Haben die Frauen ihren Job und Patienten vernachlässigt?TikTok-Skandal im Krankenhaus – Schwestern wegen Livestream freigestellt
Sie streamen während der Arbeit und kümmern sich lieber um Likes als um Leben.
Es piept laut, blinkt, warnt und zwei Krankenschwestern filmen sich auf TikTok. Live aus dem Krankenhaus, fast 90 Minuten lang. Die betroffene Klinik hat nun Konsequenzen gezogen.
Pflegekräfte streamen aus Dienstzimmer – Klinik ermittelt
Die beiden Frauen arbeiten in der Asklepios-Klinik Weißenfels (Sachsen-Anhalt), betreuen laut eigenen Angaben 29 Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Im Livestream beantworten sie Fragen, während um sie herum Monitore Alarm schlagen. Follower machen sie mehrfach auf das Piepsen aufmerksam, die Reaktionen der Krankenhaus-Streamerinnen lassen viele sprachlos zurück. Im Video oben könnt ihr euch das genauer anschauen.
Es ist ein Verhalten, das die Grenze zwischen Alltag und Anstand verschwimmen lässt und einen ganzen Berufsstand in Erklärungsnot bringt.

Ex-Intensivpfleger warnt: „Menschen können unterm Strich auch versterben”
Ex-Intensivpfleger und Youtuber Kevin Hartwig, der sich auf das Aufdecken von Missständen im Gesundheitssystem spezialisiert hat, übt scharfe Kritik. „Speziell in diesem Fall sind das so genannte drei Sterne Alarme, wo Patienten vielleicht Herz-Rhythmus-Störungen haben oder vielleicht auch mal etwas Schlimmeres. Da reagieren dann Pflegekräfte nicht und selbst wenn sie zu spät reagieren durch den Stream, kann es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen, es kann zu lebensgefährlichen Situationen kommen und Menschen können unterm Strich auch versterben. Denn auf so Stationen liegt man nicht, wenn man ‘nen Schnupfen hat.”
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Asklepios-Klinik: „Zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung” – aber schwerer Verstoß
Franz Jürgen Schell, Medizinischer Pressesprecher der Asklepios-Klinik zu RTL: „In dem konkreten Fall bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung für die Patient:innen, da sich alle, die sich zu dem Zeitpunkt auf einer Normalstation waren, in keinem kritischen Zustand befanden.”
Trotzdem wurde das Verhalten als schwerer Verstoß gegen Datenschutz, Ethik und Dienstpflichten gewertet. Die Frauen wurden laut eines Bild-Berichts freigestellt. Auf RTL-Nachfrage will die Klinik das „aus Gründen des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte” nicht bestätigen.
Laut des Berichts mussten alle Klinikmitarbeitenden nach dem Vorfall sogar eine Schweigepflichterklärung unterschreiben – um weiteren Schaden von der Klinik abzuwenden. Dennoch gelangten Ausschnitte des Streams an die Öffentlichkeit.
Die Krankenschwester hat mittlerweile sämtliche Social-Media-Kanäle auf Privat gestellt. Eine RTL-Anfrage blieb bislang unbeantwortet.
Deutsche Gesellschaft für Patientensicherheit warnt vor „Alarm-Fatigue”
Auf RTL-Anfrage äußert sich auch Hardy Müller, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Patientensicherheit (DGPS): „Ein herausragendes Problem der Patientensicherheit ist die sogenannte Alarm-Fatigue.” Also das bewusste oder unbewusste Überhören oder Ignorieren von Warnsignalen.
„Sie stresst die Beschäftigten und führt unter Umständen zu erhöhten Risiken, da Warnsignale übersehen und damit ggf. zu spät adäquat behandelt werden kann.”
Müller betont: Es gehe nicht darum, Schuldige zu finden, sondern die Sicherheitskultur im System zu verbessern.
Trotzdem ist für ihn klar: TikTok aus dem Dienstzimmer heraus zu streamen, widerspricht jeder professionellen Grundhaltung.