2000 Kunden ein Abo für die Ortungssoftware abschlossen, aber mittlerweile seien es rund 50.000.

Aber nicht nur Uhren werden zum Überwachen benutzt. Auch AirTags von Apple sind mittlerweile ein beliebtes Mittel, um die eigenen Kinder zu tracken. Zudem gibt es immer mehr Ortungs-Apps auf dem Smartphone. In Schweden gibt es sogar Apps und Uhren mit „Abhör“-Funktion. Seit 2017 sind solche Kinderuhren mit Abhörfunktion in Deutschland verboten. Schon der Besitz ist hierzulande strafbar.

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"Geofencing" in Schweden sehr beliebt

Nicht nur das Nachvollziehen von Bewegungsmustern der Kinder ist durch das Tracking möglich. Die schwedischen Eltern nutzen auch zusätzlich oft das sogenannte “Geofencing“. Durch diese Technologie können Eltern einen Bewegungsradius einstellen. Wenn der Träger des Ortungsgerät, auf dem diese Technologie installiert ist, das eingestellte Gebiet verlässt, löst ein Alarm aus und die Eltern erhalten eine Benachrichtigung.

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Sicherheit - oder doch eine elektronische Fußfessel?

Ist es aber überhaupt sinnvoll, sein Kind zu tracken? Die psychologische Beraterin und Therapeutin Ruth Marquardt sieht den Trend mit GPS-Uhren durchaus positiv: „Die Zeiten haben sich verändert - und viele Eltern sorgen sich zu Recht rum die Sicherheit ihrer Kinder. Gerade, wenn Kinder noch nicht über ein eigenes Smartphone verfügen, kann es auf jeden Fall sehr hilfreich sein, wenn das Kind die Eltern auf Wunsch erreichen kann.“

Besonders die Selbstständigkeit würde dadurch gefördert: „Auf diese Weise wird die Autonomie des Kindes sogar gestärkt, da es die Erfahrung machen kann: Ich kann alleine zur Schule oder zum Sport gehen - und wenn etwas sein sollte, kann ich meine Eltern direkt erreichen. Und auch umgekehrt können Eltern ihre Kinder erreichen“, so die Therapeutin.

Besorgte Eltern kann Ruth Marquardt beruhigen: „Kinder melden sich von selbst, wenn sie etwas nicht wollen oder als übertrieben erachten. So wird es auch mit der Ortung sein. Spätestens dann, wenn das Kind ein eigenes Smartphone bekommt, ist eine Ortung im Familiensystem ohnehin möglich - sollte hier aber auch abgesprochen werden. Wenn beispielsweise die Verabredung lautet - wir tracken dich nicht, aber du kannst uns so jederzeit erreichen - ist es aus meiner Sicht fein.“

Denn eigene Erfahrungen zu machen, sei sehr wichtig für die Heranwachsenden: „Wer selbstbewusste und selbstsichere Kinder auf das Leben vorbereiten möchte, wer will, dass die eigenen Kinder zu in sich sicheren Persönlichkeiten heranreifen, der tut gut daran, genug Spielraum für eigene Erfahrungen zu lassen.“ Etwas kritischer sieht Joachim Türk vom Kinderschutzbund das Tracking von Kinder. Was er dazu sagt, sehen Sie im Video.

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Wie können Eltern ihre Ängste überwinden?

Eltern, die ihre Kinder tracken, gehen oft vom Schlimmsten aus. Für diejenigen hat Ruth Marquardt einen Rat: „Wenn ich glaube, selbst vor Sorge verrückt werden zu können, kann es so erholsam und erleichternd sein, sich ein paar Stunden bei einem Live-Coach oder einer Therapeutin zu gönnen. Nehmen die eigenen Sorgen überhand, ist meist das eigene Kopfkino mit Horrorszenarien am Start - und zwar ganz ohne die eigene Kontrolle. Kopfkino von realen Situationen klar zu unterscheiden, lässt sich erlernen. Auch eigene bedrohlich wirkende Ängste zu idenfizifieren und diese Angst zu verwandeln, lässt sich lernen.“ Die psychologische Beraterin und Therapeutin ermutigt alle Menschen, das einmal für sich auszuprobieren, da sich dies positiv auf die Familie und das Vertrauensverhältnis der Familienmitglieder untereinander auswirken kann. (ija/pdr/lgö)

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