Wenn man nur noch müde vom Online-Dating istIrena (36) genervt von Tinder, Bumble und Co.: Hilfe, ich hab' Dating-Burnout!

Online-Dating
Dates sind toll im Prinzip, aber ich habe genug davon fürs Erste.
privat
von Irena Bauer

Ich bin müde vom Online-Dating! Nein, ich bin vielmehr genervt von Plattformen wie Tinder, Bumble, Raya oder Hinge. Von der Belanglosigkeit der anfänglichen Gespräche und – wenn daraus mehr wird – von Dates, bei denen ich weiß: Das wird zu nichts Ernsthaftem führen. ‚Ich will hier raus‘, hab‘ ich in den vergangenen Monaten mindestens einmal gedacht.
Das Einzige, was mich aufmuntert, ist das Wissen, dass ich damit nicht allein bin. „Dating-Burnout“ nennt sich dieser Zustand in der Fachsprache.
Ich bin ehrlich: So lange bin ich noch gar nicht im Dating Game – erst seit ein paar Monaten. Mir ist klar, dass einige von euch dieses Prozedere schon viel länger durchmachen dürften. Also: Wie kann es sein, dass ich innerhalb nur weniger Monate ein Dating-Burnout habe? Und noch viel wichtiger: Was hilft dagegen? Ich habe die Zeit mal reflektiert und teile die wichtigsten Erkenntnisse mit euch.
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Dating-Burnout – wie es bei mir dazu gekommen ist

Typische Symptome von „Dating-Burnout“ habe ich an mir festgestellt, lange bevor ich wusste, was das genau ist. Ich fühlte mich leer und ausgelaugt. Die Lust am Swipen ist mir vergangen und schon das Öffnen der Apps fühlte sich an wie Arbeit. Dabei sollte es doch genau das Gegenteil sein: Daten; eine Person finden, mit der ich mein Leben teile – das sollte doch Spaß machen und mich nicht komplett fertig machen. Da wurde ich stutzig.

Um einmal zu definieren, was ein Dating-Burnout überhaupt ist, habe ich RTL-Psychologin Ruth Marquardt befragt. Ihre Antworten und auch wertvolle Tipps findet ihr hier.

Dating-Burnout kann offenbar besonders dann vorkommen, wenn jemand ernsthaft auf der Suche nach einem Partner ist. Hier vermute ich für mich den Grund. Ich bin generell ein glücklicher Single, ich bestreite meinen Alltag sehr gut allein, habe eine tolle Familie und wunderbare Freunde und Freundinnen. Unter Letzteren ist es zum Ritual geworden, dass wir uns gegenseitig mit den neuesten, absurdesten Storys aus unseren Datingleben bei Laune halten. Wir lachen gemeinsam; manchmal weinen wir auch. Und es passieren wirklich viele verrückte Sachen im Dating-Dschungel. Aber dazu später mehr.

Lese-Tipp: Experten-Tipps fürs Online-Dating - darauf solltet ihr achten, damit es auch bei euch klappt

Dinge, die bei Dating-Plattformen besonders nerven

Ich liebe es wirklich, neue Menschen kennenzulernen. Spannende Charaktere und Lebensgeschichten zu erforschen – das liegt mir im Blut und gehört sogar zu meinem Job. „Was soll da beim Dating schiefgehen?“, dachte ich mir. Nun: „So einiges“ war die Antwort, nachdem ich mich im Sommer zum ersten Mal bei der ersten Plattform angemeldet habe. Zugegeben, meine Neugier war größer als mein Verstand und ich habe mich direkt bei vier Plattformen angemeldet. Mehr ist schließlich mehr. Mehr Matches, mehr Bekanntschaften – aber auch mehr Stress, mehr Abweisungen, mehr Herzschmerz… diese Aufzählung könnt Ihr individuell erweitern.

Wenn ich es darauf anlege, kann ich mich auf der Couch liegend mit 50 Menschen gleichzeitig unterhalten. Wo kommt sowas im realen Leben schon vor? Das Besondere am Online-Daten: Ich öffne mich viel schneller, weil ich am Anfang ja „nur“ mit jemandem schreibe. Das geschriebene Wort ist anonymer. Das bedeutet nicht, dass die Gespräche oberflächlich sind: Man kommt schneller auf die eigentlich wirklich wichtigen Dinge zu sprechen. Je öfter man aber über die eigentlich essenziellen Dinge im Leben spricht, desto belangloser werden genau diese Themen und man fängt an, an sich selbst zu zweifeln. Schnell kommen Fragen wie „Was für ein Beziehungsmodell willst du?“, „Was erwartest du von einem Partner?“ oder „Willst du mal Kinder haben?“ auf die Agenda. „Was will ich wirklich?“, ist dann zum Beispiel eine Frage, die ich mir in den letzten Wochen häufiger gestellt habe.

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Was ist das Problem beim Online-Dating?

Ich glaube nicht, dass es das eine große Problem gibt. Außerdem ist es sehr individuell, wie man die Konversationen und Matches empfindet. Ich ziehe meinen imaginären Hut vor allen Menschen da draußen, die Monate und auch Jahre am Stück angemeldet und nie müde geworden sind. Hut ab! Aber mich stören folgende Aspekte sehr.

  • Ghosting und damit verbundene Abstumpfung

  • Respektlosigkeit und fehlender Anstand

  • Sucht nach Aufmerksamkeit

  • Ablenkung und fehlende Absichten

  • Mikro-Verletzungen

  • Oberflächlichkeiten

Ghosting und Abstumpfung

Jede und jeder ist schon einmal geghostet worden. Man hat ein Match und fängt ein Gespräch an. Ganz locker, um sich langsam heranzutasten, und plötzlich ist der Chat verschwunden. Ohne Erklärung, ohne Grund. Kein schönes Gefühl. Man würde sich ja auch nicht im echten Leben mitten im Gespräch einfach umdrehen und weglaufen. Online passiert das aber sehr oft, ist ja auch einfacher. Doch was ich noch viel schlimmer finde, ist, dass ich dadurch abgestumpft bin. Zum einen macht mir ein gelöschter Chat nicht mehr so viel aus, und zum anderen habe ich selbst schon einige Chats einfach gelöscht. Ich hatte einfach keine Kraft oder auch keine Lust mehr, die Unterhaltung weiterzuführen. Echt jetzt? So ein Mensch will ich gar nicht sein.

Respektlosigkeit und fehlender Anstand

„F*****?“ – Na, guten Tag auch. Solche Nachrichten bekomme ich leider öfter. Ohne ein „Hallo!“ oder „Wie geht es dir?“. Hey, ich bin absolut fein damit, wenn schnell zur Sprache kommt, wonach der andere sucht, aber Anstand kann ich doch wohl erwarten. Dieser scheint aber sehr vielen zu fehlen. Ich empfinde es als extrem respektlos, wenn mir jemand solche Nachrichten schreibt. Dann heißt es „Next!“ und der Kandidat ist direkt entmatcht.

Sucht nach Aufmerksamkeit

Jeder Mensch hat narzisstische Züge, mal mehr mal weniger stark ausgeprägt. Wer bekommt nicht gerne Likes, Komplimente oder Aufmerksamkeit? Auch ich kann mich davon nicht freisprechen. Und schnell gerät man in eine Art Spirale, dass man immer mehr möchte, um das Selbstbewusstsein zu pushen. Das kann sehr schnell süchtig machen. Doch das vermeintlich gute Gefühl reicht auch nur so weit, bis man wieder von jemandem zum Beispiel geghostet wird. Und um das dadurch entstandene schlechte Gefühl wieder zu überlagern, sucht man wieder Aufmerksamkeit von weiteren Matches. Ein Teufelskreis.

Ablenkung und fehlende Absichten

Viele Menschen suchen beim Online-Dating angeblich nach einer neuen Beziehung. Beim näheren Hinsehen wurde mir aber oft schnell klar: Er ist gerade erst frisch getrennt oder hat mit der vergangenen Beziehung noch gar nicht abgeschlossen. Dann war ich selbst nur Ablenkung. Das ist ziemlich ermüdend, denn: Ich investiere Zeit und Mühe in eine Person, die emotional gar nicht verfügbar sein kann. Sehr zermürbend.

Mikro-Verletzungen

Kann mir mein Herz gebrochen werden von einer Person, die ich erst zwei Wochen kenne? Nein, aber jede Ablehnung, jedes Ghosting ist eine Mirko-Verletzung. Diese Mikro-Verletzung tut allein nicht besonders weh und man kommt schnell darüber hinweg. Doch je länger ich date, desto mehr Mikro-Verletzungen kommen hinzu. Und in der Summe kann es eben auch zu echtem Herzschmerz kommen.

Oberflächlichkeiten

Ja, wir leben in einer oberflächlichen Gesellschaft. Instagram, Konsum – all das macht uns oberflächlich. Das ist mir mehr als bewusst, doch beim Online-Dating ist immer eine Nummer extremer. Man entscheidet innerhalb von Millisekunden, anhand eines Bildes, ob der Swipe nach Links oder Rechts geht. Ich habe mir oft noch nicht mal die Mühe gemacht, die Profile richtig durchzulesen. Ist das den Menschen gegenüber fair? Nein, und ich bin mir sicher, dass ich schon einige sehr nette Menschen weggewischt habe, ohne einen Gedanken an sie zu verschwenden. Das ist gemein und auch ein bisschen blöd. Denn: Ausstrahlung und Charisma kann ich auf Fotos nur bis zu einem gewissen Teil erkennen. Nicht so wie bei einem Treffen face-to-face, aber dazu kommt es gar nicht.

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Eure Meinung ist gefragt!

Schluss mit Online-Dating – zumindest bis zum Frühling

Ich habe für mich beschlossen, dass ich meine Profile in den Winterschlaf versetze. Schluss mit Online-Dating bis mindestens zum Frühjahr. Und für alle, die diese Entscheidung bisher nicht nachvollziehen können, möchte ich nur ein paar meiner bisherigen Bekanntschaften anreißen.

Einen der ersten Kontakte hatte ich mit jemandem, der direkt nach dem ersten „Hallo“ mir angeboten hat, mein Geldsklave zu sein. Nachdem ich erstmal gegoogelt habe, was das genau ist, habe ich das freundliche Angebot allerdings dankend abgelehnt. Dann habe ich kurz darauf einen Liebes-Scammer entlarvt. Der Nächste hat mich geghostet, nachdem ich doch tatsächlich nach einer Sprachnachricht gefragt hatte. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber für mich ist die Stimme ein nicht unerheblicher Faktor. Und das sind nur die Highlights aus meinen ersten drei Monaten. Ich muss aber auch zugeben, dass ich ein bislang auch ein paar sehr nette Menschen kennenlernen durfte, mit denen ich auch weiterhin Kontakt habe, nur eben nicht auf der romantischen Ebene.

Die Hoffnung gebe ich natürlich nicht auf. Ich bin eine Romantikerin. Und wer weiß? Ganz vielleicht treffe ich jemanden in der realen Welt. Deshalb: Sprecht doch einfach mal einen Menschen an! So ganz oldschool, wenn euch die Person gefällt. Was soll schon schiefgehen?

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