Keine Warnungen, keine Informationen Schläft der deutsche Geheimdienst in Sachen Ukraine-Krieg?

ARCHIV - Das Logo des Bundesnachrichtendienstes (BDN), aufgenommen am 31.03.214 in Berlin. Foto: Soeren Stache/dpa    (zu dpa "NSA-Untersuchungsausschuss beleuchtet Kooperation von BND und NSA" vom 25.09.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Wie hilft der Bundesnachrichtendienst der Ukraine?
dpa, Soeren Stache

So richtig glauben wollte es niemand, als der amerikanische Geheimdienst im Herbst 2021 vor einem Angriff Russlands auf die Ukraine warnte. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) trat kaum in Erscheinung. Wussten die Agenten nichts von einem bevorstehenden Angriff? Viel verändert hat sich seitdem für die breite Öffentlichkeit nicht. Während der britische Geheimdienst und die USA nahezu täglich mit Informationen an die Öffentlichkeit gehen, bleibt der BND stumm. Ist der deutsche Geheimdienst etwa schlecht informiert?

BND sah Krieg kommen

Keineswegs, erklärt BND-Chef Bruno Kahl. Den Krieg in der Ukraine habe der BND kommen sehen, sagt er der Süddeutsche Zeitung. Die Frage sei spätestens Anfang Februar auch für die Deutschen nicht mehr gewesen, ob Russland die Ukraine angreift – sondern wann. Zu einem Zeitpunkt, zu dem viele europäische Länder noch angenommen hatte, dass Putin diesen Schritt nicht wagen werde.

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Auch jetzt verhält sich der deutsche Geheimdienst eher still – doch das ist kein Zeichen, dass er nicht arbeite. RTL-Geheimdienstexperte Michael Ortman ordnet die Stille des deutschen Geheimdienstes ein. Der BND sei in Sachen Kommunikation konservativ. Das heißt: Zurückhaltend. Das habe einerseits mit der Arbeit der Behörde zu tun, die öfter in juristischen Graubereichen stattfinde, als auch mit der öffentlichen Wahrnehmung. „Deutschland hat immer feste Regeln für die Nachrichtendienste etabliert.“ In den allermeisten Fällen werde auch genau danach gehandelt.

Grundmisstrauen gegenüber anderen Geheimdiensten

In Sachen Russland beansprucht der BND eine gewisse Expertise für sich. Das ist historisch bedingt. Kein großer westlicher Geheimdienst war näher an der Grenze zur Sowjetunion. Das Agenten- und Informationsnetzwerk des BND war für den Westen von enormer Bedeutung. Bis heute profitiert der BND durch „Zuträger“ von diesen alten Verbindungen, heißt es bei der Süddeutschen.

Solche Netzwerke sind von hoher Bedeutung. Das sehe man auch an den fünf stärksten, westlichen Geheimdiensten: USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland. Aufgrund der historischen Verbundenheit zwischen den Staaten würden hier viel mehr Informationen zwischen den Behörden fließen, als etwa im „kleinen“ Deutschland, erklärt der RTL-Experte.

Außerdem gebe es ein gewisses Grundmisstrauen gegenüber anderen Geheimdiensten. Das könne man etwa am Irak-Krieg sehen. Damals behaupteten US-Geheimdienste, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen. Eine Lüge – oder mindestens eine fatale Fehlinformation. Danach wurden die europäischen Geheimdienste vorsichtiger mit Informationen aus den USA. Dass sei auch der Grund dafür, weshalb Frankreich und Deutschland zurückhaltender waren, als die USA erstmals vor einem Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze warnten.

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Wichtige Aufklärung für die Ukraine

Der BND ist in der Ukraine alles andere als untätig, sondern liefert wichtige Informationen – etwa zu den Kriegsverbrechen in Butscha. Mithilfe von Satellitenaufnahmen, Videos und abgefangenen Funksprüchen konnte der Geheimdienst einwandfrei nachweisen, dass die Gräueltaten dort von russischen Staatsangehörigen verübt worden waren. Auch die Beteiligung von Wagner-Söldnern konnte der BND nachweisen.

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Das heißt allerdings nicht, dass diese Informationen auch immer an die Öffentlichkeit gelangen. BND-Chef Kahl hält die Geheimhaltung für einen wesentliche Aspekt der Arbeit. So können Quellen, Methoden und Arbeitsweisen besser geheimgehalten werden. Ein Geheimdienst ist eben ein Geheimdienst.

Ortmann bestätigt diese Einschätzung: „Geheimdienste lieben das Agieren im Dunkel. Das legt der Name schon nahe.“ Und auch, wenn die Briten oder die US-Amerikaner offener mit ihrer Arbeit umgehen: „Es sind die, die unverfänglich sind oder anderen helfen. Alle anderen Erkenntnisse behalten sie für sich.“

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