Geschäftsführer wittert "Angst, dass wir es tatsächlich schaffen können"
Parteitag: Grüne wehren sich gegen "faktenfreie Attacken von der Union"

Bei der Bundestagswahl im September geht es den Grünen nach den Worten von Parteichef Robert Habeck nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um Freiheit und Gerechtigkeit. Ungerecht kommen dem Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner die Angriffe aus Reihen von CDU und CSU vor: Die Grünen hätten eine breite gesellschaftliche Mehrheit auf ihrer Seite (RTL-Umfrage: Klimaschutz wichtigstes Wahlkampfthema?), so Kellner. "Wir erleben als Antwort wüste, teils faktenfreie Attacken von der Union, aber auch von vielen anderen. Das ist die Angst, dass wir es tatsächlich schaffen können."
Habeck über Gegenwind: "Wir werden die Fehler abstellen"

Die Delegierten wollten auf ihrem dreitägigen Parteitag darüber sprechen, "wie wir die Freiheit in der Gesellschaft wahren", sagte Habeck zur Eröffnung der Debatte über das Programm für die Bundestagswahl. Freiheit bedeute "nicht Regellosigkeit", fügte er hinzu. Vielmehr gehe es um die Freiheit, sicher durch die Innenstädte zu fahren, mit dem Nachtzug quer durch Europa zu reisen und auch darum, ohne Zensur und staatliche Willkür zu leben.
Der Co-Vorsitzende räumte am Freitag zu Beginn des Bundesparteitages der Grünen Fehler der Parteispitze ein und gelobte Besserung. Zuerst wurde im Mai bekannt, dass Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock Sonderzahlungen an den Bundestag nachmeldete. Dann gab es Kritik, weil sie und ihre Partei mehrmals irreführende Angaben im Lebenslauf von Baerbock gerade rücken mussten. "Seit drei Wochen stehen wir im Gegenwind", sagte Habeck, der gemeinsam mit Baerbock das Spitzenduo für den Wahlkampf bildet. Er versprach: "Wir werden die Fehler abstellen." Ihr Motto sei: "Mit Gelassenheit und Stärke - durch dick und dünn."
Im Video: So verteidigt Habeck die Grünen gegen Union-Kritik
Grünen-Parteitag lehnt stärkere CO2-Preissteigerung ab
Parteichef Habeck betonte vor rund 800 Delegierten, die online zugeschaltet waren, größere Anstrengungen beim Klimaschutz könnten nicht allein über einen höheren CO2-Preis gestemmt werden. Der CO2-Preis in Höhe von aktuell 25 Euro pro Tonne CO2 macht seit Jahresbeginn fossile Energieträger teurer. Er soll in Zukunft weiter steigen. Die Einnahmen des Staates aus dem CO2-Preis sollen nach den Vorstellungen der Grünen als "Energiegeld" an die Menschen zurückgehen.
Man könne nicht alles beim Klimaschutz über den CO2-Preis steuern, warnte Habeck. "Wir hätten immense Kosten für die Menschen", das sei neoliberale Politik. Vielmehr brauche es auch das Ordnungsrecht, also staatliche Vorgaben. Die Delegierten votierten am Freitagabend mit 473 Stimmen gegen einen Antrag, der vorsah, den CO2-Preis auf Öl und Gas bereits im kommenden Jahr auf 80 Euro zu erhöhen und danach jährlich um 15 Euro steigen zu lassen. Auch andere Anträge für deutlich schärfere Klimaschutzvorgaben in einzelnen Bereichen scheiterten.
Grüne haben in Umfragen zuletzt Boden verloren
Habeck verband in seiner Rede ausdrücklich Klimaschutz mit Sozialpolitik. "Gerechtigkeitspolitik und Klimaschutzpolitik gehören zusammen - und sie müssen zusammen gedacht und durchgesetzt werden." Es brauche eine gute soziale Sicherung für Arbeitslosigkeit und eine Kindergrundsicherung sowie gute Löhne und starke Tarifbindungen.
Am Samstag soll Baerbock als Kanzlerkandidatin bestätigt werden – sie hält ihre Rede beim vornehmlich digitalen Parteitag vor eingeladenen Grünen-Neumitgliedern aus Berlin. Nach dem Höhenflug der Grünen in Umfragen hatte sich das Blatt für die Partei zuletzt gewendet, sie wurde von der Union teils deutlich überholt. Im April lagen die Grünen zeitweise vor der Union bei 28 Prozent. Im aktuellen Trendbarometer von RTL und ntv kämen CDU/CSU auf 27 Prozent (plus 2 Prozentpunkte), die Grünen auf 22 (minus 2). (dpa, swi)