Kimberly Sullivan hält Stiefsohn mehr als 20 Jahre lang gefangen„Wir wussten es. Wir haben es gemeldet. Es wurde nichts unternommen“
Ein Leben wie in einem Horrorfilm.
Was der heute 32-Jährige aus Waterbury (US-Bundesstaat Conneticut) durchgemacht hat, ist fast unvorstellbar: Jahrzehntelang soll seine Stiefmutter ihn in einem winzigen Raum eingesperrt und schwer vernachlässigt haben. Der Mann wiegt am Ende nur noch 30 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,75 Meter. Sein ehemaliger Grundschulrektor hat nun im amerikanischen Fernsehen schwere Vorwürfe erhoben.
20 Jahre wurde er eingesperrt! „Man wusste, dass etwas nicht stimmte”
„Seit er fünf Jahre alt war, haben sich alle große Sorgen um dieses Kind gemacht. Man wusste, dass etwas nicht stimmte. Es war ein ganz und gar nicht in Ordnung“, erzählt Tom Pannone im Interview mit dem amerikanischen TV-Sender NBC Conneticut. Er ist ehemaliger Direktor der inzwischen geschlossenen Barnard Elementary School in Waterbury. Ihm und weiteren Mitarbeitern sei aufgefallen, dass der Junge extrem klein und dünn sei. Auf Nachfrage habe der Junge erzählt, er dürfe manchmal zuhause nichts essen.
Außerdem sei der Junge dabei gesehen worden, wie er Essen stahl und aus Mülleimern aß. Daraufhin hätten Lehrer ihm sogar etwas zu essen mitgebracht, weil er ständig hungrig gewesen sei. Tom Pannone behauptet: Mindestens 20 Mal hätten er und sein Team das Department of Children and Families, das zuständige Jugendamt, informiert. Auch Stiefmutter Kimberly Sullivan hätten sie kontaktiert, sagt er NBC Conneticut.
In der Strafanzeige Sullivan heißt es laut New York Post, dass Mitarbeiter des Department of Children and Families die Familie zweimal besucht hätten. Damals hätte sie den Jungen aufgefordert, den Behörden zu sagen, alles sei „in Ordnung”. Doch für den Jungen sah die grausame Realität ganz anders aus.
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Vor lauter Durst habe er aus der Toilette getrunken
Es sind schwere Vorwürfe, mit der sich die 56-Jährige derzeit auseinandersetzen muss: Anfang Februar befreit sich der heute 32-jährige Stiefsohn, indem er ein Feuer im Haus legt. Als die Feuerwehr ihn rettet, sagt er laut Polizei: „Ich möchte meine Freiheit.“
Der Mann sei vollkommen ausgemergelt gewesen. Er habe der Polizei erzählt, seine Stiefmutter habe ihn gefangen gehalten, seit er elf Jahre alt war. Über Jahre sei er in einer etwa sieben Quadratmeter großen Kammer eingesperrt gewesen. Zwei Becher Wasser am Tag hätten ihm zugestanden. Vor lauter Durst habe er aus der Toilette getrunken. „Den ganzen Tag, jeden Tag in meinem ganzen Leben“ sei er laut eidesstattlicher Versicherung, die der Washington Post vorliegt, hungrig gewesen.
Laut Polizei hat der Mann „über lange Zeit Misshandlungen, Hunger, schwere Vernachlässigung und unmenschliche Behandlung ertragen“. Nach langen Ermittlungen wurde die Stiefmutter am Mittwoch festgenommen. Kimberly Sullivan bestreitet die Vorwürfe. Sie ist aktuell gegen eine Kaution in Höhe von 276.000 Euro auf freiem Fuß.
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„Das ist die Tragik der ganzen Sache“
Rektor Tom Pannone sagt im Gespräch mit NBC Conneticut, der Junge sei mit etwa zehn Jahren aus der Schule verschwunden. Ihm sei erzählt worden, dass der Junge in einer anderen Schule sei – und später, dass er zu Hause unterrichtet wurde. Er habe noch vergeblich versucht, den Jungen ausfindig zu machen. „Wir wussten es. Wir haben es gemeldet. Es wurde nichts unternommen. Das ist die Tragik der ganzen Sache“, sagt er.
Bei dem 32-jährigen mutmaßlichen Opfer entschuldigt sich Pannone: „Es tut uns leid, dass wir nicht mehr tun konnten. Denn du hast mehr durchgemacht, als jeder von uns jemals in seinem Leben durchmachen wird.“ (lha mit dpa)