Arzt wegen unerlaubter Sterbehilfe vor GerichtHat „Sterbearzt“ Johann Spittler einem psychisch Kranken den Suizidwunsch erfüllt?

Sterbehilfe oder Totschlag?
In Essen steht der bundesweit als „Sterbearzt“ bekannte Johann Spittler (82) erneut vor Gericht. Der Neurologe und Psychiater soll einem psychisch kranken Patienten den Suizid mit einer tödlichen Infusion ermöglicht haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Totschlag vor, da der Patient (42) laut Anklage nicht in der Lage gewesen sei, frei über seinen Tod zu entscheiden.

Psychisch kranker Patient stirbt nach Infusion

Im Jahr 2023 soll Spittler einem schwerkranken Mann eine tödliche Infusion verabreicht haben. Der Patient habe sich das Mittel selbst verabreicht und sei daraufhin gestorben. Trotzdem steht Spittler wegen aktiver Sterbehilfe vor Gericht, da die Anklage davon ausgeht, dass der Patient aufgrund einer schweren Depression nicht frei entscheiden konnte.

„Der Geschädigte soll psychisch erkrankt gewesen sein und in der Situation der Entscheidung über seinen Suizidwunsch unter einer schweren Depression gelitten haben“, erklärte Mathias Küsters, Pressesprecher des Landgerichts Essen. „Deswegen soll er nicht mehr in der Lage gewesen sein, frei zu entscheiden.“

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Aktive Sterbehilfe in Deutschland verboten

Sterbehilfe in Deutschland: Was erlaubt ist und was nicht
Sterbehilfe in Deutschland: Was erlaubt ist und was nicht
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In Deutschland ist die aktive Sterbehilfe, also die Tötung auf Verlangen, gesetzlich verboten und kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Die Beihilfe zum Suizid – etwa das Bereitstellen tödlicher Medikamente – bleibt hingegen straffrei, vorausgesetzt, der Patient handelt aus freiem und dauerhaftem Willen.

Gerade bei psychisch labilen Patienten sind jedoch professionelle Gutachten erforderlich, um den freien Willen festzustellen. Ursula Bonnekoh von der Deutschen Gesellschaft für Humanes Sterben betont: „Das Gutachten muss eindeutig klarstellen, diese Person ist in der Lage, freiverantwortlich zu entscheiden, ihr Leben zu beenden. Und diese Entscheidung ist nicht durch die psychische Krankheit hervorgerufen.“

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Spittler: Bereits vorbestraft – wegen eines ähnlichen Falls

Johann Spittler beteuert, dass er sich mehrfach davon überzeugt habe, dass sein Patient frei und selbstbestimmt entschieden habe, sein Leben zu beenden. Doch der Arzt ist kein Unbekannter für die Justiz: Wegen eines ähnlichen Falls bei einem schizophrenen Patienten wurde Spittler bereits zu drei Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da Spittler Revision eingelegt hat.

Während sich Befürworter wie die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben für eine klare rechtliche Regelung und mehr Unterstützung für Ärzte aussprechen, zeigt der Fall Spittler aber vor allem auch, wie schnell Mediziner in eine rechtliche Grauzone geraten können. (kra)

Hier findet ihr Hilfe in schwierigen Situationen

Solltet ihr selbst Depressionen haben, suchtkrank oder von Suizidgedanken betroffen sein, sucht euch bitte umgehend Hilfe. Versucht, mit anderen Menschen darüber zu sprechen! Neben Freunden oder Verwandten gibt es auch die Möglichkeit, anonym mit anderen Menschen über eure Gedanken zu sprechen. Das geht telefonisch, im Chat, per Mail oder persönlich.

Wenn ihr schnell Hilfe braucht, dann findet ihr unter der kostenlosen Telefon-Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 Menschen, die euch Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen können.