Debatte um Strafunmündigkeit von Kindern in Deutschland
60 Tage Knast für Kind: Jack (13) bekommt knallhartes Jugendstrafrecht zu spüren
Der 13-jährige Jack aus Queensland musste 60 Tage ins Gefängnis. Ohne Prozess oder Verurteilung kam er in den Jugendknast Cleveland Youth Detention Centre (CYDC), nachdem er einen Gleichaltrigen schlug und ihm das Handy aus der Hand riss. Zwischen dem 1. und dem 23. Februar soll Jack dabei sogar in Einzelhaft gewesen sein. Das berichtete der australische Sender ABC. Warum der Fall riesige Schlagzeilen macht, während in Deutschland nach dem Fall Luise die Strafunmündigkeit von Kindern diskutiert wird.
60 Tage Knast und wenig Wasser
Der 13-jährige Jack harrte den Berichten zufolge unter unwürdigen Bedingungen aus. Nicht nur ein regelmäßiger Ausgang aus der Zelle soll ihm verwehrt worden sein. „Er hat mir gesagt, er sei so verzweifelt gewesen, dass die Sicherheitskräfte ihm nicht erlaubten, etwas zu trinken, dass er seine Zelle geflutet habe”, erzählte seine Mutter dem australischen Sender ABC.
Der Umgang der australischen Justiz mit Jugendlichen steht schon lange in der Kritik und wäre in Deutschland undenkbar. Grund: Auf dem fünften Kontinent liegt die Strafmündigkeit bei zehn Jahren. Da sind die meisten noch in der Primary School (Grundschule). In Deutschland - wie in vielen anderen europäischen Ländern - gelten Kinder, die noch keine 14 Jahre alt sind, hingegen als schuldunfähig. Das gilt auch für die beiden Mädchen, die Luise F. aus Freudenberg kaltblütig erstochen haben. Der Fall löste eine Debatte aus.
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Anwalt sagt: Tat dauerte nur 30 Sekunden
Die beiden mutmaßlichen Täterinnen aus Freudenberg sind zwölf beziehungsweise 13 Jahre alt und werden strafrechtlich nicht verfolgt. Am anderen Ende der Welt werden Kinder hingegen nicht nur eingesperrt, sondern dabei - wie im Fall Jack - offenbar auch grundlegender Rechte beraubt.
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Es habe sich „lediglich um eine Meinungsverschiedenheit zwischen zwei 13-Jährigen gehandelt”, teilte Jacks Anwalt Tim Grau mit. Er beruft sich auf Video-Aufnahmen, die gerade einmal 30 Sekunden gedauert haben. Er wolle das Ganze nicht herunterspielen. Jack habe dem anderen einen Schlag versetzt und hätte das nicht tun sollen. „Aber ihn dann für insgesamt 60 Tage einzusperren, ist grausam und unangemessen.”
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Menschenrechtskommissar beschwert sich
Zwischen dem 1. und dem 23. Februar habe das Kind seine Zelle im Cleveland Youth Detention Centre (CYDC) in Townsville kein einziges Mal verlassen dürfen, berichtete der australische Sender ABC. Das sind 22 Tage Einzelhaft wegen einer Ohrfeige. Und auch ansonsten habe Jack nur ab und zu heraus gedurft.
„Die Regeln besagen, dass inhaftierte Kinder und Erwachsene mindestens zwei Stunden am Tag Zugang zu frischer Luft und Bewegung haben sollen, und hier war dies eindeutig nicht der Fall”, beschwert sich der Menschenrechtskommissar des Bundesstaates Queensland, Scott McDougall. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International äußerte sich zum Fall. Sie hat eine Vermutung, warum gerade Jack inhaftiert wurde.
Amnesty International kritisiert Inhaftierung von Aborigine-Kindern
Die Organisation verweist auf die indigenen Wurzeln des Jungen. „Aborigine-Kinder stammen eher aus abgelegenen und sozioökonomisch schwächeren Gegenden“, schrieb die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Dort gebe es weit mehr Festnahmen als in Großstädten. „Die meisten werden wegen einfacher Vergehen verhaftet: Sachbeschädigung, Autodiebstahl, gelegentlich Einbruch. Oder einfach, weil sie sich nachts auf der Straße herumtreiben.“
Wie andere Organisationen fordert Amnesty das Strafmündigkeitsalter auf 14 zu erhöhen. Damit würde Australien den meisten Staaten Europas folgen – mit zwei Ausnahmen, hieß es: „In Großbritannien gilt nach wie vor zehn als Mindestalter – ebenso in der Schweiz.“
Jacks Mutter macht sich derweil große Sorgen um ihren Sohn. Er sei völlig verändert aus der Haft gekommen. Vorher sei er sehr gesprächig gewesen, jetzt wirke er „gestresst und verschlossen”. Es sei hart, ihn wieder an ein normales Leben zu gewöhnen. „Der Regierung möchte ich sagen, dass es lächerlich ist, Kindern so etwas anzutun.“ (dpa/uhi)
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