Angeblich krebserregende Inhaltsstoffe

Jennifer Mitchell (32) verklagt L'Oréal: Haarglättungsprodukte schuld an Gebärmutterkrebs?

Nachdem eine Studie einen Zusammenhang zwischen Gebärmutterkrebs und der Verwendung von chemischen Haarglättern aufgezeigt hat, hat Jenny Mitchell hat als erste Person Klage gegen mehrere Unternehmen - darunter auch L'Oréal eingereicht.
Nachdem eine Studie einen Zusammenhang zwischen Gebärmutterkrebs und der Verwendung von chemischen Haarglättern aufgezeigt hat, hat Jenny Mitchell als erste Person Klage gegen mehrere Unternehmen - darunter auch L'Oréal eingereicht.
RTRS, RTRS, RTRS

Jennifer Mitchell aus Missouri hat das Kosmetikunternehmen L’Oréal verklagt. Die Anwälte der 32-Jährigen haben am Freitag in Chicago Klage eingereicht. Darin heißt es, dass Mitchells Krebserkrankung durch chemische Haarglättungsprodukte der Marke verursacht worden sein soll. Eine Studie hatte bestimmte Inhaltsstoffe in sogenannten Relaxern erst kürzlich mit einem erhöhten Risiko für Gebärmutterkrebs in Verbindung gebracht.

Anwälte: Gesundheitsrisiken seit 2015 bekannt

Die Erkrankung soll "direkt und unmittelbar durch ihre regelmäßige und anhaltende Exposition mit Phthalaten und anderen endokrin wirksamen Chemikalien, die in den Haarpflegeprodukten der Beklagten enthalten sind, verursacht“ worden sein. Im Alter von acht Jahren habe die Afroamerikanerin erstmals ihre krause Haarstruktur chemisch mit Relaxern geglättet und dafür zwischen 2000 und März 2022 Produkte der Marke L’Oréal verwendet. Das französische Kosmetikunternehmen habe nicht angemessen vor den Gesundheitsrisiken gewarnt, obwohl seit 2015 bekannt gewesen sein soll, dass potenziell gefährliche Inhaltsstoffe verwendet wurden. Das Unternehmen war weder für Nachrichtenagenturen noch für RTL für eine Stellungnahme zu erreichen.

Die Klage markiere einen „Wendepunkt“ für Schwarze Frauen, die diese Produkte etwa aufgrund von eurozentrischen Schönheitsstandards, gesellschaftlichem Druck und damit verbundener Angst vor Diskriminierung verwenden, sagte ihre Anwältin Diandra Debrosse Zimmermann. "Wie die meisten jungen afroamerikanischen Mädchen wurden wir in jungen Jahren mit chemischen Relaxern und Glätteisen vertraut gemacht", sagte Mitchell bei einer Pressekonferenz. "Die Gesellschaft hat es zur Norm gemacht, auf eine bestimmte Weise auszusehen, um sich auf eine bestimmte Weise zu fühlen. Und ich bin die erste von vielen Stimmen, die aufstehen, sich gegen diese Firmen erheben und sagen: 'Schluss damit.'"

Jennifer Mitchell hat Haare 22 Jahre lang chemisch geglättet

Die junge Frau erzählte weiterhin, dass sie 2018 wegen eines Kinderwunsches bei ihrem Gynäkologen gewesen sei, der die bösartigen Veränderungen entdeckt habe. Schon einen Monat später, am 24. September 2018, wurde laut Klage im Boone Hospital Center in Missouri eine vollständige Hysterektomie durchgeführt. "Zu diesem Zeitpunkt, im Alter von 28 Jahren, waren meine Träume, Mutter zu werden, vorbei", sagte Mitchell und kämpfte mit den Tränen. In der Klageschrift heißt es, dass sie keine familiäre Vorgeschichte von Krebs oder Gebärmutterkrebs hat.

Nun fordert Jennifer Mitchell eine Entschädigung in Höhe von umgerechnet rund 76.000 Euro. Und sie soll nicht die Einzige sein. Debrosse Zimmerman zufolge, seien auch in Kalifornien und New York Klagen gegen Kosmetikunternehmen – darunter auch L’Oréal – eingereicht worden, die einen möglichen Zusammenhang zwischen Krebsdiagnosen und Haarglättungsmitteln herstellen. "Wir gehen davon aus, dass wir weitere Frauen bei der Einreichung von Klagen vertreten werden, und dass sich immer mehr Frauen melden werden", sagte sie. Das Anwaltsteam der Klägerin würde künftig viele andere Frauen vertreten, „die sich jetzt melden, nachdem sie von den wissenschaftlichen Erkenntnissen erfahren haben, die besagen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Verwendung von chemischen Relaxern und Gebärmutterkrebs gibt“, äußerte sich auch Bürgerrechtsanwalt Ben Crump.

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Studie: Krebsrisiko bei Personen, die chemische Haarglätter nutzen, verdoppelt

Mitchells Klage kommt nur Tage nach der Veröffentlichung einer Studie im „Journal of the National Cancer Institute“. Darin heißt es, dass das Risiko, im Alter von 70 Jahren an Gebärmutterkrebs zu erkranken, bei Menschen, die häufig chemische Haarglättungsprodukte verwenden, bei etwa vier Prozent – und damit um 2,4 Prozent höher! - liegt, als bei Personen, die diese Mittel in den letzten zwölf Monaten nicht verwendet haben. Betroffen seien besonders Schwarze Frauen, die die Produkte vermehrt nutzen. Hier sei der Zusammenhang am stärksten ausgeprägt gewesen.

Dieses Ergebnis zeige zudem, „dass Gebärmutterkrebs tatsächlich selten ist. Die Verdoppelung des Risikos ist jedoch besorgniserregend", sagte Chandra Jackson, eine Autorin der Studie und Forscherin am „National Institute of Environmental Health Sciences“. "In dieser Studie hatten Frauen mit häufigem Konsum im letzten Jahr ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Gebärmutterkrebs.“ Weiterhin erläuterte Jackson: "Aus der Literatur in diesem Bereich wissen wir, dass Haarprodukte, die an Schwarze Kinder und Frauen vermarktet werden, nachweislich mehrere Chemikalien enthalten, die mit Hormonstörungen in Verbindung gebracht werden, und (...) nachweislich auch schärfere chemische Formulierungen haben.“ Dass Schwarze Frauen häufig gleich mehrere dieser Produkte verwenden würden, könne dazu führen, dass sie „im Durchschnitt höhere Konzentrationen dieser hormonschädigenden Chemikalien in ihrem Körper haben“.

Laufende Forschungsarbeiten deuteten dem Nachrichtensender „CNN“ zufolge bereits zuvor darauf hin, dass chemische Haarglätter mit einem erhöhten Risiko für bestimmte hormonbedingte Krebsarten, einschließlich Brust- und Eierstockkrebs, verbunden sind.

Bedenken an neuer Studie zu Haarglättungsprodukten

Dr. Otis Brawley, Professor an der Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health und ehemaliger medizinischer Leiter der American Cancer Society, sieht die Ergebnisse kritisch. Die neue Studie sei zwar "gut gemacht" und zeige einen Zusammenhang zwischen chemischen Haarglättungsprodukten und einem erhöhten Gebärmutterkrebsrisiko, könne aber nicht belegen, dass die Produkte den Krebs direkt verursachen, teilte er „CNN“ mit. „Das wissenschaftliche Ideal wäre eine randomisierte Studie mit etwa 40.000 Personen; 20.000, die regelmäßig Haarglätter benutzen, und 20.000, die sie nie benutzen oder benutzt haben, und die dann 20 Jahre lang beobachtet werden." Jedoch sei es der Wissenschaft derzeit nicht möglich, bessere Daten zu liefern, als es die neue Studie tut.

"Schwarze Frauen sind seit langem Opfer von gefährlichen Produkten, die speziell für sie vermarktet werden", schrieb Crump aus Mitchells Anwaltsteam in einer Pressemitteilung. "Schwarzes Haar war und wird immer schön sein, aber Schwarzen Frauen wurde gesagt, dass sie diese Produkte verwenden müssen, um den gesellschaftlichen Normen zu entsprechen. Wir werden wahrscheinlich herausfinden, dass der tragische Fall von Frau Mitchell einer von zahllosen Fällen ist, in denen Unternehmen schwarze Frauen aggressiv getäuscht haben, um ihre Gewinne zu steigern." (cwa)