Sechs Tage aßen sie nichts mehr
LKW-Fahrer beenden Hungerstreik an Raststätte - Arzt: "Lebensbedrohlich!"

Das Bangen hat ein Ende!
Seit Dienstag (19. September) hatten 30 Trucker jegliche Nahrung verweigert, weil ihr polnischer Arbeitgeber ihnen keinen Lohn zahlt – doch jetzt ist der Streik auf ärztlichen Rat hin beendet. Notfallmediziner Gerhard Trabert besuchte die Fahrer am Wochenende an der Raststätte Gräfenhausen (Hessen) – und schlug am Montag Alarm. Er hält die Eskalation für lebensbedrohlich.
Arzt: „Hungerstreik ist eine lebensbedrohliche Situation“
Trabert ist Gründer des Vereins Armut und Gesundheit in Deutschland und hat in den vergangenen Wochen wiederholt Teilnehmer des Streiks mit seinem Team aufgesucht und behandelt. Seit mehr als zwei Monaten versuchen sie so immer wieder an der Raststätte der A5 ausstehenden Lohn einzufordern. Die Männer geben an, zum Teil seit Monaten nicht bezahlt worden zu sein. Die Gespräche mit ihrem Arbeitgeber Mazur sind schon vor Wochen ins Stocken geraten. Seit Dienstag greifen sie zum letzten Mittel: Hungerstreik! Doch jetzt ist der Streik beendet.
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„Ein Hungerstreik ist eine lebensbedrohliche Situation“, sagt Trabert am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Wir können auch mit ärztlicher Begleitung das Risiko nicht reduzieren.“ Etliche Fahrer seien dehydriert und hätten daher Blutdruckprobleme, andere seien durch Infekte immungeschwächt. Die Situation sei für die Fahrer gefährlich, zumal nach fünf Tagen ohne Nahrungsaufnahme Veränderungen im Stoffwechsel einsetzten und der Körper beginne, Skelettmuskulatur abzubauen. Es könne aber auch den Herzmuskel betreffen, das Risiko von Herzrhythmusstörungen nehme mit andauerndem Hungerstreik zu. Dramatisch: Einem der Fahrer, der stark erhöhten Bluthochdruck hatte, habe er dringend zum Abbruch des Hungerstreiks geraten, so Trabert. Am Montagabend folgen auch die übrigen Männer dem ärztlichen Rat und stellen ihren Hunger-Protest ein.
LKW-Fahrer im Hungerstreik: Mediziner fordert medizinische Anlaufstellen
Zusätzlich erschwerend für die Fahrer: In Deutschland haben sie keine Krankenversicherung. Um in vergleichenbaren Situationen künftig schneller helfen zu können, spricht sich Trabert für medizinische Anlaufstellen an europäischen Autobahnen aus. „Es müsste in Europa ein Netz geben zur medizinischen Versorgung dieser Fahrer“, betont er.
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Die Fahrer bedanken sich auf an ihren Lastwagen befestigten Plakaten für die breite Anteilnahme an ihrer Situation. „Wir wissen Ihre Sorgen um uns zu schätzen“, steht auf ihnen. Janine Wissler, Bundesvorsitzende der Linke etwa, hatte am Montag an Mazur appelliert und einen Fond für die Fahrer gefordert.
Jetzt kann nicht nur Gerhard Tabert, sondern ganz Deutschland aufatmen, dass den Hungerstreik alle Männer unbeschadet überstanden haben. (jak mit dpa)