Nach Prügel-Attacke unter Ferchichi-Schwestern

Bestrafen oder nicht – was tun, wenn sich die eigenen Kinder prügeln?

Wenn sich die eigenen Kinder prügeln, wissen Eltern oft nicht weiter.
Wenn sich die eigenen Kinder prügeln, wissen Eltern oft nicht weiter.
IMAGO/photothek

„Laila hat ein blaues Auge.“
Bei den Ferchichis hat’s geknallt. Die beiden ältesten Töchter von Anna-Maria und Bushido haben sich dermaßen in die Haare bekommen, dass beide Blessuren davongetragen haben. Eine Ausnahmesituation – wie gehen Eltern damit am besten um? Die psychologische Beraterin Ruth Marquardt weiß Rat.

Anna-Maria steht vor einer schweren Entscheidung: bestrafen oder nicht?

„Soll ich die Kids bestrafen?“, fragt sich Anna-Maria Ferchichi nach dem Streit ihrer Töchter Laila und Aaliyah. Eine Frage, die sich wohl alle Eltern stellen, nachdem sich ihre Kinder derartig gestritten haben.

Die siebenfache Mutter und Frau von Rapper Bushido hat sich jedenfalls dagegen entschieden. „Ich glaube immer, dass so Strafen gar nichts bewirken“, lautet ihre Erklärung. Sie habe sich lieber mit ihren Töchtern an einen Tisch gesetzt und über das Problem gesprochen. War das die richtige Entscheidung?

Meine Kinder greifen sich gegenseitig an – ist das noch normal?

Zunächst einmal ist Streit unter Geschwistern etwas völlig Normales, weiß Familienberaterin Ruth Marquardt. Oft seien Konkurrenz und Rivalität Gründe für heftige Auseinandersetzungen. „Kinder streiten nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil sie ihre Grenzen austesten oder ihre Bedürfnisse ausdrücken möchten.”

Außerdem seien Geschwisterbeziehungen oft geprägt von intensiven Gefühlen, „da die Kinder in einer engen, dauerhaften Verbindung zueinander stehen”. Anstatt Streit als etwas Negatives zu sehen, sollten Eltern sich bewusst machen, dass Kinder dadurch eine Menge lernen können:

  • Selbstbewussten Umgang mit Konflikten: Kinder verstehen, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse und Ansichten ausdrücken dürfen.

  • Empathie und Mitgefühl: Sie lernen, die Perspektive anderer einzunehmen und die Gefühle anderer zu berücksichtigen.

  • Problemlösungsfähigkeit: Kinder übernehmen Strategien, um Konflikte friedlich zu lösen, wie Kompromisse zu finden oder Ich-Botschaften zu nutzen.

  • Wertschätzung von Beziehungen: Sie erkennen, dass Konflikte eine Beziehung nicht zerstören, sondern sogar stärken können.

Damit Kinder all das Positive aus Konflikten herausziehen können, ist jedoch die Reaktion der Eltern entscheidend.

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Ab diesem Punkt sollten Eltern sich einmischen

So sollten Eltern ab einem bestimmten Punkt dringend eingreifen. Und zwar dann, „wenn die Streitigkeiten eskalieren oder es absehbar ist, dass es zu Verletzungen kommen könnte”, erklärt Ruth Marquardt. Deeskalation und der Schutz der Kinder stünden dann an erster Stelle – jedoch sollte keine Partei ergriffen werden.

Konkret empfiehlt die Expertin, die Kinder zunächst einmal voneinander zu trennen, um die Situation zu beruhigen. Etwa mit folgender Formulierung: „Ihr braucht beide eine Pause. Geht bitte in unterschiedliche Zimmer, damit ihr euch erst mal abregen könnt.” Wichtig: „Das Ziel ist nicht Bestrafung, sondern Beruhigung”, mahnt Ruth Marquardt. Ansagen wie „Wir sprechen darüber, wenn ihr euch beruhigt habt“, schaffen laut der Familienberaterin außerdem Struktur.

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Übrigens: Auch körperliche Auseinandersetzungen seien kein Ausdruck von Boshaftigkeit, sondern vielmehr davon, dass Kinder versuchen, mit ihren Emotionen umzugehen. „Schlagen wird dann zur spontanen Reaktion, wenn Worte fehlen oder sie ihre Impulse nicht kontrollieren können.”

„Fragen statt belehren” – so werden Kinder zu verständnisvollen Persönlichkeiten

Im Anschluss an den Streit müsse ein Gespräch anstelle von Bestrafung Priorität haben, denn „Strafen sind in solchen Situationen wenig hilfreich”. Immerhin würden sie nicht die Ursache des Streits klären. Doch genau das sollten Eltern gemeinsamen mit ihren Kindern tun. „Ziel ist es, den Konflikt aufzuarbeiten” – immer getreu dem Motto: „Fragen statt belehren”.

Folgende Fragen können dabei als Orientierung dienen:

  • Was ist passiert?

  • Wie hat sich jedes Kind gefühlt?

  • Welche Bedürfnisse standen dahinter?

„Eltern können als Moderatoren helfen, Verständnis füreinander zu fördern und gemeinsam Lösungen zu entwickeln”, erklärt Ruth Marquardt. Solche Gespräche stärken demnach nicht nur die Beziehung zwischen den Geschwistern, sondern geben Kindern auch Werkzeuge an die Hand, wie sie künftige Konflikte besser bewältigen können.

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„Kein Drama” – Konflikte gehören zu jeder Beziehung dazu

Auch wenn Streits zu jeder Geschwisterbeziehung dazu gehören und Ruth Marquardt erklärt, dass sie „völlig normal” sind, können Eltern mit einigen Präventionsmaßnahmen (heftigen) Konflikten vorbeugen. Dazu gehören:

  • eine positive Familienkultur mit klaren Regeln,

  • Raum für individuelle Bedürfnisse,

  • Rituale,

  • gemeinsame Zeit und

  • die Förderung von Miteinander statt Konkurrenz durch gegenseitige Unterstützung.

Außerdem können Eltern durch ihren eigenen Umgang mit Konfliktsituationen als positives Beispiel vorangehen: „Kinder, die miterleben, dass Konflikte friedlich gelöst werden können, fühlen sich sicherer.“ Sie lernen dadurch, „dass Konflikte kein Drama sind, sondern ein normaler Teil von Beziehungen“.