Ärger bei Red Bull trotz Spanien-Doppelsieg
Perez sauer: Wir müssen reden

Mehr geht eigentlich kaum: Platz 1 und 2 in einem zum Teil äußerst schwierigen Formel-1-Rennen und dazu auch noch die Führung in der Fahrer- und Teamwertung. Trotzdem hing der Haussegen nach dem Spanien-GP schief im Motorhome von Red Bull. Der Grund: Sergio Perez fühlte sich um den möglichen Sieg gebracht – weil er seinem Teamkollegen Max Verstappen während des Rennens gleich zwei Mal den Vortritt lassen musste. Auf die üblichen Gratulationen kurz nach der Zieldurchfahrt funkte der Mexikaner weniger emotional zurück: „Wir müssen nachher noch einmal reden.“
Platz machen für den Champion
Eine Aussage, die Perez später noch einmal an den Mikrofonen der internationalen Presse wiederholte: „Wir müssen ein paar Dinge klarstellen“, sagte 32-Jährige zerknirscht – und deutet an, dass er mit Entscheidungen des Teams während des Rennens nicht ganz einverstanden ist.
Erstmals musste Perez seinen Garagennachbarn in Runde 11 auf Anweisungen der Kommandobox passieren lassen. Zwei Runden zuvor war Verstappen in Kurve 4 von einer Windböe ins Kiesbett gedrückt worden. Der Niederländer fiel von Position 2 auf 4 zurück – hinter Perez, der zu diesem Zeitpunkt hinter Mercedes-Mann George Russell feststeckte. „Ich sollte die Position, die ich ihm am Anfang überlassen haben, später wiederbekommen“, gab Perez nach dem Rennen zu Protokoll.
Perez: Habe die Position nicht zurückbekommen

Doch als Perez in Umlauf 26 mit den vier Runden frischeren Reifen auf die sich weiterhin duellierenden Russell und Verstappen auflief – musste er sich dahinter einreihen und abwarten. Und das obwohl Verstappen wegen eines defekten DRS schon seit Runden nicht an Russell vorbeikam. „Ich hatte das Gefühl, dass ich hätte vorbeigehen können und dann vermutlich bessere Karten mit meiner Strategie gehabt hätte", sagte Perez.
Erst als der Weltmeister in Runde 29 zu seinem zweiten Reifenservice in die Boxengasse abbog, durfte Perez Gas geben und Russell attackieren. „Ich habe die Position nicht wiederbekommen und dann kam der Wechsel auf die Dreistopp-Strategie“, haderte Perez, der in Umlauf 31 mit funktionierendem DRS Russell problemlos aufschnupfte.
"Das ist unfair"
Tatsächlich änderten die Bullen die Strategie, um Verstappen per Undercut und Zwischensprint an Russell vorbei zu bringen. Der Plan ging auf: Nachdem Russell in Umlauf 37 ebenfalls einen zweiten Stopp eingelegt hatte, blieb Verstappen auch nach einem dritten Wechsel in Runde 44 vor dem Mercedes-Mann – kam allerdings hinter dem nun Führenden Perez zurück auf die Piste.
Doch auf frischen Gummis fuhr der 24-Jährige die Lücke zum Teamkollege binnen nur fünf Runden zu – und Perez wurde vom Team erneut aufgefordert, Verstappen den Vortritt zu lassen. „Das ist unfair“, funkte Perez in die Box, machte dann aber doch artig Platz für seinen Markenkollegen. Damit war das Rennen entschieden – an der Reihenfolge an der Spitze änderte sich bis ins Ziel nichts mehr.
Teamchef Horner: Doppelsieg sichern
„Natürlich willst du gewinnen“, machte Perez später deutlich. „Es war eng zwischen mir und Max.“ Teamchef Christian Horner bestätigte: "Es war kein fairer Kampf.“ Meinte damit aber etwas anderes als Perez: "Max hatte einen großen Reifenvorteil“. Laut Horner sei Verstappen zum Zeitpunkt des zweiten Platzwechsels teilweise bis zu zwei Sekunden pro Runde schneller gewesen als Perez. "Daher hätte es keinen Sinn, sie kämpfen zu lassen", betonte Horner und verwies auch Verstappens gestörtes DRS-System, durch das das Überholen für den späteren Sieger trotz Geschwindigkeitsüberschuss schwierig geworden wäre.
"Das Letzte, was du willst, ist, einen Ausfall zu riskieren, wenn deine Autos potenziell einen Doppelsieg einfahren können", so Horner. Der Brite gab sich optimistisch: Perez werde alle Entscheidungen des Teams verstehen, wenn man sie ihm später erkläre. Eine Sache wird man ihm dabei wohl auch noch einmal deutlich machen: Er ist nur der Adjutant von Verstappen, der unumstrittenen Nummer 1 im Team.
Perez schon wieder auf Schmusekurs
Mit etwas Abstand zum Renngeschehen scheint Perez das aber auch selbst wieder eingefallen zu sein. Auf der abschließenden Pressekonferenz betonte er am Ende: „Es ist ein gutes Teamergebnis. Wir müssen ein paar Dinge intern klären, aber es gibt nichts, worüber ich besorgt bin“, sagte der Mexikaner und schob hinterher: „Ich kann nur sagen, dass die Atmosphäre und das Momentum beispiellos sind.“ Versöhnliche Worte also – man könnte auch sagen: Arbeitsplatzsicherung. (wwi)