Fragwürdiges MotivPlakat-Kampagne gegen sexuelle Übergriffe sorgt für Kritik

von Martin Breunig, Julia Zimmermann und Ulrich Vonstein

Gut gemeint und gut gemacht ist nicht dasselbe.
Bestimmt hat es die NRW-Stadt Büren gut gemeint mit ihrem Anti-Grabsch-Plakat. Es zeigt eine rothaarige, weiße Frau, die einen Jungen mit schwarzer Hautfarbe und Behinderung an den Po fasst. „Stopp! Grapschen verboten“, steht als Botschaft daneben. Dafür hagelt es jetzt Kritik.

Polizei: „Solche Plakatierungen bringen überhaupt nichts”

Besonders die Tatsache, dass die Täterin auf dem Plakat eine Frau ist, stößt auf Unverständnis. Bundesweit registrierte das Bundeskriminalamt im letzten Jahr 423 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung in Hallen- und Freibädern. In nahezu allen Fällen sind die Täter männlich. Konkret: Von 367 Verdächtigen waren es 365!

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In diesem Schwimmbad im hessischen Gelnhausen sollen unlängst Mädchen sexuell belästigt worden sein.
RTL / amp-tv

Die bekannte Islamwissenschaftlerin und Migrationsexpertin Susanne Schröter sagt, sie habe das Plakat für Satire gehalten und gedacht, jemand wolle sie auf den Arm nehmen. Sie wirft den Initiatoren vor: „Man möchte Ross und Reiter nicht benennen. Man hat Angst, das könnte rassistisch herüberkommen.“

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Manuel Ostermann von Bundespolizeigewerkschaft findet, dass Plakataktionen wie diese generell „überhaupt nichts“ bringen. „Sie dämmen nicht Kriminalität ein, sie dämmen keine Sexualstraftaten ein“, sagt er klipp und klar. Besonders, wenn die Tätergruppierungen nicht die deutsche Sprache verstünden. „Wenn Politik glaubt, mit schlecht gemachten Plakaten diesem Phänomen entgegenzuwirken, sind die Menschen ganz zurecht nicht nur enttäuscht, sondern stinksauer”, sagt er.

„Ohne Bild. Einfach ‘grabschen verboten’ und gut ist”

Vor wenigen Tagen rief ein Fall aus dem hessischen Gelnhausen Aufsehen hervor. Dort sollen vier syrische Männer acht minderjährige Mädchen belästigt haben. Kein Einzelfall, sagt Sandra Fenik, die seit 24 Jahren Schwimmmeisterin in der Ruhrgebietsstadt Gladbeck ist. Sie sei froh, dass in ihrem Bad Security im Einsatz sei. Die Aggressivität habe zugenommen, die Angesprochenen – viele hätten Migrationshintergrund – seien „sofort auf 180. Egal, was man sagt und wie nett man es sagt.“

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Der Ärger um das missglückte Plakat in Büren wäre leicht zu vermeiden gewesen, findet sie. Ihr Vorschlag: „Ohne Bild. Einfach ‚grabschen verboten‘ und gut ist. Das gilt für jeden, unabhängig von Geschlecht oder Nationalität. Da hat sich jeder dran zu halten.”

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Stadt Büren verteidigt Aktion

Die Stadt Büren hat die Plakate zwar einkassiert, verteidigt andererseits die Aktion. Bei der Gestaltung der Plakate mit mehreren unterschiedlichen Motiven sei der Versuch unternommen worden, „Vielfalt sichtbar zu machen und gezielt Stereotypen zu vermeiden“.

Statt der Plakate solle die Etablierung eines niedrigschwelligen Schutzmechanismus im Mittelpunkt des Projekts stehen: Mit dem entwickelten Codewort „Tiki“ soll Kindern und Jugendlichen geholfen werden, sich in Situationen, in denen sie sich unwohl oder bedroht fühlen, mitteilen zu können - und zwar auch dann, wenn sie die Situation nicht vollständig einordnen oder benennen können, teilte die Behörde mit.