Doc Polly erklärt, was Besitzer über ihr altes Haustier wissen sollten

Demenz bei Katzen und Hunden – bei diesen Warnzeichen unbedingt zum Tierarzt!

von Vera Dünnwald

„Wo bin ich? Und was wollte ich hier überhaupt?“
Nicht nur Menschen, sondern auch unsere geliebten Haustiere werden im Alter von Symptomen wie Vergesslichkeit und Orientierungslosigkeit geplagt. Diagnose: Demenz. Plötzlich stehen die Vierbeiner vor nie dagewesenen alltäglichen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Auch Hündin Hedwig hat Demenz. Wie ihr Alltag aussieht – das seht ihr im Video!

Demenz bei älteren Hunden und Katzen weit verbreitet

Bei Hunden und Katzen kommt Demenz im höheren Alter häufig vor, weiß Mediziner Holger Volk von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Bei Hunden im Alter von 12 bis 13 Jahren weise etwa eines von drei Tieren die klinischen Symptome auf. Im Alter von 15 bis 16 Jahren seien schon zwei von drei Hunden vom „caninen kognitiven Dysfunktionssyndrom” betroffen. Und unter den sehr alten Katzen um die 16 Jahre haben rund 50 Prozent Demenz, in dem Fall „felines” Syndrom genannt. Also insgesamt eine „Riesenzahl”, betont der Experte.

Aber wie kommt es zur Demenz? Die Nervenzellen können nicht mehr richtig arbeiten - hervorgerufen durch Veränderungen des Gehirn-Stoffwechsels oder auch Entzündungen und Ablagerungen von Eiweißen. Das Tier wird langsamer, manche verlernen eingeübte Kommandos, es kommt zu Verwirrung, schlechtem Schlaf - und auch zu Verhaltensveränderungen. „Eigenbrötlerisches Verhalten und Rückzug”, nennt Volk als Beispiele. Häufig treten Gelenkschmerzen oder Zahnerkrankungen auf.

Ganz wichtig sei daher frühe Intervention. „Wenn Tierbesitzer Auffälligkeiten bemerken, ist es oft schon fast zu spät”, berichtet der Leiter der Klinik für Kleintiere. Schwierig: Die Anzeichen fallen unterschiedlich aus, Demenz entwickelt sich fortschreitend, ist meist begleitet von anderen Erkrankungen und nicht leicht zu trennen von „normalen” degenerativen Alterserscheinungen.

Alterserscheinungen oder Demenz?

Die Pflege eines kranken Tieres fordert besonders viel Aufmerksamkeit und Feingefühl. Wenn der eigene Vierbeiner Demenz hat, ist laut Tierärztin Dr. Tanja Pollmüller alias Doc Polly folgendes wichtig: „Im Grunde genommen ist es das Gleiche wie beim Menschen. Wichtig ist nur, eine Sensibilität für die Tiere zu entwickeln.“

Im RTL-Interview erklärt sie: „Der springende Punkt ist, dass Tierbesitzer regelmäßig zum Tierarzt gehen sollten, damit Erkrankungen wie diese rechtzeitig erkannt werden können. Andersherum hat aber auch der Tierarzt die Verantwortung, die richtigen Fragen zu stellen.“

Zum Beispiel: „Bei uns ist es Standard, dass Besitzer von älteren Tieren – bei großen Hunden ab dem siebten Lebensjahr und kleineren Hunde ab dem zehnten Lebensjahr – anders befragt werden. Es wird explizit nach Inkontinenz, Demenzerscheinungen und natürlich auch Arthrose-Beschwerden, ob die Tiere beispielsweise schwerer hochkommen, gefragt.“

Die Tierärztin sagt, dass sie die Erfahrung gemacht habe, dass man ganz gezielter nach Symptomen fragen müsse, um die entsprechenden Antworten zu erhalten. So falle es leichter, eine adäquate Diagnose zu stellen. Generell gilt: „Je mehr Aufklärung, desto besser geht es am Ende unseren Haustieren.“

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Doc Polly erklärt: Achtet bei eurem Hund oder eurer Katze auf folgende Demenz-Warnzeichen

Woran merke ich als Tierbesitzer, dass mein Haustier nicht einfach nur älter wird – sondern eine Demenzerkrankung dahintersteckt? „Wenn das Haustier plötzlich an ungewohnten Stellen Urin oder Kot ablässt, einfach, weil es vergessen hat, rauszugehen, dann könnte das auf Demenz hindeuten“, so Doc Polly. Anderes Beispiel: „Wenn sich der Tag-Nacht-Rhythmus verändert. Hunde schlafen dann zum Beispiel viel tagsüber und sind nachts wach und wandern umher.“

Neben den normalen Alterserscheinungen sei es zwar manchmal schwer für den Besitzer, einzuschätzen, ob es vielleicht „nur“ Schwerhörigkeit sei oder Demenz. Aber: „Wenn Kommandos oder Befehle nicht mehr befolgt werden, wenn die Tiere sie nicht mehr erkennen, könnte das auch auf Demenz hindeuten.“ Nur beim Tierarzt kann dann endgültig festgestellt werden, ob eine Demenz dahintersteckt, oder nicht. „Es handelt sich dabei um eine Verdachtsdiagnose durch die Schilderung der Symptomatik“, erklärt die Tierärztin.

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Was ihr zu Hause tun könnt, um das Leid zu mindern

Auch wenn es nicht möglich sei, den Hund oder die Katze langfristig von ihrem Leid zu befreien und zu heilen, gebe es „eine Menge“, was man tun könne, um dem Tier ein weitestgehend beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Medikamente helfen, so Doc Polly, aber auch die Ernährung, die auf den demenzkranken Hund abgestimmt wird. „Da gibt es zum Beispiel die mittelkettigen Fettsäuren, die im Futter eine schöne Nährstoffquelle fürs Gehirn sind, und Antioxidantien.“

CBD-Öl sei zwar in der Tiermedizin umstritten, soll aber auch bei Demenz helfen. Es komme allerdings auf die richtige Dosierung an.

„Ansonsten gilt, wie bei uns Menschen auch: Du bist, was du isst, und je mehr du dich bewegst und je mehr dein Gehirn gefordert wird, desto besser“, erklärt die Tiermedizinerin. Heißt also: Achtet auf die richtige Auslastung eures Tieres – sowohl kognitiv als auch physisch. „Gestaltet den Tag so aktiv wie möglich, sodass euer Hund abends richtig müde ist – selbstverständlich gemäß seinem Alter und der körperlichen Verfassung. Geht das bereits nicht mehr so gut, könnt ihr euer Tier aber auch gedanklich fordern, zum Beispiel mithilfe von bestimmtem Spielzeug.“

Abschließend rät die Veterinärmedizinerin: „Nehmt euer Haustier genauer unter die Lupe und machen euch mit Signalen der Demenz vertraut. Geht zum Tierarzt, wenn ihr das Gefühl habt, dass etwas nicht stimmen könnte und scheut euch nicht, bestimmte Auffälligkeiten aktiv anzusprechen.“ (ija/mit dpa)