Bye, bye Zähneputzen?Zahnarzt nimmt Zahnkristalle unter die Lupe

Weiße Beißerchen dank Zucker?
Der Zuckerersatz Xylit wird seit Jahren in Kaugummis und Zahnpasta verarbeitet, um unsere Mundhygiene zu verbessern. Ganz neu auf dem Markt sind nun Zahnkristalle, die Karies von unseren Beißerchen schrubben sollen. Könnten die Kristalle unseren Zähnen wirklich den letzten Schliff geben?
Könnten die Kristalle das Zähneputzen ersetzen?
Sie sehen aus wie kleine Traubenzucker-Bonbons: Zahnkristalle. Statt aus Traubenzucker bestehen sie allerdings aus dem Zuckerersatzstoff Xylit und sollen unsere Mundhygiene verbessern. Wie? Ganz einfach: Indem sie noch die allerletzten Bakterien „aushungern“ und damit Karies vermindern. So erklärt es zumindest das Unternehmen „Lebenskraftpur” auf seiner Webseite, das diese Kristalle unter anderem verkauft.
Heißt das etwa, dass wir die Zahnbürste ab sofort nicht mehr brauchen?
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Nein, sagt Zahnarzt Dr. Silvio Bopp. „Das ersetzt nicht das Zähneputzen oder die professionelle Reinigung“, macht er im RTL-Gespräch deutlich. Der Xylit sorge im Mund dafür, dass der pH-Wert im Mund stabil bleibe und habe eine bakteriostatisch Wirkung. „Der Xylit dringt in die Bakterien ein und wird dort aufgenommen - wie auch beim normalen Zucker.“
Doch während der normale Zucker dann fermentiert wird und bei dem Prozess Säure produziert, die Karies verursacht, kann der Xylit nicht fermentiert werden. „Da entsteht nichts Gefährliches für die Zähne“, führt Bopp aus, „im Gegenteil, es führt dazu, dass die Bakterien absterben.“
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Für wen lohnen sich die Zahnkristalle?
Das sieht Professor Stefan Zimmer von der Universität Witten/Herdecke ähnlich. Xylit habe keine eigenständige kariesprophylaktische Wirkung, könne aber in gewissem Umfang kariespräventiv wirksam sein. „Das ist aber nicht auf den Inhaltsstoff Xylit, sondern auf die speichelstimulierende Wirkung des Kaugummis oder des Lutschbonbons bei gleichzeitiger Abwesenheit von Zucker zurückzuführen“, führt er auf Anfrage von RTL aus.
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Tatsächlich gibt es bereits seit einiger Zeit Zahnpasten und Kaugummis mit Xylit, die genau das versprechen. Kurz bevor man ins Bett geht, aber noch ein Kaugummi kauen, nur um Karies vorzubeugen, ist etwas umständlich. Hier sollen die Zahnkristalle ansetzen, denn die lösen sich nach nur wenigen Minuten im Mund auf, heißt es bei „Lebenskraftpur”.
„Es hat gerade für die eine Wirkung, die schnarchen oder mit offenem Mund schlafen und sowieso ein Problem mit zu wenig Speichel haben“, sagt Bopp. Eine trockene Mundhöhle in der Nacht sorge nämlich dafür, dass die Speichelschicht auf den Zähnen austrockne. Dabei sei die nachts der Säureschutz der Zähne. „Hier können die Kristalle durchaus helfen, weil sie die Speichelproduktion anregen. Und sie beugen der Fermentierung von Speiseresten vor, wenn man abends mal nicht gründlich geputzt hat.“
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Aber: Nur abends oder ab und zu einen Zahnkristall zu lutschen, bringt laut Bopp wenig. „Den größeren Effekt hat man vor allem dann, wenn man allgemein statt Zucker Ersatzstoffe wie Xylit zu sich nimmt“, stellt er klar. Denn dann seien die Zähne grundsätzlich weniger Zucker ausgesetzt, der zu Karies fermentiert werde und habe noch die kariesprophylaktische Wirkung dazu. „Da sehe ich den größten Effekt.“
Aber Achtung! Xylit insgesamt nur in Maßen verzehren
Allerdings - und darauf weisen nebst Bopp auch noch andere Experten hin - verträgt nicht jeder Xylit. Die AOK warnt zum Beispiel davor, dass der Stoff in hohen Mengen abführend wirken kann. Und eine neue Studie der Cleveland Clinic zeigt, dass Xylit das Blut gerinnen lässt und damit das Thrombose-, Schlaganfall- und Herzinfarktrisiko erhöht.
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Wir halten also fest: Die Kristalle können unserer Mundhygiene durchaus den letzten Schliff geben, ersetzen jedoch nicht das Zähneputzen. Wer zudem regelmäßig Xylit zu sich nimmt, sollte aufpassen, nicht zu viel von dem Ersatzstoff zu essen, weil es zu Nebenwirkungen kommen kann.