Frauen weisen den Weg
In dieser Stadt sollen die Straßen nur noch weibliche Namen tragen

Die Straßennamen sind in Bad Segeberg eine klare Männersache: Dr.-Helmut-Lemke-Straße, Timm-Kröger-Weg oder Waldemahr-v.-Mohl-Straße – Personen, mit teils dubioser Vergangenheit, zieren die Wegweiser der kleinen Stadt in Schleswig-Holstein. Frauennamen sind hier nur schwer zu finden, doch das soll sich jetzt ändern.
Bad Segeberg: Nur drei Straßen sind Frauen gewidmet
Idyllisch gelegen direkt am Segeberger See. Die Kleinstadt, die deutschlandweit für ihren Kalkberg und die Karl-May-Festspiele bekannt ist, macht jetzt durch ein anderes Thema auf sich aufmerksam. Die Stadt hat insgesamt 175 Straßen, davon tragen 44 einen Personennamen. Lediglich drei sind Frauen gewidmet: Anne-Frank-Weg, Anny-Schröder-Weg und Hilda-Kühl-Weg. Diese sechs Prozent rufen Kritiker auf den Plan. Sie fordern, dass die Wegweiser in Bad Segeberg weiblicher werden. Viele der knapp 18.000 Einwohner der Stadt geben ihnen recht, denken es ist längst überfällig, aus den alten Strukturen auszubrechen und in Richtung Gleichberechtigung zu schreiten.
In einer Sozialausschuss-Sitzung vergangenen Dienstag wurde über den Entwurf der Grünen abgestimmt, die eine 100-Prozent-Frauenquote bei der Vergabe neuer Straßennamen fordern. Ein Anliegen, was die Politik in Bad Segeberg spaltet.
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Die CDU stimmt gegen die Frauenquote
Der Ortsvorsitzende der CDU, Till Wenzel, positioniert sich im Gespräch mit RTL klar gegen diese Forderung: „Wir halten davon natürlich nichts. Ist das nötig, dass man die Namen hundertprozentig an Damen gibt?“ Er ist der Auffassung, dass man Gleichberechtigung auch anders erzielen könnte. Dabei unterstützen ihnen auch seine Parteikolleginnen, Ina Roth und Lea Hoffmann. Sie stimmten bei der Sozialausschuss-Sitzung gegen den Vorschlag der Grünen. Klingt erstmal ungewöhnlich. Doch für die beiden Politikerinnen hat die Frauenquote nichts mit Gleichberechtigung zu tun.
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Ihnen geht es viel mehr darum, Personennamen bei der Namenswahl allgemein zu vermeiden:„Man hätte diesem zustimmen können, aber wir wollen ja weg von diesem Personenkult.“, erklärt Ina Roth auf RTL-Nachfrage. Auch Lea Hoffmann unterstützt dieses Vorhaben: „Wir müssen davon abgehen, Menschen zu ehren. Deswegen haben wir dagegen gestimmt. Wir möchten von diesen Namen und Ehrungen ab. Da ist keine Gleichberechtigung, wenn wir alle Namen jetzt nach Frauen benennen.“ Stattdessen schlägt sie eine neutrale Namensgebung vor: „Es gibt Vögel, es gibt Pflanzen, es gibt Orte, es gibt verschiedene Möglichkeiten neue Straßen zu benennen.“ Sollten sich aber doch Bad Segeberger Bürgerinnen und Bürger durch ihr Engagement auszeichnen, halten sie es dennoch für denkbar, die Person mit einem Straßennamen zu ehren. Aber eben von Einzelfall zu Einzelfall.
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Hilda Kühl ersetzt Gustav Frenssen

Gerade vergangenes Jahr entbrannte ein Streit rund um den Gustav-Frenssen-Weg. Die bewegte Nazi-Vergangenheit des Schriftstellers aus Dithmarschen, der von 1863 bis 1945 lebte, veranlasste die Stadt, den Weg umzubenennen. „Gustav Frenssen ist ein Dichter, der in der Nazizeit eine Position eingenommen hat, die mit demokratischen Grundzügen und Menschenachtung nicht in Einklang zu bringen ist“, erklärte der damalige Bürgermeister Dieter Schönfeld seine Ablehnung. Und so musste der Name Gustav Frenssen dem Namen Hilda Kühl weichen. Seither ziert der Name der ehemaligen Autorin drei Straßenschilder in Bad Segeberg.
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Mitte Mai fällt die Entscheidung
Am 16. Mai entscheidet die Stadtvertretung in Bad Segeberg, ob Sie der Empfehlung des Sozial-Ausschusses zustimmt. Laut Amtsleiter Stephan Hartung stehen die politischen Parteien diesem Antrag insgesamt positiv gegenüber. SPD und Wählergemeinschaft BBS schlossen sich dem Vorschlag bereits während der Sitzung vergangenen Dienstag an. Es ist also davon auszugehen, dass sie auch in zwei Wochen dafür stimmen werden.