Damit sollte sich Donald Trump besser mal befassen

Was wir von der Spanischen Grippe über das Coronavirus lernen können

Krankentransport zu Zeiten der Spanischen Grippe
Die Spanische Grippe hielt die Welt damals ähnlich in Atem wie heute das Coronavirus.
picture alliance

US-Präsident Donald Trump hat mit einer gleich mehrfach falschen Behauptung über den vermeintlichen Einfluss einer Pandemie auf den Zweiten Weltkrieg für Spott gesorgt. Trump versprach sich vermutlich, als er bei einer Pressekonferenz sagte: „1917, so heißt es, war die große Pandemie sicherlich eine schreckliche Sache, bei der sie zwischen 50 und 100 Millionen Menschen verloren haben – sie beendete wahrscheinlich den Zweiten Weltkrieg, alle Soldaten waren krank.“ Der Zweite Weltkrieg folgte erst mehr als 20 Jahre später – die Pandemie war da schon lange vorbei. Trotzdem würde sich ein Vergleich der beiden Ereignisse auch für den US-Präsident durchaus lohnen.
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Corona und Spanische Grippe: Viele Parallelen

So wie jetzt gerade das Coronavirus unser Leben fest im Griff hat, stellte in den Jahren zwischen 1918 und 1920 die Spanische Grippe die Menschheit vor Herausforderungen. Durch die Pandemie starben weltweit bis zu 50 Millionen Menschen - mehr als beim Ersten Weltkrieg insgesamt. Die Aggressivität des Virus, die Schnelligkeit der Ausbreitung und die Sterblichkeitsrate von 1,5 bis 3 Prozent erinnern an das neuartige Coronavirus. Können wir dadurch etwas von der gut 100 Jahre zurückliegenden Pandemie lernen?

Parade in Philadelphia - St. Louis sagt ab

Das können wir! Vor allem, wenn man sich die Situation in den beiden US-Städten Philadelphia und St. Louis genauer anguckt. Wie "Geo.de" erläutert, unterschied sich die Zahl der Opfer bei der Spanischen Grippe sehr stark von Ort zu Ort - wie auch jetzt in Europa beim Coronavirus.

Trotz offizieller Warnungen sagte Philadelphia am 28. September 1918 eine große Parade nicht ab, bei der 200.000 Besucher sich auf engstem Raum aneinanderdrängten. Wenige Tage später platzen die Krankenhäuser aus allen Nähten und etwa 45.000 Menschen waren infiziert. Mehr als 12.000 von ihnen sterben innerhalb der nächsten Wochen.

In St. Louis dagegen war die Sterblichkeitsrate etwa 8 Mal niedriger. Warum?

Die Spanische Grippe in Philadelphia und St. Louis
Die Spanische Grippe in Philadelphia und St. Louis
Hatchett / PNAS
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Was hat St. Louis besser gemacht?

Noch vor dem ersten registrierten Fall wurde auf die Gefahr durch Menschenmengen aufmerksam gemacht. Man schloss Schulen, Kinos, Bibliotheken, Kirchen und verbot öffentliche Veranstaltungen. Dadurch verteilte sich die Zahl der Infektionen über einen längeren Zeitraum. Die Krankenhäuser konnten die Patienten besser behandeln und nur 700 Menschen starben in St. Louis an der Infektionskrankheit.

Was bedeutet das für unsere heutige Situation?

Die beste Möglichkeit, die Corona-Pandemie weiterhin gut zu bewältigen, sind die von allen wichtigen Institutionen empfohlenen Maßnahmen: Abstand, Hygiene, Mundschutz. Viele Menschen auf engem Raum, besonders in geschlossenen Räumen, erhöhen das Risiko weiterer Infektionen. Das Video zeigt die drei Szenarien, wie sich das Coronavirus ohne einschränkende Maßnahmen, mit einschränkenden Maßnahmen, an die sich aber nur wenige halten, und mit einer strikten Befolgung dieser Maßnahmen ausbreitet.

Auch Dr. Georg-Christian Zinn, Direktor Hygienezentrum der Bioscientia, verweist darauf, dass wir von den Fehlern vergangener Pandemien, wie der Spanischen Grippe, viel lernen können: "Die Maßnahmen sind genau das, was wir gelernt haben", erklärt er im Gespräch mit RTL. "Im Gegensatz zur Spanischen Grippe, wo viele Leute ohne irgendwelche Regulatorien unterwegs waren, versuchen wir, genau das Gegenteil zu machen." Dadurch können wir verhindern, dass die Krankenhäuser - wie damals in Philadelphia - von jetzt auf gleich überlastet sind, was die medizinische Versorgung dramatisch erschwert.

Maßnahmen und Konflikte bei der Spanischen Grippe ganz ähnlich

Dass die Maßnahmen, die bei der Corona-Pandemie ergriffen werden, denen gegen die spanische Grippe fast haargenau entsprechen, macht ein Zeitungsauschnitt aus der alaskischen „Douglas Island News“ deutlich. Das Bild kursiert auch wegen der Bemerkungen gegen damalige Influenza-Leugner zurzeit durch die sozialen Medien. Neben allgemeinen Gesundheitstipps zu ausreichendem Schlaf, Alkoholverzicht, gesundem Essen waren die Empfehlungen auch damals schon: Maske tragen, Hände waschen, Menschenmengen meiden, Menschen mit Symptomen meiden, bei Symptomen zum Arzt gehen.

Aber auch Hinweise an Menschen, die diese Maßnahmen nicht mittragen wollen, gehen aus diesem Artikel hervor: „Missachten Sie die Ratschläge von Spezialisten nicht, bloß weil Sie sie nicht verstehen“, heißt es da. Und: „Beachten Sie die Regeln der Gemeinschaft und der Autoritäten“. Denn schließlich galt auch zur Zeit der Spanischen Grippe der ernst zu nehmende Ratschlag: „Glauben Sie nicht, Sie könnten sich nicht anstecken oder an der Grippe erkranken.“

LESENSWERT: Corona macht soziale Unterschiede sichtbarer

Die Menschen in Deutschland sind in der Corona-Pandemie enger zusammengerückt. Damit gemeint ist aber nicht der körperliche Kontakt, sondern die Solidarität untereinander. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung, bei der Bürger den gesellschaftlichen Zusammenhalt bewerteten.