Ausgebeutet und zum Sterben allein gelassen

Erntehelfer verliert Arm und verblutet – weil Chef nicht helfen will

Eine Fotocollage mit einem Mann im Vordergrund, dahinter ein Feld.
Satnam S. (31) stirbt während der Arbeit auf einem Feld. Sein Chef soll ihm jede Hilfe verwehrt haben.
dpa/X/davidefarone

Sie haben ihn einfach sterben lassen
Ein Erntehelfer gerät in Italien mit seinem Arm in eine Maschine. Der Arm ist nicht mehr zu retten. Doch statt ihm zu helfen, läd sein Chef ihn einfach vor seiner Unterkunft ab. Er verblutet. Der schreckliche Fall schlägt in Italien jetzt hohe Wellen.

Fall sorgt für großes Entsetzen

Satnam S. (31) kommt 2021 aus seiner Heimat Indien nach Italien, weil er Arbeit sucht. Er findet eine Anstellung als Erntehelfer - illegal. Diese Arbeit kostet ihn schließlich sein Leben. Als er auf dem Feld in eine Maschine gerät, verliert Satnam bei dem Unfall seinen Arm. Er blutet stark, berichtet La Repubblica. Zu dem Zeitpunkt ist auch seine Frau vor Ort, muss alles mit ansehen. Sie fleht den Chef Antonello L. (37) an, zu helfen. Doch der ignoriert Satnams Verletzung.

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„Ich habe den Besitzer angefleht, uns zu helfen, ich habe ihn auf Knien angefleht”, erzählt Satnams Frau der Zeitung. Doch jede Hilfe bleibt aus. Antonello L. soll den Arm sogar in eine Obstkiste gepackt haben, bevor er den schwer verletzten Satnam und seine Frau einfach vor deren Unterkunft ablädt. „Er hat uns vor dem Haus abgesetzt und ist weggelaufen”, gibt die Frau bei der Polizei an. Nachbarn rufen schließlich einen Krankenwagen - zu spät.

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Staatsanwaltschaft ermittelt wegen fahrlässiger Tötung

Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Betreiber der Obstplantage. Der Vorwurf: Unterlassene Hilfeleistung und Verstoß gegen Sicherheitsbestimmungen. Der 37-jährige Chef sagt hingegen, er sei in Panik geraten. Er gibt an, der Unfall sei „eine Nachlässigkeit” gewesen, wie L’Unione Sarda berichtet. Satnam, der gerade einmal vier Euro die Stunde verdient haben soll, hätte die Maschine seiner Ansicht nach gar nicht bedienen dürfen.

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Arbeitsministerium spricht von systematischer Ausbeutung

Einen „Akt der Barbarei” nennt das Arbeitsministerium von Italien den Vorfall. Die Ministerin, Marina Calderone (58), hat angekündigt, den Fall „in allen Ämtern” zu verfolgen. Der Plantagen-Betreiber habe Satnam ohne Arbeitsvertrag beschäftigt. Gerade in der Landwirtschaft würden viele für einen Hungerlohn arbeiten - dass sie dabei auch noch ihr Leben riskieren, alarmiert italienische Gewerkschaften. Ihren Schätzungen nach sollen rund 230.000 Menschen in Italien illegal beschäftigt sein, schreibt L’Unione Sarda. Man wolle sich nun für bessere Bedingungen einsetzen. Für Satnam und seine Witwe leider viel zu spät. (xes)