Eltern ziehen gegen niedersächsische Klinik vor Gericht
Seine Hanna-Lisa (10) wurde falsch operiert: „Man kann nicht ersetzen, was meiner Tochter angetan wurde“

„Bis zum letzten Atemzug werden wir kämpfen, dass unsere Tochter Recht bekommt.“
Hanna-Lisa kommt mit einem Darmverschluss auf die Welt und wird direkt nach der Geburt im Klinikum Oldenburg in Niedersachsen operiert. Doch nach der OP geht es dem kleinen Mädchen nicht besser, im Gegenteil: Heute ist sie inkontinent. Die Eltern geben dem Klinikum die Schuld und ziehen vor Gericht – nach vier Jahren wird nun endlich das Urteil gefällt.
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Hanna-Lisa wird als Baby mehrfach operiert - war das notwendig?

Hanna-Lisa hat das Down-Syndrom. Als sie auf die Welt kommt, wird sie wegen eines Darmverschlusses schon einen Tag später notoperiert, es folgen weitere Eingriffe, ihr Gesundheitszustand verbessert sich nicht. „Das hat uns dazu bewogen, dass wir unseren Rechtsanwalt eingeschaltet haben. Und haben gesagt, irgendwas stimmt da nicht“, erklärt Vater Torsten Lehmann bereits 2019 im Gespräch mit RTL. Die Familie aus Bad Zwischenahn wechselt die Klinik, ein anderer Arzt untersucht das Mädchen.
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„Das private Gutachten sagt ganz klipp und klar aus, dass pathologische Fehldiagnostiken vorgenommen worden sind und Fehloperationen“, so Torsten Lehmann damals. Die Inkontinenz seiner Tochter belastet ihn und seine Frau schwer. Hanna-Lisa muss rund um die Uhr betreut werden. Die Familie nimmt den mutmaßlichen Ärztepfusch nicht hin und zieht vor Gericht.
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Vater am Tag der Urteilsverkündung: „Ich erhoffe mir, dass Gerechtigkeit einkehrt"

Am Mittwochvormittag (13. Dezember) trifft Familie Lehmann vor dem Landgericht in Oldenburg ein. „Das sind über zehn Jahre und das ist sehr belastend. Momentan geht es uns nicht gut. Man ist sehr aufgeregt, man will auch einfach zum Abschluss kommen“, erklärt Vater Torsten Lehmann im Gespräch mit RTL vor der Urteilsverkündung. „Ich erhoffe mir, dass Gerechtigkeit einkehrt und dass meine Tochter und wir unser Recht bekommen“, so der Vater weiter.
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Hanna-Lisa bekommt Schmerzensgeld
Kurze Zeit später kommt die Familie aus dem Gerichtssaal. „Das Gericht hat heute nach intensiver Beweisaufnahme sein Urteil verkündet und Hanna-Lisa ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000 Euro zugesprochen. Zusätzlich hat das Gericht festgestellt, dass Hanna-Lisa alle zukünftigen Schäden, die auf die Stuhlinkontinenz zurückzuführen sind, zu ersetzen sind“, erklärt Stefan Büürma, Pressesprecher des Oberlandesgerichts Oldenburg in einem Gespräch mit RTL.
Die Anwältin der Familie, Korinna Nodop, ist zufrieden mit dem Ergebnis: „Die Fehler sind deutlich festgestellt und bestätigt worden und ich denke, das ist gerade für die Familie eine gewisse Ausgleichsfunktion oder eine gewisse Genugtuung.“
Eltern von Hanna-Lisa finden Abschluss

Die Eltern von Hanna-Lisa sind auch nach der Urteilsverkündung noch aufgeregt, aber auch erleichtert: „Man ist erstmal zufrieden. Man hat erstmal einen Abschluss und man guckt, wie es weitergeht“, beschreibt die Mutter von Hanna-Lisa ihre Gefühlswelt nach dem Urteil.
„Zufrieden ist man eigentlich nie. Man kann das nicht ersetzen, was meiner Tochter angetan worden ist“, erklärt Torsten Lehmann. Wie es jetzt genau weitergeht, müsse die Familie nun schauen, doch einen Plan haben die Lehmanns schon: „Auf jeden Fall können wir eine Delfintherapie machen mit unserer Tochter. Das werden wir als allererstes angehen.“