Im Baku-Training unter ferner liefen

Hamilton ratlos: Was ist nur mit Mercedes los?

Mercedes driver Lewis Hamilton of Britain speaks during a media conference ahead of the Formula One Grand Prix at the Baku Formula One city circuit in Baku, Azerbaijan, Thursday, June 3, 2021. The Azerbaijan Formula One Grand Prix will take place on Sunday. (Francois Nel, Pool via AP)
Lewis Hamilton kam am Freitag in Baku noch überhaupt nicht in die Gänge
VM, AP, Francois Nel

Die Plätze 7 und 10 im 1. Freien Training, in Session 2 gar nur die Ränge 11 und 16. Was zum Geier ist mit Mercedes los, fragt man sich nach dem Auftakt ins Formel-1-Wochenende von Baku. Weltmeister Lewis Hamilton wirkt seltsam ratlos, Stallkollege Valtteri Bottas sieht ein grundsätzliches Problem. Und im Streit um die Flexi-Wings keilt Red-Bull-Teamchef Christian Horner genüsslich gegen Silber-Konterpart Toto Wolff.

"Es stimmt etwas fundamental nicht"

„Tut, was immer wir tun müssen. Ich werde eh nicht schneller fahren. Ich weiß nicht, wo die Zeit liegt“, funkte Lewis Hamilton während des 2. Baku-Trainings an den Mercedes-Kommandostand. So klingt Ratlosigkeit. Und der Weltmeister behielt recht: Hamilton wurde, als die Autos am Freitag noch mit wenig Sprit durch Baku jagten, in der Tat nicht schneller. Am Ende fand sich der erfolgsverwöhnte Brite auf Rang 11 wieder.

Hamilton auf 11?! Wann hat es sowas zuletzt gegeben? Gewiss: Es war nur der Trainings-Freitag, die Zeiten deuten aber eindeutig darauf hin, dass die Erfolgskombo Hamilton/Mercedes wie schon zuletzt in Monte Carlos auch am Kaspischen Meer auf eine harte Probe gestellt wird.

"Wir sind ein ganzes Stück weit hingen. Ich weiß nicht, warum wir liegen, wo wir liegen“, gab Hamilton nach dem 2. Training noch immer ohne Erkenntnisgewinn zu Protokoll. Immerhin: Im Longrun sei das Auto besser gelaufen, als auf eine schnelle Runde. Das Resümee von Stallkollege Valtteri Bottas (Platz 16, kein Scherz!) fiel noch schlimmer aus. "Es stimmt etwas fundamental nicht und wir müssen herausfinden, was es ist“, sagte der Finne.

Baku ein hartes Pflaster für Mercedes

Schon vor dem Abflug nach Aserbaidschan hatte Mercedes-Teamchef Toto Wolff in gewohnter Manier den Zeigefinger gehoben. Der Kurs mit seiner Mischung aus einer ellenlangen Geraden und engen Altstadt-Kurven liege dem W12 nicht. Außerdem werde das Thema Reifen ein Problem.

Die Krux für Mercedes. Der schwarze Bolide nimmt die Walzen härter ran als die Konkurrenz von Red Bull. Der Baku City Circuit macht es mit seinen vielen Kurven zudem extrem schwer, die Pneus auf Temperatur zu bekommen. Auch das spielt Mercedes überhaupt nicht in die Karten. Am Freitag wurde dies schon deutlich: Auf einer schnellen Runde waren Hamilton und Bottas nicht nur langsamer als Red Bull, auch Ferrari und McLaren rasten schneller um die 6,003 km lange Piste.

Mercedes also nur vierte Kraft? Was wie ein F1-Scherz klingt, scheint in Baku im Bereich des Möglichen zu liegen. Jedenfalls dann, wenn die Truppe über Nacht den „fundamentalen“ Fehler nicht identifiziert und am Samstag ausmerzt. Zuzutrauen ist das dem perfektionistischen Weltmeister-Rennstall allemal.

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Horner zeigt Hörner

Für Red Bull lief der Auftakt in Aserbaidschan ungleich besser. Nicht nur auf, sondern auch neben der Strecke nahmen die „Bullen“ Mercedes auf die Hörner. Im Streit um die flexiblen Heckflügel bei Red Bull keilte Teamchef Christian Horner genüsslich gegen Mercedes-Konterpart Toto Wolff.

Der RB16B sei absolut regelkonform, sagte der Brite bei Sky Sports F1 und verwies in der ganzen Diskussion über Flexibilität in der Formel 1 lieber auf die Frontpartie am Mercedes. "Wenn ich einen Frontflügel habe, der sich so bewegt, wie jener von Toto, dann halte ich meine Klappe." Buff!

Einmal in Fahrt, stichelte Horner weiter. Es sei doch toll, dass sein Team Mercedes derart „unter Druck“ setzen könne, dass sich der langjährige Branchenprimus nun so für Red Bull interessiere.

Flexibilität ist flexibel - aber wie weit?

Mercedes, aber auch McLaren und Aston Martin beschweren sich seit geraumer Zeit über den Heckflügel von Red Bull. Knackpunkt: Unter Last biegt sich der Flügel am RB16B auf den Geraden nach hinten, ermöglicht so mehr Topspeed, während er in den Kurven die Ausgangsform wieder annimmt und bestmöglichen Abtrieb bietet.

Eine Flexibilität der Teile ist in der F1 bis zu einem gewissen Grad erlaubt. Nach Ansicht von Mercedes hat Red Bull die Grauzone mit seinem Konzept jedoch verlassen. Die FIA will allerdings erst vor dem Frankreich-GP durch Belastungstests an den Autos klären, ob der Red Bull die Regeln verletzt oder nicht. Sehr zum Ärger von Mercedes und seinen Kunden, die bereits mit einem Protest drohen, sollte der Flexi-Wing in Baku zum Einsatz kommen. (mar)