Polizei veröffentlicht Daten über die Verhaftungen

Eskalation an Silvester in Berlin: Was wissen wir über die Täter?

Gewalt gegen Einsatzkräfte: "So habe ich es gelernt!" Eskalation an Silvester in Neukölln
02:34 min
Eskalation an Silvester in Neukölln
Gewalt gegen Einsatzkräfte: "So habe ich es gelernt!"

30 weitere Videos

Attacken auf Einsatzkräfte, Bilder wie aus Kriegsgebieten: Die Ausschreitungen zu Silvester, besonders in Berlin, schockieren. Wer sind die Täter? Die Berliner Polizei hat dazu nun Zahlen veröffentlicht.

145 Festnahmen: 100 davon haben keine deutsche Staatsbürgerschaft

Besonders dramatisch war die Lage in der Silvesternacht im Berliner Viertel Neukölln. Hier leben 327.100 Menschen aus 160 Nationen auf engstem Raum. Der Bezirk zählt zu den am dichtesten besiedelten Innenstadtgebieten in Deutschland, wird oft als Problemviertel bezeichnet. (Anm. d. Red.: Daten von 2021)

Die Zahlen der Polizei Berlin zeigen: Von den 145 Festgenommenen haben 45 die deutsche Staatsangehörigkeit, der Rest hat andere Staatsbürgerschaften. Statistisch nicht erfasst werden die Migrationshintergründe, Einwanderungsgeschichten oder soziale oder gesellschaftliche Schichten, heißt es auf RTL-Anfrage bei der Polizei. Die Altersangaben der Festgenommenen seien „aktuell noch Gegenstand der Auswertung, da sie einzeln händisch ausgewertet werden müssen.“

Laut Polizei wiesen die Festgenommenen folgende Staatsbürgerschaften auf:

deutsch 45, afghanisch 27, syrisch 21, ungeklärt 13, irakisch 9, libanesisch 5, polnisch 5, türkisch 5, iranisch 3, serbisch 2, jordanisch 2, australisch 1, französisch 1, indisch 1, italienisch 1, malisch 1, nigerianisch 1, rumänisch 1, tunesisch 1

Nach Angaben der Polizei wurden nach derzeitigem Stand 355 Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet. Das seien Verfahren u. a. wegen des Verdachts des Landfriedensbruches, des Tätlichen Angriffes auf Vollstreckungsbeamte und gleichgestellte Personen, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, der gefährlichen Körperverletzung, des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion, der Zerstörung wichtiger Arbeitsmittel, des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, des Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz sowie des Verstoßes gegen das Waffengesetz eingeleitet.

Lese-Tipp: Silvesterkrawalle in Berlin – „Wir haben das so gelernt“: Wie reagiert nun die Politik?

Härtere Strafen oder was hilft? Folgen der Silvesternacht
02:11 min
Folgen der Silvesternacht
Härtere Strafen oder was hilft?

30 weitere Videos

Neuköllner Bezirksbürgermeister: "Zu schlussfolgern, dass alle mit Migrationsgeschichte ein Gewaltproblem haben, wäre falsch"

ARCHIV - 09.08.2021, Berlin: Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) steht im Schillerkiez. (zu dpa «Hikel begrüßt Debatte über Jahn-Denkmal in der Hasenheide») Foto: Annette Riedl/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD)
kno pil, dpa, Annette Riedl

Der Bezirksbürgermeister von Neukölln, Martin Hikl (SPD) warnt vor einem Generalverdacht gegen Migranten, die Ausschreitungen zum Jahreswechsel seien die Taten einzelner Jugendgruppen gewesen, sagte er im „rbb“.

"Daraus zu schlussfolgern, dass alle Menschen mit Migrationsgeschichte ein Gewaltproblem haben, wäre wirklich falsch. Denn es leiden ja vor allem auch die Menschen aus der Community darunter. Die Gewerbetreibenden in der Sonnenallee sind alles andere als erfreut darüber, dass einzelne marodierende Jugendbanden durch die Gegend laufen, ihre Geschäfte beschädigen und den öffentlichen Raum faktisch für sich einnehmen und mit Gewalt füllen. Dementsprechend: Daraus pauschal eine Integrationsdebatte zu machen, halte ich für verkürzt."

Hikel teilt die Ansicht der Neuköllner Integrationsbeaufragten Güner Balci, dass es sich bei den Tätern um "hoffnungslos Abgehängte" handelt:

"Das sind einzelne junge Männer, die wenig Perspektiven haben, bei denen sämtliche Möglichkeiten der Teilhabe überhaupt nicht gegriffen haben. Das einzige, was ihnen bleibt, ist die Gewalt. Wir müssen uns die Frage stellen, wie gehen wir mit diesen Menschen um. Es ist auch wichtig, dass diese Menschen sehr schnell Konsequenzen spüren. Denn sie gefährden den sozialen Frieden im Quartier."

Anzeige:

Empfehlungen unserer Partner

"Oft Jugendliche ohne Perspektive"

Aber einzelne Personen erreiche man einfach nicht. „Die behaupten, dass hier eigene Regeln gelten, dass der Kiez ihnen gehört“, weiß der Neuköllner. „Das sind oft Jugendliche, die in der Schule nicht gerade Erfolgserlebnisse hatten und die dann ohne Perspektive dastehen.“ Die Corona-Pandemie könnte dies noch verstärkt haben, weil Schulen und Jugendeinrichtungen zeitweise geschlossen waren, vermutet Hikel im Gespräch mit der dpa.

Klar ist aber für ihn auch: Wo Kriminalität und Gewalt herrschen, muss der Staat durchgreifen. „Das erste ist klarzumachen, dass der öffentliche Raum sicher ist.“ Das sei der Staat den Bewohnern und Geschäftsleuten im Kiez schuldig. „Diese Taten müssen strafrechtlich konsequent verfolgt werden. Rettungskräfte in einen Hinterhalt zu locken, das ist hochkriminelles Verhalten. Da müssen Gerichte sehr konsequent und sehr schnell Urteile herbeiführen.“

Im Video: Soziologe & Psychologe Kazim Erdogan über möglich Lösungen: "Ins Gespräch kommen, bevor Kinder in den Brunnen fallen!"

"Ins Gespräch kommen, bevor Kinder in den Brunnen fallen!" Soziologe & Psychologe Kazim Erdogan
04:21 min
Soziologe & Psychologe Kazim Erdogan
"Ins Gespräch kommen, bevor Kinder in den Brunnen fallen!"

30 weitere Videos

Werden Strafen verhängt - Justiz hat keine Daten

Ob und wie die Justiz das macht, auch dazu liegen auf Anhieb keine Daten vor. Die Zahl der Verfahren zu Angriffen auf Polizisten und Feuerwehrleute in den vergangenen Jahren könnten kurzfristig nicht erhoben werden, erklärt Justizsprecher Sebastian Büchner auf Anfrage. „Spezifisch Verfahren, bei denen Böller zum Einsatz kamen, können wir erst recht nicht filtern.“ Er verspricht aber für die nächsten Tage eine Auswertung der Verfahren zu Anzeigen nach Angriffen auf Einsatzkräfte in früheren Jahren. (eku/dpa)

Politik & Wirtschaftsnews, Service und Interviews finden Sie hier in der Videoplaylist

Playlist: 30 Videos

Spannende Dokus und mehr

Sie lieben spannende Dokumentationen und Hintergrund-Reportagen? Dann sind Sie bei RTL+ genau richtig: Sehen Sie die Geschichte von Alexej Nawalny vom Giftanschlag bis zur Verhaftung in „Nawalny“.

Außerdem finden Sie Dokus zu Politikern wie die persönlichen Einblicke zu Jens Spahn oder zur aktuellen politischen Lage: „Klima-Rekorde – Ist Deutschland noch zu retten?“

Spannende Dokus auch aus der Wirtschaft: Jede sechste Online-Bestellung wird wieder zurückgeschickt – „Retouren-Wahnsinn – Die dunkle Seite des Online-Handels“ schaut hinter die Kulissen des Shopping-Booms im Internet.