Das sagen die Virologen Stöhr, Streeck und StürmerExperten urteilen: Das waren die größten Fehler in der Corona-Pandemie!

Nur noch ein paar Maßnahmen zum Schutz der Vulnerablen, das RKI setzt die Risikostufe auf "moderat" herab - nach drei Jahren Pandemie ist klar: Das war's - hoffentlich nicht nur vorerst. Jetzt beginnt die Rückschau - und die Frage danach, welche Fehler gemacht wurden und was in der Zukunft in einem solchen Fall besser gemacht werden könnte. Wir haben drei Experten gefragt.
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Nur noch „moderat“: RKI stuft Corona-Risiko herab
Nicht einmal im Fernzug muss man mehr Maske tragen. Einige Bundesländer haben die Isolationspflicht aufgehoben, in anderen ist es geplant. Und auch das Robert Koch-Institut handelte jetzt bei der Corona-Risikobewertung, indem sie auf „moderat“ herunterstuft wurde. Vor etwas mehr als drei Jahren begann die Pandemie, die sich jetzt, wie von vielen Experten vorausgesehen, zu einer Endemie entwickelt hat. Das Virus bleibt – ist aber nicht mehr so gefährlich. Zeit für eine Bilanz.
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Wieler und Lauterbach: Kita- und Schulschließungen hätten vermieden werden können
Der scheidende RKI-Chef Lothar Wieler warf bereits einen Blick zurück. In einem Interview äußert er sich kritisch über Schulschließungen: „Es gab nie nur die Alternative: Entweder wenige Tote oder Schulen offen halten“, sagt Wieler am 25. Januar in der Wochenzeitung Die Zeit. „Der vorhandene Spielraum ist während der ganzen Pandemie nicht ausreichend mit der nötigen Sorgfalt, Ruhe und Sachlichkeit betrachtet worden.“ Das RKI habe „immer Empfehlungen abgegeben, mit denen man den Betrieb in Schulen und Kitas hätte laufen lassen können, wenn auch unter Anstrengung.“
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Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bereits Fehler in der Pandemie-Vergangenheit benannt. Er sagte am 30. Januar im ARD-“Morgenmagazin“, im Nachhinein betrachtet sei es falsch gewesen, die Schulen und Kindertagesstätten so lange geschlossen zu halten. Das sei aber damals von den die Regierung beratenden Wissenschaftlern empfohlen worden.
Und was sagen die Wissenschaftler selbst? Wir haben die Virologen und Epidemiologen gefragt: Was waren für Sie die größten Fehler in der Corona-Pandemie?
Stürmer: Suboptimale Kommunikation

Der Frankfurter Virologe Dr. Martin Stürmer zeigt sich kritisch, was eine voreilige Aufbereitung der Pandemie-Jahre anbelangt. „Viele machen jetzt den Fehler, mit den heutigen Erkenntnissen die damaligen Entscheidungen infrage zu stellen“, sagt er uns. Damals habe man vor der Herausforderung gestanden, Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu diskutieren – vor dem Hintergrund eines nahezu unbekannten Erregers. „Dass nicht alles gut war, ist klar, sollte aber sachlich und wissenschaftlich ausgewertet und diskutiert werden“, mahnt er an. Das größte Problem sei die „suboptimale Kommunikation der Maßnahmen an die Bevölkerung“ gewesen.
Streeck: Fehlende Pluralität

Für den Bonner Virologen Dr. Hendrik Streeck, Mitglied des Corona-Expertinnenrats der Bundesregierung, ist in der Rückschau klar: „Ein Fehler in der Pandemie war es, nicht von Beginn an ein interdisziplinäres Expertenteam aufzustellen.“ Kein Wissenschaftler könne nämlich die Vielfältigkeit der Wissenschaft allein verstehen und beurteilen, was richtig oder falsch sei, die Wissenschaft aber lebe von der Diskussion. „Pluralistische Sichtweisen hätten bereits früh Probleme, Maßnahmen und deren Effekte – sei es Schulschließung oder Maskenpflicht – auf die Probe gestellt“, sagt er im Interview mit RTL.
Stöhr: Kein funktionsfähiges Krisenmanagement

Eindeutig scharf bewertet Epidemiologe Dr. Klaus Stöhr, Mitglied des Corona-Sachverständigenausschuss, die Lage: „Unsinnig geschlossene KITAs und Spielplätze, vernachlässigter Schutz der Alten-und Pflegeheime, fehlende Begleitevaluierung zur Korrektur von Maßnahmen, Testorgien nicht nur von asymptomatischen Kindern im Sommer, positive Tests (Inzidenz) als politische Handlungsgrundlage, Kommunikationskalamitäten nicht nur zum erwarteten Schutz der Impfstoffe, Milliardengräber für freie Intensivbetten, vernichteten Impfstoff und Masken, Maskenpflicht im ÖPNV bis 2023 und eine zutiefst verängstigte und gespaltene Gesellschaft“ – all das hätte in seinen Augen vermieden werden können, wenn Entscheidungen weniger ideologisch, dafür mehr nach Evidenz getroffen worden wären.
Das Grundproblem in seinen Augen: Es fehlte in funktionsfähiges Krisenmanagement mit einem strukturierten Prozess der Wissensbeschaffung für die politische Entscheidungsfindung. „Dann wäre auch eine vertrauenswürdige Krisenkommunikation möglich gewesen“, so Stöhr gegenüber RTL.
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