Übermüdung, Depressionen und Burnout in KlinikenArzt packt aus: "Wir sind teilweise so fertig, dass es für Patienten richtig gefährlich werden kann!"
Sie sollen uns helfen und brauchen oft selbst Hilfe. Viele Ärzte macht ihr Job krank - körperlich, vor allem aber seelisch. Martin Schmitt (veränderter Name) ist Assistenzarzt an einer Uniklinik und erzählt von 30-Stunden-Schichten, die alle im Dienst viel zu oft an ihre Grenzen bringen. Ändert sich nichts, spitzt sich die Lage wohl weiter zu. Dabei liegt die Lösung klar auf der Hand: Die Kliniken brauchen mehr Personal und bessere Arbeitsbedingungen. Im Video spricht Schmitt über die heftigen Zustände, denen Ärzte ausgesetzt sind.
Ärzte haben Angst um ihren Job und gehen krank zur Arbeit
Wer sich über die Arbeitsbelastung beschwert, müsse oft Angst um seinen Job haben, viele Arbeitsverträge sind nur befristet, erzählt Martin Schmitt. Einige Ärzte gehen auch krank zur Arbeit, obwohl sie Angst haben, Patienten anzustecken. "Dann fragt man sich: Was mach ich hier eigentlich? Das ist nicht das, was ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.", erzählt der 35-Jährige. Er selbst hat einen befristeten Vertrag auf vier Jahre.
Schmitt erzählt, dass wenn jemand mit einem Herzinfarkt kommt, die Klinik dafür ein gewisses Budget bekommt. Und wenn man mal mit dem Patienten extra sprechen möchte, weil er vielleicht Angst hat, dann ist das in dem Budget nicht vorgesehen. "Menschlich zu sein, kommt da gar nicht mehr zu Stande. Man fühlt sich wie in einer Fabrik, wo es nur danach geht, Zahlen zu erreichen.", so Schmitt weiter. Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er nicht nochmal Medizin studieren.
Martin Schmitt fordert deshalb, dass Krankenhäuser finanziell nicht mehr dafür belohnt werden, einfach nur möglichst viele Patienten durchzuschleußen. Und dass die Arbeitsbedingungen für Ärzte besser werden. Schließlich sind Ärzte auch nur Menschen. Wie er, haben auch viele seiner Kollegen über eine Kündigung nachgedacht.
Burnout und Depressionen im Medizinerberuf nehmen zu
Die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Marburger Bunds unter Ärztinnen und Ärzten sind alarmierend. Zwar beziehen sich die Zahlen vorwiegend auf Berlin und Brandenburg, doch laut Armin Ehl vom Bundesverband decken sich die Ergebnisse mit dem deutschlandweiten Trend. Überbelastungen bestimmen den Arbeitsalltag zu einem großen Teil. Das frustriert nicht nur die Ärzte, sondern ist auch aus Patientensicht besorgniserregend.
Wer will sich schon gerne von einem gestressten Arzt behandeln lassen? Der Marburger Bund fordert deshalb mehr Geld für Personal und eine bessere Kontrolle und Einhaltung der Arbeitszeiten. Auch die Politik sieht handlungsbedarf. Damit sich die Lage verbessert, sind folgende Punkte laut SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Bas wichtig:
"Zum einen brauchen wir am Ende Personaluntergrenzen, damit wir wissen, wie viele Personal fehlt."
"Dann ist der zweite Schritt natürlich, da wo Personal fehlt, wir Personal aufbauen."
"Und der dritte Schritt ist, die Arbeitgeber müssen viel mehr tun, die Arbeitsbedingungen in den Häuser zu verbessern."
Der innere und äußere Druck steigt bei Ärzten
Dr. Clemens Boehle behandelt in seiner Klinik viele Ärzte wegen Burnout. Der äußere Druck ist enorm: Arbeitsverdichtung, Technologisierung oder Sparzwang. Auch der innere Druck steigt: Ärzte haben hohe Leistungsbereitschaft. Ärzte sind die schlechtesten Patienten, geben aber ungern zu, dass sie selbst Hilfe brrauchen.
Der Psychotherapeut meint, dass immer mehr Ärzte unter Burnout leiden - besonders gefährdet sind junge Ärzte. "Die Gedanken gehen weiter. Es kommt zu Schlafstörungen und Konzentrationsstörung.", erzählt Boehle. Auch funktionelle Störungen und folgend auch manifeste Depressionen können entstehen. Wichtig sei es, sich selbst zuzugeben, wenn man etwas nicht mehr schafft und, dass man zur Ruhe kommt.