Monumente mit dunkler Vergangenheit

Sollen wir unsere Denkmäler abreißen?

In Bristol werfen wütende Demonstranten die Statue eines Sklavenhändlers ins Hafenbecken, Statuen von Christoph Kolumbus werden geköpft. In Hamburg haben Unbekannte am Wochenende die Statue von Otto von Bismarck mit roter Farbe beschmiert. In Berlin diskutiert Bundespräsident Steinmeier über Rassismus.
Auch in Deutschland stellt sich im Zuge der Debatte um Rassismus die Frage: Wie gehen wir mit unserer Geschichte um? Sollten Denkmäler und Heldenstatuen von historischen Figuren abgebaut werden? Wie die Städte auf diese Diskussion reagieren, sehen Sie im Video.

Bundespräsident Steinmeier: „Wir müssen Antirassisten sein!“

FILE PHOTO: The statue of 17th century slave trader Edward Colston falls into the water after protesters pulled it down and pushed into the docks, during a protest against racial inequality in the aftermath of the death in Minneapolis police custody of George Floyd, in Bristol, Britain, June 7, 2020. Picture taken June 7, 2020. Keir Gravil via REUTERS       THIS IMAGE HAS BEEN SUPPLIED BY A THIRD PARTY. MANDATORY CREDIT. THIS IMAGE WAS PROCESSED BY REUTERS TO ENHANCE QUALITY, AN UNPROCESSED VERSION HAS BEEN PROVIDED SEPARATELY. - RC2A6H918CNF/File Photo
Demonstranten in Bristol (UK) versenken die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston im Hafenbecken
/FW1F/Dave Gregorio, KEIR GRAVIL via REUTERS, Social Media

In Berlin hat Bundespräsident Steinmeier dazu aufgerufen, aktiv gegen Rassismus einzutreten. „Es reicht nicht aus, „kein Rassist“ zu sein. Wir müssen Antirassisten sein“, sagte er bei einer Diskussionsveranstaltung im Schloss Bellevue. Anlass waren der Tod des Afroamerikaners George Floyd und die darauffolgenden Proteste auch in Deutschland.

„So besorgt wir in die USA schauen. Wir können nicht den Tod von George Floyd beklagen und Rassismus im eigenen Land verschweigen“, sagte Steinmeier. Außenminister Heiko Maas pflichtet ihm im RTL-Interview bei: „Es reicht nicht, nur darüber zu reden oder sich einen Aufkleber irgendwo hinzukleben. Die Gesellschaft muss aufstehen und den Mund aufmachen überall dort, wo es Rassismus, Extremismus und Antisemitismus gibt.“ Dazu gehört auch die kritische Aufarbeitung der eigenen Geschichte. Und dennoch: In den Städten stehen Statuen und Denkmäler von Kriegsherren und Rassisten, manche Straßen haben rassistisch klingende Namen.

Statuen huldigen dem kolonialen Erbe

Viele der Monumente erinnern an eine dunkle Vergangenheit. Deutsche Politiker wie Reichskanzler Otto von Bismarck setzten den Startschuss für den deutschen Kolonialismus, trieben die Ausbeutung der afrikanischen Bevölkerung voran und unterdrückten brutal jeden Widerstand. Bis zum Völkermord an den Herero und Nama in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika – heute Namibia. Ab 1904 ermordeten deutsche Kolonialtruppen zehntausende Menschen. Schätzungen gehen von rund 70.000 Opfern aus. Es war der erste Völkermord des 21. Jahrhunderts.

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Geschichte kann man nicht abreißen

Die Denkmäler sind Teil unserer Geschichte und Kultur. Man kann sie nicht einfach ausblenden oder aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwinden lassen. In Belgien zum Beispiel haben wütende Demonstranten mehrere Statuen von König Leopold II. beschädigt.

Millionen Menschen kamen unter seiner Herrschaft im heutigen Kongo ums Leben, Unzähligen wurden die Hände und Füße abgehackt, wenn sie nicht hart genug arbeiteten. Wie müssen sich schwarze Menschen fühlen, wenn sie die Mörder ihrer Vorfahren in heldenhafter Pose in den Innenstädten sehen?

A statue of former Belgian King Leopold II, a controversial figure in the history of Belgium, is seen sprayed with graffiti in Brussels, Belgium June 11, 2020.    REUTERS/Yves Herman
"Verzeihung" - dieses Wort haben Demonstranten in Brüssel auf die Statue des belgischen Königs Leopold II. gesprüht.
YH, REUTERS, YVES HERMAN

„Stellt Bismarck auf den Kopf!“

Davon, Denkmäler einfach verschwinden zu lassen, hält der Historiker Jürgen Zimmerer nicht viel. Die Denkmäler sollten erhalten bleiben, aber so verändert werden, dass sie zum Nachdenken anregen: „Wir sollten das Verherrlichende wegnehmen. Wir könnten die Statue von Otto von Bismarck zum Beispiel, auf den Kopf stellen, hinlegen oder halb eingraben“, sagt er im RTL-Interview.

Die Statue sollte weiter dran erinnern, dass vor Jahrzenten oder Jahrhunderten viele Menschen den ehemaligen Reichskanzler gefeiert haben. Eine auf den Kopf gestellte Statue führt laut Zimmerer aber dazu, dass man sich kritisch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzt. „Die Leute werden fragen: Warum steht der denn auf dem Kopf? Warum liegt der denn da? So kann eine Aufarbeitung dieser problematischen Geschichte Bismarcks stattfinden.“