Rottweiler fällt Mädchen (13) an und verletzt es schwer

Mutter und Tochter über Kampfhund-Angriff: „Im ersten Moment dachte ich, der Arm muss abgenommen werden“

Zwei Monate ist es her, dass Melanie Feldmaier ohne Vorwarnung von einem Rottweiler angefallen wurde. Nur der geistesgegenwärtigen Reaktion des 13-jährigen Mädchens ist es zu verdanken, dass es nicht noch schwerere Verletzungen davongetragen hat. „Im ersten Moment dachte ich, der Arm muss abgenommen werden“, sagt ihre Mutter Marion im RTL-Interview. Während Melanies körperliche Wunden langsam heilen, leidet sie umso mehr unter den seelischen Verletzungen, ist seit dem Vorfall in psychologischer Behandlung. Mehr dazu – in unserem Video.

„Schau nach meinem Ranzen, der steht auf der Straße“

Melanie
Marion und Melanie Feldmaier

Die Mutter erinnert sich mit Schrecken an den schlimmen Tag im Oktober. Kurz nachdem Melanie das Haus im niederbayerischen Dörfchen Weng verlässt, klingelt es plötzlich Sturm, ihr Kind steht schreiend vor der Tür. „Als ich das gesehen habe, musste ich mich fassen, damit ich ruhig bleibe“, sagt sie. Ihre Tochter sagt noch, „schau nach meinem Ranzen, der steht auf der Straße“. Dann sei eine Frau gekommen, die alles mit angesehen hat und der Mutter sagt, dass sie einen Krankenwagen gerufen habe.

Heute weiß Marion Feldmaier, dass sie unter Schock steht, sich deswegen nicht mehr exakt an jedes Detail erinnern kann. Sie weiß, wie die Nachbarin – die Frau des Hundehalters – kommt, anbietet, das Kind ins Krankenhaus zu fahren. Sie lehnt das ab.

Dann kommt der Krankenwagen, Melanie bekommt Morphium gegen die Schmerzen. Tochter und Mutter werden ins Krankenhaus gebracht, Melanie wird sofort operiert. Die Sorgen der Mutter, dass Nerven durchtrennt sind, der Arm amputiert werden muss, bewahrheiten sich nicht.

Arzt: „Die Folgen kann man noch gar nicht abschätzen“

Pfaff
Arzt Dr. Burkhard Pfaff

Melanie ist ein tapferes Kind. Sehr gefasst erzählt sie unserer Reporterin, was an jenem Morgen passiert. Sie ist auf dem Weg zur Schule, hört Musik. Als ihr der Nachbar mit seiner Rottweiler-Hündin entgegenkommt, denkt sie ans nichts Schlimmes. Sekunden später bemerkt sie, wie der Hund von hinten auf sie zuspringt. „Als er angriff, habe ich den Arm dazwischen gehalten, damit er mich nicht woanders erwischt“, sagt sie.

Die Hündin fügt ihr schwere Fleischwunden am Arm zu, dennoch hat Melanie durch ihre Reaktion womöglich ein noch größeres Drama verhindert. „Das war kein einmaliges Zwicken, sondern der hat sich wirklich in den Arm verbissen“, sagt ihr Arzt Dr. Burkhard Pfaff. „Ich denke, wenn sie den Arm nicht hochbekommen hätte, wäre er an den Hals oder an den Kopf gegangen. Das hätte noch viel Schlimmer enden können“, glaubt der Mediziner aus Wörth an der Isar.

Viel gravierender aber sei die psychische Traumatisierung des Kindes. „Die Folgen kann man noch gar nicht abschätzen“, so Pfaff.

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Melanie schämt sich für ihre Narben

Arm
Deutliche Narben an Melanies Arm

Mutter Marion berichtet, dass Melanie sich für ihre Wunden schämt. Andere Kinder hätten sie gefragt, ob sie sich „geritzt“ habe. Seit dem Angriff habe ihre Tochter panische Angst vor fremden Hunden. Besonders vor dem Rottweiler der Nachbarn. An dessen Haus möchte sie nicht mehr vorbeigehen.

Mutter und Tochter wünschen sich, dass das Tier seinem Besitzer weggenommen wird. Beide betonen, dass sie nicht möchten, dass die Hündin eingeschläfert wird, sie solle es gut haben, wo immer sie zukünftig lebe. Aber das soll nicht mehr im Dorf, in der Nachbarschaft sein, hoffen sie.

Die Mutter hat einen Anwalt eingeschaltet. Sie ist empört darüber, dass die Gemeinde vier Wochen lang nicht auf den Vorfall reagiert habe. Inzwischen sei bekannt, dass der Angriff auf Melanie nicht der erste Vorfall mit dem Rottweiler war. Das Tier soll einen anderen Hund übel attackiert haben. Außerdem habe es einen Zeitungsjungen angegriffen und verletzt.

Nachbar entschuldigt sich: "Tut uns unendlich leid"

Anwalt
Anwalt Albrecht Schöllhorn-Gaar

Rechtsanwalt Albrecht Schöllhorn-Gaar will nun ein angemessenes Schmerzensgeld und Schadensersatz erreichen. Und die Gemeinde müsse prüfen, ob dem Halter der Hund weggenommen werden kann. Der Bürgermeister habe zugesichert, dass neu geprüft werde, ob der Hund „unbedenklich“ sei und ob der Nachbar geeignet sei, diesen Hund zu halten.

Seiner Meinung nach dürfe für dieses Tier keine „Unbedenklichkeitsbescheinigung“ mehr ausgestellt werden. Und dem Nachbar müsse „die Lizenz für dieses Tier“ entzogen werden, so der Jurist aus Landshut. Der Bürgermeister habe eine Leinen- und Maulkorbpflicht angeordnet, im neuen Jahr soll dann ein Wesenstest für den Hund stattfinden.

Der Hunderhalter selbst versucht, Worte der Entschuldigung zu finden: „Dieser Beißvorfall tut uns, der ganzen Familie, unheimlich leid. Wir bedauern das sehr.“ Er bitte aber um Verständnis, dass er keine weiteren Angaben machen möchte, weil es sich um ein laufendes Verfahren handelt.

Das Lied von damals will Melanie nie mehr hören

Für Melanie und ihre Mutter geht das Leid weiter. Beide sind in psychologischer Behandlung. Immerhin hat Melanie vor den drei Hunden der eigenen Familie keine Angst. „Mit denen ist es eigentlich wie immer. Die kenne ich ja schon, seitdem ich klein bin“, sagt sie.

Andere Dinge haben sich sehr wohl geändert. Am Haus des Nachbarn traut sich Melanie nicht mehr vorbei. Seit dem Angriff bringt ihre Mutter sie zur Schule, mit dem Auto. Und das Lied, dass sie hörte, als der Hund über sie herfiel, das kann sie nicht mehr hören, weil dann die Erinnerungen wieder hochkommen. Sie mag nicht einmal sagen, welches Lied es gewesen ist.