Nach Raketenschlag auf Krankenhaus in Gaza
Die schrecklichste Pressekonferenz des Israel-Krieges: Hier spricht ein Arzt zwischen Kinderleichen

Männer mit versteinerten Gesichtern halten regungslose kleine Körper in den Armen, dahinter ist ein Pult mit Mikrofonen aufgebaut.
Yousef Abu Al-Rish steht im weißen Kittel zwischen unzähligen Leichen. Der Arzt, der für die Gesundheitsbehörde von Gaza arbeitet, spricht über einen Raketenangriff auf das Al-Ahli-Krankenhaus. Hunderte Menschen sollen dabei ums Leben gekommen oder verletzt worden sein. Es ist die wohl grauenhafteste Pressekonferenz, die der Krieg in Israel bis jetzt hervorgebracht hat.
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Mann hält totes Baby während Pressekonferenz in Gaza
Während der Arzt spricht, stehen einige andere Menschen in Krankenhauskitteln um ihn herum. Vor dem Pult auf dem Boden kauern mehrere Männer in Zivilkleidung. Einer hat ein totes Baby auf dem Schoß liegen, Ärmchen und Beinchen hängen schlaff herunter.
Ein anderer hält einen toten Jungen, der in ein blutverschmiertes weißes Tuch gehüllt ist. Nur sein Kopf, um den noch ein Verband gewickelt ist, schaut heraus. Rund herum liegen weitere tote Kinder, deren Gesichter nicht abgedeckt wurden. Im Hintergrund ist der Boden offenbar übersäht mit noch mehr Leichen.
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Sprecher der Gesundheitsbehörde behauptet Al-Ahli-Klinik wurde gewarnt
Eins wird bei den markerschütternden Bildern sehr deutlich: Diese Pressekonferenz soll zeigen, dass der Angriff auf das Krankenhaus in Gaza vor allem die kleinsten und schwächsten hart getroffen hat. Nichts macht das Grauen des Krieges deutlicher als die fahlen Gesichter der Kinder, die nie wieder spielen, nie wieder lachen, nie wieder aufgeregt herumhüpfen werden.
Abu Al-Rish sagt, dass die Klinik bereits am 14. Oktober von zwei Raketen getroffen worden sei. Danach habe Maher Ayyad, der Direktor des Krankenhauses, einen Anruf erhalten und sei aufgefordert worden, das Gebäude evakuieren zu lassen. Die beiden Raketenschläge seien eine Warnung gewesen. „Der einzige Ort der Welt, wo man vor Luftangriffe gewarnt wird, ist Gaza. Der einzige Ort, wo Häuser durch Raketen vor Raketenangriffen gewarnt werden“, erklärt er.
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Hunderte Menschen sollen bei Raketenschlag verletzt und getötet worden sein
Das Al-Ahli-Krankenhaus wird von der Anglikanischen Kirche finanziert. Richard Sewell, der das Programm zur Finanzierung des Krankenhauses leitet, sagt der BBC, es sei schwierig an unabhängige Informationen zu kommen. Er bestätigt aber, dass die Klinik getroffen wurde und eine „fürchterliche Zahl an Menschen“ ums Leben gekommen sein müsse. Reuters spricht von mindestens 500 Todesopfern in dem Krankenhaus.
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Wer genau die tödliche Rakete abgefeuert hat, ist unklar. Und auch, ob es den Drohanruf vor dem Angriff, von dem Abu Al-Rish während der Pressekonferenz spricht, wirklich gegeben hat. Israel und die Palästinenser schieben sich gegenseitig die Schuld zu. Die Gesundheitsbehörde von Gaza, die von der Hamas kontrolliert wird, macht Israel für das Blutbad verantwortlich. Genau wie mehrere arabische Staaten. Die Israelische Armee beteuert hingegen, dass es keine ihrer Raketen war, die das Gebäude voller Zivilisten getroffen hat. „Das Krankenhaus wurde durch eine fehlgeschlagene Rakete der Terrororganisation Islamischer Dschihad getroffen“, hieß es.

Israel geht von fehlgeleiteter palästinensischer Rakete aus
Das sollen auch Aufnahmen belegen, die das Militär veröffentlichte. In dem Videozusammenschnitt sind Luftaufnahmen der Al-Ahli-Klinik und eines Parkplatzes zu sehen, auf dem ein Brand ausgebrochen war. Es sei kein typischer Krater zu sehen, wie er sonst bei israelischen Luftangriffen entstehe, erklärte die Armee.
Der israelische Armeesprecher Jonathan Conricus sagte dem US-Sender CNN außerdem, das Militär habe Beweise vorliegen über ein von Israel abgehörtes Gespräch zwischen Hamas-Terroristen. Sie hätten gesagt: „Oh, da gab es offenbar eine Fehlfunktion oder eine Explosion einer Rakete, die im Gazastreifen gelandet ist.“ Auch ein Livestream des Senders Al Jazeera scheint zu belegen, dass die Rakete innerhalb des Gaza-Streifens abgefeuert worden ist. Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie das Geschoss in der Luft explodiert und dann vom Himmel stürzt. Dort, wo die Rakete einschlägt, gibt es einen große Feuerball. Weiter hinten schlagen kleinere Trümmerteile ein.
Die militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad wies die Vorwürfe zurück. Doch selbst wenn geklärt ist, wer die Verantwortung für den Angriff trägt: Den getöteten Kindern und ihren Familien wird das nicht helfen. Sie haben alles verloren. (mit dpa)
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