"stern" spürt den Rechtsradikalen aufMit Haftbefehl gesuchter Hetzer Attila Hildmann sieht sich als Nachfolger von Adolf Hitler
Seit Februar vergangenen Jahres wird der antisemitische Hetzer Attila Hildmann per Haftbefehl gesucht. Er hält sich in der Türkei versteckt. Nun hat der „stern“ aufgedeckt, dass der Rechtsradikale beim Messengerdienst Telegram eine geschlossene Nazi-Gruppe leitet. Das Magazin berichtet, dass es sich in diese private Gruppe eingeschlichen habe. Zudem sei es gelungen, Hildmann auch persönlich in der Türkei aufzuspüren. Mehr dazu – in unserem Video.
Großes Finale einer monatelangen Recherch
Es ist das große Finale einer monatelangen Recherche. Daran beteiligt ist auch eine Gruppe von Hobbydetektiven, die sich „Hildbusters“ nennen. Auch mit ihrer Hilfe findet der „stern“ Hildmann in seinem Heimatort Kartepe, einer Stadt rund anderthalb Autostunden südöstlich von Istanbul. Der Gesuchte hatte seine Jäger selbst mit seinen Aktivitäten in sozialen Medien unfreiwillig auf seine Spur gebracht.
Ekelhaft: Telegram-Vasallen sprechen Hildmann mit "mein Führer" an

Auf seinen öffentlich zugänglichen Telegram-Kanälen wirbt Hildmann seit Juli für seine exklusive private Unterstützergruppe. Wer ihm Geld auf seine Konten spende oder seine Lebensmittel online bestelle, werde reingelassen. Der „stern“ berichtet nun, er habe Hildmann-Lebensmittel bestellt und anschließend die Rechnung bearbeitet. Die Reporter hätten eine Person erfunden, die sich als Bolognese-Bestellerin und Attila-Fan ausgab, so das Magazin.
Lese-Tipp: Berliner Staatsanwalt fällt auf Hildmanns Türkei-Lüge rein
Einige Wochen später habe Hildmann dem „stern“ einen Einladungslink in seine private Gruppe mit dem Namen „Wolfsschanze“ geschickt. So hatte die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg ein „Führerhauptquartier“ in Ostpreußen genannt.
Lese-Tipp: So wurde aus dem Vegan-Guru ein rechter Hetzer
Die Gruppe sei später mehrfach umbenannt worden, so das Magazin. Ihr gehörten etwa 200 zahlende Fans des Radikalen an. Viele seien stramme Nazis, tauschten sich aus über NPD-Aufmärsche, erzählten, dass sie beim Anblick von Juden einen „Würgereiz“ bekämen und dass sie Hitler verehren, berichtet der „stern“ weiter. Einige würden Hildmann als „mein Führer“ anreden, ihm „Loyalität bis zum Endsieg“ versprechen.
Video: Attila Hildmann wirft Xavier Naidoo "Verrat" vor
Hildmann tönt: „Es wird kein zweites 1945 geben unter meiner Führung“
Das Magazin berichtet von Hetz-Appellen Hildmanns. „Eines Tages müsst ihr euch verteidigen“, habe er seinen Vasallen geschrieben. Sie sollten Sport treiben, sich für den Kampf vorbereiten. Zudem habe er sie aufgefordert, antisemitische Flugblätter für ihn in Deutschland zu verteilen. Diese habe er ihnen zum Download zur Verfügung gestellt. Hildmann sehe sich offenbar als Nachfolger Adolf Hitlers, der den Kampf anführen will, so das Magazin. „Es wird kein zweites 1945 geben unter meiner Führung“, habe Hildmann seinen Anhängern versprochen.
Lese-Tipp: Hildmann-Whistleblower rechnet mit BKA ab
Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt seit längerem gegen Hildmann wegen Volksverhetzung, des Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Der frühere Autor veganer Kochbücher war seit den ersten Monaten der Corona-Pandemie bei Telegram mit zunehmendem Judenhass aufgefallen. Seit Ende Dezember 2020 ist er auf der Flucht und versteckt sich in der Türkei.(uvo/ stern, dpa)