Bizarrer Auftritt mit Gasmaske vor LandgerichtReichsbürger entführte Jungen aus Heim: "Ich hab dem Dave das Leben gerettet"

Vor drei Jahren hat Frank E. einen damals 16-jährigen Jungen entführt. Der Fall landete vor Gericht, der Reichsbürger wurde wegen Verleumdung und Kindesentzug zu 18 Monaten Haft verurteilt, ging in Berufung. Bei einer Anhörung am Donnerstag (5. Mai) zog der Mann dann eine bizarre Show ab, erschien mit Gasmaske und Sauerstofftank vor dem Landgericht in Chemnitz. Der Termin platzte. RTL-Reporter Frank Vacik hat mit dem 56-Jährigen gesprochen. Unser Experte Daniel Spliethoff analysiert die Aussagen, die Einblicke in die Ideologie der Reichsbürger geben.

Frank E. aus dem Erzgebirge provoziert Chemnitzer Gericht

Frank E. (56) aus Neuhausen im Erzgebirge hat den damals minderjährigen Dave aus einem Kinderheim entführt und ins Ausland verschleppt, angeblich, weil die Zustände dort unerträglich sein sollen. Am Donnerstag sollte er eigentlich wegen einer Berufungsanhörung vor dem Landgericht in Chemnitz erscheinen, was er auch tat – jedoch mit einer Gasmaske auf dem Kopf!

Der zuständige Richter verwehrte dem Reichsbürger den Zugang. Im Gebäude herrsche die „normale Maskenpflicht“. Die Verhandlung musste vertagt werden. RTL-Reporter Frank Vacik konnte den Mann vor dem Gericht dennoch kurz sprechen. „Fühlen Sie sich als Kindesentführer oder als Kinderretter?“, fragt er ihn ganz direkt. „Kinderretter“, entgegnet Frank E. ohne zu zögern. „Ich hab dem Dave das Leben gerettet“, behauptet er.

Video von Dave ging durch die Presse: "Hört auf, mich zu suchen"

Der Reichsbürger war 2019 vom Amtsgericht Chemnitz zu einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden, weil er den damals 16-jährigen Teenager entführt hatte. Von dem Jungen fehlt seitdem jede Spur. Dave war schon einmal aus der Obhut des Jugendamtes entführt und wieder zurückgebracht worden. Ein Video des Jungen ging vor sieben Jahren durch die Presse. Darin berichtet der das Kind stockend: „Ihr bringt mich eh wieder ins Heim, obwohl ihr wisst, dass es mir im Heim schlecht geht. Also hört auf, mich zu suchen.“

Das Jugendamt hatte Dave und seine Schwester aus der Familie genommen. Verdacht auf Kindeswohlgefährdung. Einige Jahre später verschwand Dave spurlos aus dem Heim, eine großangelegte Suche begann. Plötzlich tauchte online ein Lebenszeichen auf. Ein Foto von Dave und ein Brief. „Es geht mir gut und ich bin bei lieben Menschen“, stand unter anderem darin. Stammte die Nachricht wirklich von Dave? Auch weitere Videos warfen Fragen auf. In einem ist Angela M. zu sehen, die den damals zwölf Jahre alten Dave über einen Monat in der Nähe Bremen festgehalten hat, circa hundert Kilometer von seinem Heim entfernt. „Jetzt bist du ja bei mir, bei einer fremden Frau erstmal untergekommen, um dich vor einem erneuten Heimaufenthalt und vielleicht noch schlimmeren Dingen zu bewahren“, spricht sie aus dem Off mit dem Jungen, der vor der Kamera sitzt.

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Frank E. spricht von "Firma" und "Kindergefängnis"

2018, als Dave 16 Jahre alt und gerade wieder in Obhut war, trat sein Vater auf den Plan. Er soll sich an Frank E. gewandt haben, um seinen Sohn erneut aus dem Heim zu holen. Der Plan gelang, Dave verschwand. Ganz freiwillig, wie Frank E. behauptet. „Dave geht’s gut, er ist bei demjenigen, der mir damals aus der Patsche geholfen hat, wo ich den Dave aus der Firma, aus dem Kindergefängnis befreit habe“, sagt er Vacik. „Ich habe ihn nie überredet, überlistet oder so.“

Kindergefängnis. Firma. Ausdrücke, die in der Reichsbürgerszene gebräuchlich für Heime und staatliche Einrichtungen sind, wie Daniel Spliethoff erklärt. „Aus ihrer Sicht haben die sogenannten „Unternehmen“ der Bundesrepublik kein Recht, Kinder aus Familien rauszuholen. Das Ergebnis ist am Ende aber immer, dass sie jedes Recht haben, die Dinge in die eigene Hand zu nehmen.“ Mit anderen Worten: Selbstjustiz zu üben. Frank E. bestreitet eine Zugehörigkeit zu den Reichsbürgern.

Videos von Dave mit "Regieanweisungen"

Das letzte Lebenszeichen von Dave gab es 2018. Ein Video, angeblich aufgenommen in Polen. Darin spricht der Jugendliche von Misshandlungen durch das Jugendamt. Eindeutige „Regieanweisungen“ kommen dieses Mal von E. „Das gehört zu dieser Reichsbürgerideologie. Kinder werden in staatlichen Einrichtungen missbraucht, manchmal auch sexuell“, so das typische Narrativ in der Szene, ordnet Spliethoff ein. „Das glauben diese Menschen wirklich.“ Behauptungen, die das Gericht nie belegen konnte, ein Missbrauch wurde nicht festgestellt.

Der Prozess ist wegen des Gasmaskenauftritts von Frank E. um zwei Woche verschoben worden. Auch dann wird RTL wieder Posten beziehen und den Fall vor Ort begleiten. (kra/cwa)