"Eine Gefahr für den Verkehr und auch für die Kinder“

Alarmierend! Immer mehr Kinder fallen deutschlandweit bei Fahrradprüfung durch

Fahrradprüfung
Ein Grundschüler absolviert die Fahrradprüfung in Bad Segeberg, in der Nähe von Hamburg (2019).
RTL Nord
von Christo Tatje

Es sind erschreckende Zahlen. Immer mehr Schüler und Schülerinnen können nur schlecht oder gar kein Fahrrad fahren. Sie bestehen die Prüfung nicht. RTL hat in mehreren deutschen Großstädten nachgefragt. Das Ergebnis: Die Durchfallquote steigt rasant – ein übles Zeugnis für Deutschlands Grundschüler, aber auch ihre Eltern, denn sie sollen eine erhebliche Mitschuld tragen.

Eine Gefahr für den Verkehr in Hamburg

In Hamburg sind im Schuljahr 2018/2019 schon 17,8 Prozent der teilnehmenden Grundschüler durch die Fahrradprüfung gefallen. Im vergangenen Jahr hat sich diese Zahl sogar fast verdoppelt. Laut Polizei fallen mittlerweile 28 Prozent der Schüler und Schülerinnen durch den Test. Insgesamt 3562 von 12.696 Schülern haben den Test nicht bestanden. „Es ist eine Gefahr für den Verkehr und auch für die Kinder“, warnt Thilo Marxsen von der Polizei Hamburg. „Mobilität, Sichtbarkeit, Bewegungsfähigkeit, Wahrnehmungsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit sind problematisch“, erklärt er.

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Schlechtes Zeugnis auch in München

Die Zahlen aus München zeigen ebenfalls nichts Gutes. Auch wenn hier nur 12,1 Prozent der Kinder im letzten Schuljahr durchgefallen sind, hat sich die Zahl verdoppelt. Während im Schuljahr 2018/2019 noch 5,9 Prozent und im Schuljahr 2019/2020 laut Polizei noch 6,1 Prozent der Kinder durch die Prüfung gefallen sind, sind es jetzt doppelt so viele. Die Zahl steigt von 11,3 Prozent für das Schuljahr 202/2021 auf nun schon 12,1 Prozent an.

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Zunehmende Schwierigkeiten in Leipzig

Aus Leipzig liegen keine repräsentativen Zahlen vor, die die letzten Jahre vergleichbar machen, teilt die örtliche Polizeidirektion im Gespräch mit RTL mit. „Da in den Jahren 2020 und 2021 ein Großteil der Radfahrausbildung nicht stattfinden konnte und die Teilnehmerzahlen stark schwanken“, schildert Pressesprecherin Dorothea Benndorf. Im Jahr 2022 lag die Durchfallquote aber bei 14 Prozent. Eine Verschlechterung der Fahrradfahrtauglichkeit lasse sich aber auch in dieser Stadt feststellen. „Der Eindruck der schulenden Kolleginnen und Kollegen ist, dass die Schülerinnen und Schüler zunehmend motorische Schwierigkeiten beim Fahrradfahren haben“, betont die Polizeibeamtin.

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In Frankfurt gibt es keine "Durchfaller" mehr - dank neuem Konzept

Die Durchfallquote liegt in Frankfurt bei Null Prozent – das liegt allerdings nicht an dem Fahrgeschick der Kinder. „Die Polizei Hessen hat seit einigen Jahren einen neuen pädagogischen Ansatz bei der praktischen Radfahrausbildung gefunden“, erklärt Polizeihauptkommissar Markus Dietz RTL schriftlich. Anstelle einer Prüfung gebe es eine Lernkontrolle, in Theorie und Praxis. Falls die Kinder allerdings zu unsicher seien, teile die Polizei dies der Lehrkraft mit. „Durchfaller“ gäbe es somit im klassischen Sinne nicht mehr, doch auch in Frankfurt gibt es immer mehr Kinder, die unsicher mit dem Rad im Straßenverkehr sind. So stiegen die Zahlen vom Schuljahr 2020/21 von acht Prozent auf 17 Prozent im Jahr 2021/22. „In den meisten Fällen waren hier motorische Schwächen das ausschlaggebende Kriterium“, so Dietz.

Shuttle-Service statt Strampeln ist Problem

Thilo Marxsen von der Polizei Hamburg fordert vor allem die Eltern in die Pflicht zu nehmen. Schuld an der Misere sei in seinen Augen häufig der tägliche Shuttle-Service, mit dem Auto bis vor die Schule. Nach Schätzung der Behörde für Schule und Berufsbildung, würden etwa ein Viertel bis ein Drittel der Grundschulkinder von ihren Eltern oder anderen Begleitpersonen mit dem Auto zur Schule gefahren.

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Ein Appell an die Eltern

„Man muss den Kindern die Möglichkeit geben, dass sie sicher und selbstständig den Weg zur Schule bewältigen können und ihnen vermitteln, was es heißt Verkehrsteilnehmer zu sein“, betont Thilo Marxsen. „Eltern sollten auf das Eltern-Taxi verzichten. Man muss den Kindern was zutrauen. Begleiten Sie Ihre Kinder zu Fuß und zeigen sie Ihnen die Verkehrsregeln“, appelliert der Polizeibeamte an die Eltern, damit die Zahlen wieder sinken und der Verkehr für alle Teilnehmer wieder sicherer wird.