20 Liter angestaut - Arzt erklärt Crush-Syndrom

Kröv-Verschütteter nach Rettung „doppelt so groß wie vorher“

Edi (links) mit ihrem Baby Jamie. Vater Mark war noch in den Trümmern verschüttet.
Mark (rechts) und seine Frau Edi mit Baby Jamie. Der Familienvater war stundenlang unter den Hoteltrümmern begraben.
Privat
von Karl Wirz und Jessica Bürger

Unter den Trümmern sammelte er 20 Liter Wasser an!
Als das Hotel in Kröv an der Mosel einstürzt, liegen Familienvater Mark, seine Frau Edi und Baby Jamie unter den Trümmern begraben. Alle drei werden lebend gerettet. Doch um Marks Gesundheit steht es nicht gut. Er sei so lange eingeklemmt gewesen, dass sein Körper stark aufgeschwemmt sei, erzählen Familienmitglieder RTL. Er sei „doppelt so groß wie vorher“. Was ist da in seinem Körper passiert?

13 Stunden kämpft Mark in den Trümmern um sein Leben

Fest steht: Es grenzt an ein Wunder, dass Mark noch lebt. 13 Stunden lang liegt der Niederländer unter den Trümmern des eingestürzten Hotels in Kröv, ehe er gerettet werden kann. „Er lag auf dem Rücken und seine Beine waren nach hinten verdreht. Die waren so gequetscht, dass sich das Blut gestaut hat und er nun so etwas wie eine Blutvergiftung hat, seine Muskeln wurden sehr gequetscht“, erzählt Ehefrau Edi RTL vor ein paar Tagen.

Er habe Schnittverletzungen am Rücken und am Oberschenkel und sei auch nach seiner ersten Operation weiterhin angeschwollen. „Er ist fast doppelt so groß wie vorher“, beschreibt Edi.

Laut Informationen seiner Familie sei der junge Mann so lange eingeklemmt gewesen, dass sich in seinem Körper enorm viel Wasser angestaut habe.

Doch woher stammt all das Wasser in Marks Körper?

Im Video: Hotel-Einsturz in Kröv – „Es ist ein Wunder, dass so viele Menschen überlebt haben”

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Arzt erklärt: Crush-Syndrom macht die Rettung von Verschüttungsopfer hoch kompliziert

„Wenn jemand längere Zeit verschüttet ist, passiert es häufig, dass die Extremitäten eingeklemmt werden, sodass die Zirkulation des Kreislaufs nicht mehr richtig funktioniert“, erklärt Mediziner Dr. Christoph Specht im RTL-Gespräch. Einerseits bekomme das Gewebe, zum Beispiel in den Beinen, nicht mehr die richtigen Nährstoffe, andererseits könne der Körper die Abfallprodukte des Gewebes nicht mehr abtransportieren. Dadurch staue sich alles in den abgeklemmten Extremitäten.

Das Problem: Wenn dann der Schutt von dem Verschüttungsopfer abtransportiert wird und die Leute gerettet werden, kann es zum sogenannten Crush-Syndrom kommen, auch Zermalmungssyndrom genannt. „Die Menschen versterben noch in der Situation des Gerettet-Werdens“, beschreibt Specht.

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Sobald der Kreislauf wieder in Gang komme, werde der Körper mit den Giftstoffen, die sich in den Beinen angestaut haben, förmlich überschwemmt; die Opfer sterben in kürzester Zeit an akutem Nierenversagen.

In diesem Zusammenhang sprechen Mediziner auch vom sogenannten Smiling Death, sagt Specht, dem lächelnden Tod. Die Opfer lächeln noch ob ihrer Rettung und sterben im nächsten Augenblick, ohne, dass sie sich dessen wirklich bewusst sind.

Marks Aufgedunsenheit war vermutlich gewollt

Dr. Christoph Specht schaut in die Kamera.
Dr. Christoph Specht erklärt, wieso der Körper von Familienvater Mark derart aufgedunsen war.
Moritz Jansen, photoMo

Um das Crush-Syndrom oder den Smiling Death zu verhindern, überfluten die Rettungskräfte den Körper deshalb vor der Rettung mit Wasser, um das Blut und all die Substanzen darin, zu verdünnen, so Specht.

Deshalb vermutet er: „Ich gehe davon aus, dass diese Aufgedunsenheit des Vaters therapeutisch induziert worden sind“, sagt Specht, „und nicht direkt von der Verletzung kommen. Dann wären nur die Beine geschwollen gewesen.“ Marks Aufgedunsenheit sei also vermutlich eine Nebenwirkung der Behandlung gewesen.

Sobald der Patient dann im Krankenhaus sei, werde der Körper wieder entwässert. Diese Art der Vorgehensweise sei laut Specht aber nicht in allen Ländern gang und gäbe. Andernorts werden die eingeklemmten Gliedmaßen abgeklemmt und dann kontrolliert wieder an den Kreislauf angedockt, erklärt er.

Specht geht davon aus, dass Mark die nächste Zeit auf jeden Fall weiter intensivmedizinisch betreut werde. Wenn alles gut verlaufe, „wird er wahrscheinlich wieder ganz genesen“, sagt er.

Die Grundsubstanz des Hotels ist aus dem 17. Jahrhundert. 1980 waren zweieinhalb Geschosse aufgesattelt worden.
Das eingestürzte Hotel in Kröv wird aktuell abgerissen. Mittlerweile könnte auch das letzte Opfer des Einsturzes, der Hotelbesitzer selbst, aus den Trümmern geborgen werden.
dpa

Auch Mark sei das überschüssige Wasser wieder los, wie Familienmitglieder RTL berichten. Ganze 20 Liter Flüssigkeit habe er verloren. „Wir sind überglücklich, er sieht auch wieder aus wie ein Mensch“, sagt Marks Schwiegervater.

Bei dem Einsturz des Hotels in dem Touristenörtchen an der Mosel wurden neun Menschen verschüttet. Zwei konnten nur noch tot geborgen werden, darunter auch der Hotelbesitzer. Warum genau es zu dem Einsturz kam, wird noch ermittelt.