Entscheidung über Leben und Tod steht noch aus
Was passiert mit Archie (12)? Gericht fällt Urteil nach Last-Minute-Anhörung

Eigentlich ist die Entscheidung im Fall Archie Battersbee längst gefallen: Aus einem Brief des Krankenhauses vom vergangenen Wochenende ging hervor, dass die Ärzte die Maschinen, die den hirntoten Jungen künstlich am Leben halten, am 1. August abgestellt werden sollen. Doch eine Last-Minute-Gerichtsanhörung hat über dieses Vorhaben noch einmal neu entschieden: Ab 11 Uhr britischer Zeit (12 Uhr deutscher Zeit) fand am 1. August die letzte Anhörung vor Gericht statt. Gegen 17 Uhr hat das Berufungsgericht das Urteil verkündet.
Berufungsgericht trifft Entscheidung: Maschinen sollen am Dienstag (2. August) abgestellt werden
Das Berufungsgericht hat am Montagnachmittag gegen 17 Uhr deutscher Zeit die Entscheidung gefällt, dass die Maschinen am Dienstag (2. August 2022) um 12 Uhr britischer Zeit, also um 13 Uhr deutscher Zeit, abgestellt werden sollen. So sagte der Vorsitzende Richter: „Jeder Tag, an dem Archie weiter behandelt wird, geht gegen das, was für ihn am besten ist.“
Der Richter hat sich auch nochmal über weitere Möglichkeiten geäußert, in Berufung zu gehen. Wenn die Eltern sich noch mal an das höchste Gericht, den Supreme Court wenden wollen, dann könnten sie das tun.
Der Anwalt hat den Antrag beim Berufungsgericht gestellt, das Gericht hat den Antrag jedoch abgelehnt. Der Anwalt der Eltern muss sich jetzt direkt an den Supreme Court wenden und dort um Erlaubnis bitten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Archie Battersbee: Ärzte gehen davon aus, dass er sehr langsam, aber sicher sterben wird
Im Gerichtssaal äußerte sich der Anwalt von Archies Eltern kurz vor der Urteilsverkündung und sagte, dass Archie stabil sei, die Ärzte entgegnen aber, dass er das leider nicht sei – und seine Situation sich täglich verändern würde.
Seine Organe würden aus ärztlicher Sicht nach und nach nicht mehr mitmachen. Deswegen erläutern die Ärzte, dass es nicht das Beste für ihn sei, ihn am Leben zu halten, denn sie gehen davon aus, dass er sehr langsam, aber sicher sterben wird.
"Die Ungewissheit, was als Nächstes passieren wird, ist unerträglich"
Für die Ärzte des Royal London Hospitals, die Archie Battersbee behandeln, war schon lange klar: Der Junge, der seit Monaten im Koma liegt, ist hirntot, weitere lebenserhaltende Behandlungen seien nicht in seinem Interesse. Diese lebenserhaltenden Maßnahmen sollten daher bereits am Montag (1. August 2022), eingestellt werden. Die Eltern des Zwölfjährigen, Paul Battersbee und Hollie Dance, hielten diese Entscheidung jedoch für verfrüht und kämpften weiter um ihren Sohn. Mit Erfolg: Nach Interventionen der Regierung und der UNO fand eine weitere Anhörung vor dem Berufungsgericht statt.
Denn: Der UN-Ausschuss für Rechte von Menschen mit Behinderungen hatte die britische Regierung aufgefordert, zu warten, bis er die Möglichkeit hatte, den Fall einzusehen. Die Rechtsberater der Regierung baten daraufhin den High Court, den Antrag der UNO „dringend zu prüfen“. Das berichtet „Sky News“. Mutter Hollie Dance sagte gegenüber dem Nachrichtensender „Wir sind erleichtert, dass die Regierung die Intervention der UN ernst genommen hat. Die Angst vor der Nachricht, dass Archies lebenserhaltende Apparate abgeschaltet werden, war furchtbar. Wir sind bereits am Boden zerstört und die Ungewissheit, was als Nächstes passieren wird, ist unerträglich."
Doch Alistair Chesser, der Chefarzt des „Barts Health NHS Trust“, sagte, dass der Plan, die medizinische Behandlung zu beenden, fortgesetzt werde, sofern das Gericht am Montag nichts anderes anordne, wie der „Guardian“ berichtet.
Was ist mit Archie Battersbee passiert?
Warum genau Archie Battersbee überhaupt ins Koma gefallen ist, weiß niemand genau. Am 7. April fand ihn seine Mutter mit einer Binde um den Hals vor. Sie vermutet, dass der Junge an einer trendenden Online-Challenge teilgenommen und sich – vielleicht unbewusst – selbst verletzt habe.
Seine Eltern kämpfen seitdem vor Gericht für ihn: Nach einem Gerichtsurteil des britischen High Court Mitte Juli sollten die Maschinen, die ihn am Leben erhalten, abgestellt werden. Hollie Dance und Paul Battersbee gingen jedoch vor das Londoner Berufungsgericht, um Einspruch einzulegen – doch ohne Erfolg. Erst Ende Juli hatten drei Berufungsrichter ihr finales Urteil abgegeben und entschieden, dass die Ärzte die lebenserhaltenden Maßnahmen des hirntoten Jungen rechtmäßig beenden dürfen.