RTL-Interview mit Florian und Andrea W.

Falscher Streetworker wegen Kindesmissbrauchs verurteilt: Jetzt sprechen das Opfer (14) und seine Mutter

Landschaftsgärtner, Streetworker und Baumchirurg – all das behauptete Oliver B. zu sein. In Wahrheit jedoch ist er ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter. Nun hat das Landgericht Wuppertal den 43-Jährigen wegen Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch eines heute 14 Jahre alten Jungen verurteilt. RTL hat Florian* und seine Mutter abseits des Prozesses getroffen – das Interview im Video.
(*Name von der Redaktion geändert)

Oliver B. erschlich sich Vertrauen, niemand schöpfte Verdacht

Prozess vor dem Landgericht Wuppertal gegen den einschlägig vorbestraften Sexualstraftäter Oliver B.
In dieser Gartenlaube und der Wohnung des Angeklagten kam es zu schweren sexuellen Übergriffen des Angeklagten Oliver B. auf den heute 14 Jahre alten Florian.
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Oliver B. ging strategisch vor: Anfang des Jahres mietete er ein Grundstück in einer Kleingartenanlage in Remscheid, um dort eine Hütte zu bauen. Er wolle mit auffälligen Kindern und Jugendlichen arbeiten, habe er dem Verwalter gesagt. „Diese Idee fand ich selber nicht schlecht und habe ihm daraufhin den Garten verpachtet“, so Roland Berle, der damals mit Florians Mutter liiert war.

„Er war sehr freundlich, er war sehr hilfsbereit, er war nett. Er sagte, er arbeitet mit der Polizei, beziehungsweise auch mit dem Jugendamt zusammen und wäre also auch da abgesichert.“ Daran habe er nie Zweifel gehegt, alles sei ihm stets plausibel erschienen, so der 59-Jährige. „Es gab nichts, was mich hätte stutzig machen können, trotzdem hatte ich immer ein merkwürdiges Bauchgefühl.“

Zurecht: Denn bei Oliver B.s Geschichten handelt es sich um eine perfide Masche. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnt: Der Mann ist einschlägig vorbestraft, war nur auf Bewährung frei. Indem er vorgab, Kontakte bei der Polizei zu haben, erschlich er sich das Vertrauen seiner späteren Opfer – und schreckte sie gleichzeitig davon ab, Anzeige gegen ihn zu erstatten.

Florian dachte über Suizid nach

Prozess vor dem Landgericht Wuppertal gegen den einschlägig vorbestraften Sexualstraftäter Oliver B.
Florians Mutter Andrea W. (51) macht sich schwere Vorwürfe, die Missbrauchszeichen nicht eher erkannt zu haben.
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Auch Andrea W. und ihr Sohn Florian schöpften zunächst keinerlei Verdacht. Die beiden hatten selber einen Garten in der Anlage, waren daher oft vor Ort. Oliver B. baute Nähe zu dem heute 14-Jährigen auf. Der hat ADHS, leidet an Depressionen. Diese Instabilität soll der Angeklagte ausgenutzt haben. Zwischen März und April 2022 kam es in der Gartenlaube und in seiner Wohnung zu schweren sexuellen Übergriffen auf den Teenager. Der zögerte zunächst, sich seiner Mutter anzuvertrauen. Aus Sorge, man könnte ihm keinen Glauben schenken: „Er war ja so nett zu allen.“

Er verletzte sich selbst, kam in eine Klinik. Dann schließlich bricht die Wahrheit doch aus dem Jungen heraus. Wie sich seine Mutter im RTL-Interview erinnert, sah er nur darin die Möglichkeit, sein Leben zu retten.

Mehr zum Thema: Verdacht auf sexuellen Missbrauch bei Kindern - so erkennen Sie Warnsignale

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Angeklagter zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt

Prozess vor dem Landgericht Wuppertal gegen den einschlägig vorbestraften Sexualstraftäter Oliver B.
Prozess vor dem Landgericht Wuppertal gegen den einschlägig vorbestraften Sexualstraftäter Oliver B.
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Der ehemalige Polizeidirektor und Experte Rainer Becker vom Verein Deutsche Kinderhilfe kann nicht nachvollziehen, dass Oliver B. mit seinen Vorstrafen überhaupt auf freiem Fuß war. Es handele sich in seinen Augen vielmehr um einen Fall für eine Sicherungsverwahrung, „weil jetzt mehrmals nachgewiesen worden ist, dass der Kandidat offensichtlich nicht bereit ist, sich an so etwas zu halten oder nicht in der Lage ist, sich an so etwas zu halten“.

Bis zuletzt hatte Florian große Angst vor Oliver B., der in seiner Laube Waffen aufbewahrt und den Jungen so eingeschüchtert haben soll, sich gegen die Übergriffe zu wehren. Die Richter haben Oliver B. zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Er muss in eine psychiatrische Einrichtung. Vor Gericht hatte er die Taten vollumfänglich gestanden, sagte zum Schluss: „Ich möchte mich nicht verteidigen, ich möchte mich nur entschuldigen. Es tut mir leid.“

Hier finden von sexueller Gewalt betroffene Kinder und Jugendliche Hilfe

Wildwasser: Richtet sich an Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die von sexuellem Missbrauch betroffen sind.

Hilfe-Telefon sexueller Missbrauch: Hier finden Betroffene und Angehörige eine erste telefonische Beratung – auch im Zweifelsfall unter 0800 22 55 530 (Mo, Mi, Fr: 9 - 14 Uhr; Di + Do: 15 - 20 Uhr)

Deutscher Kinderschutzbund: Setzt sich für den Schutz von Kindern vor Gewalt, gegen Kinderarmut und für die Umsetzung von Kinderrechten in Deutschland ein.

Kinder- und Jugendtelefon der „Nummer gegen Kummer“: berät Kinder und Jugendliche über Telefon, Email und Chatfunktion. Telefon: 116111 (Mo - Sa: 14-20 Uhr)

Spenden können Sie an das „Bündnis Kinderschutz“ und Dunkelziffer e.V., der von der Stiftung „RTL – Wir helfen Kindern e.V.“ unterstützt wird. (cwa)