CDU-Chef Friedrich Merz im RTL-Frühstart
„Die Stimmung zwischen der Bundesregierung und uns wird schlechter“
CDU-Chef Friedrich Merz beklagt die „schlechter“ werdende Stimmung zwischen Regierung und Opposition, fühlt sich von Bundeskanzler Scholz „unzureichend“ über dessen Ukraine-Politik informiert und lehnt einen Gas-Importstopp aus Russland ab. Man solle sich die Probleme nicht selbst ins Haus holen, so Merz im RTL/ntv-Frühstart. Bundespräsident Steinmeier müsse sich, bei allem Respekt, wegen seiner Russland-Politik „mehr erklären“.
Union fühlt sich von der Regierung in der Ukraine-Politik unzureichend informiert

Unions-Fraktionschef Merz hat die Informationspolitik der Bundesregierung hinsichtlich der Ukraine-Hilfen als unzureichend kritisiert. „Die Stimmung zwischen der Bundesregierung und uns wird schlechter.“ Dafür macht Merz vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz verantwortlich. „Da werden Fragen beantwortet, die ihm gar nicht gestellt worden sind. Und die Fragen, die ihm gestellt worden sind, beantwortet er nicht.“ Konkrete Fragen nach Waffenlieferungen etwa beantworte die Bundesregierung aus „Sicherheitsgründen“ nicht.
Das Verhalten des Bundeskanzlers folge offenbar einem Muster, so Merz. Auch von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht fühlt er sich seit Wochen hingehalten. „Der Gipfel ist, dass die Verteidigungsministerin jetzt behauptet, das sei mit der ukrainischen Regierung so abgesprochen. Und die ukrainische Regierung widerspricht dem ganz offen. Also hier sind die Dinge nicht in Ordnung.“
Wäre er, Merz, Bundeskanzler, würde er die Öffentlichkeit besser informieren. „Natürlich müssen die Transportwege geheim gehalten werden“, so Merz. „Aber wir müssen doch die Öffentlichkeit darüber informieren, was geliefert wird. Wir müssen die Öffentlichkeit darüber informieren, woran es liegt, dass bestimmte Dinge noch nicht geliefert worden sind. Also die Bundesregierung setzt sich dem Verdacht aus, dass sie ihre Zusagen nicht einhält.“
"Dieses Problem nicht selbst ins Haus holen"
Auf die Energieimporte aus Russland komplett zu verzichten, lehnt Merz ab. Kohleimporte könne man sofort stoppen, Öleinfuhren „innerhalb der nächsten drei Monate“. Aber bei Gas sehe die Sache anders aus. „Große Teile der deutschen Grundstoffindustrie sind von diesen Gaslieferungen abhängig“, so Merz weiter. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass Russland diese Gaslieferungen möglicherweise in den nächsten Tagen oder Wochen stoppt. Dann haben wir ein großes Problem. Aber wir müssen uns dieses Problem nun nicht noch selbst zu uns ins Haus holen.“
Den Äußerungen des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, der alle Russen „momentan“ als Feinde bezeichnet hatte, begegnet Merz mit Verständnis. „Das ganze Land ist im Krieg, wir erleben Gräueltaten gegen die Zivilbevölkerung, und dass man da nicht immer sachlich und nüchtern bleibt, sondern natürlich auch sehr emotional wird, auch gegenüber seinem Gastland, dafür habe ich größtes Verständnis.“ Es sei Melnyks Aufgabe, so zu arbeiten.
Der Bundespräsident "muss sich mehr erklären"
Die Erklärung des Bundespräsidenten, seine Russlandpolitik zu korrigieren, hat Merz nach eigener Aussage mit „Respekt“ begleitet. Aber dem CDU-Chef reichen die bisherigen Äußerungen Frank-Walter Steinmeiers nicht aus. „Ich finde, er wird das Thema weiter behandeln müssen. Er wird mehr erklären müssen. Er wird auch sagen müssen, was denn daraus dann folgt für die Zukunft. Aber noch einmal Respekt dafür, dass er es getan hat.“ Die Wahl Steinmeiers zum Bundespräsidenten bereue er nicht. Man habe keine Mehrheit gehabt in der Bundesversammlung. „Insofern haben wir eine kluge und, wie ich finde, richtige Entscheidung getroffen.“
Die Zuwendungen an den Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder sieht Merz in diesem Zusammenhang kritisch. Darüber habe der Bundestag, der Haushaltsausschuss, von Jahr zu Jahr zu entscheiden. „Seine Mitarbeiter sind ja offensichtlich alle schon gegangen. Da stellt sich die Frage, ob er überhaupt noch ein Büro durch den Deutschen Bundestag zur Verfügung gestellt bekommen muss.“
Ob Bundeskanzlerin a.D. Angela Merkel nach Kiew fahren sollte, wie von der ukrainischen Regierung gewünscht, müsse sie selbst entscheiden. „Aber ich sage mal ganz allgemein: Jemand, der einmal Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland war, wird nie wieder ganz Privatperson. Er gehört bis zu seinem Lebensende zum Inventar der Bundesrepublik Deutschland“, so Merz. „Und da hat er Verhaltenspflichten, die nicht die einer Privatperson sind.“