Weißrussisches Staatsfernsehen strahlt Video aus
Blogger Protassewitsch (26) legt "Geständnis" ab - Vater erhebt Folter-Vorwürfe: "Das ist totaler Irrsinn"
Das Schicksal des in Weißrussland festgenommenen Bloggers Roman Protassewitsch war mehr als 24 Stunden unklar. Am Montagabend dann das erste Lebenszeichen: In einem im Staatsfernsehen veröffentlichten Video legt der 26-jährige Oppositionelle ein angebliches Geständnis ab und teilt mit, er sei im „Untersuchungsgefängnis Nr. 1“ in Minsk. Seine Familie vermutet Zwang, Folter und Gewalt hinter dem Video.
Roman Protassewitsch legt im Video "Geständnis" ab

„Guten Tag, ich bin Roman Protassewitsch“, so stellt sich der weißrussische Journalist in einem online veröffentlichten Video vor und erklärt: "Ich werde gut behandelt und es erfolgt alles nach Gesetzen.“ Er arbeite mit der Polizei zusammen und habe gestanden, Massenunruhen in Minsk organisiert zu haben. Auf seiner Stirn ist eine Verletzung deutlich zu erkennen.
Für den Vater des 26-jährigen Oppositionellen steht fest: Es handelt sich um ein erzwungenes Geständnis, um eine Machtdemonstration des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. „Es ist möglich, dass seine Nase gebrochen ist, denn ihre Form ist anders und es ist eine Menge Make-up Puder darauf. Die ganze linke Seite seines Gesichts ist abgepudert“, sagte Dsmitri Protassewitsch der Nachrichtenagentur Reuters am späten Montagabend.
Vater: Inhaftierung sei ein Akt der Vergeltung

„Es sind nicht seine Worte, es ist nicht seine Art wie er spricht. Er verhält sich sehr reserviert und man kann sehen, dass er nervös ist.“ Und es sei nicht seine Zigarettenschachtel auf dem Tisch - „die raucht er nicht.“ Daher denke er, dass sein Sohn zu der Aussage, er habe die Proteste in Belarus angestachelt, gezwungen wurde.
„Mein Sohn kann nicht zugeben, die Massenunruhen verursacht zu haben, weil er so etwas einfach nicht getan hat“, sagt der Vater. Die Inhaftierung seines Sohnes sei ein Akt der Vergeltung und soll Regierungskritikern zeigen: „Schaut, wozu wir in der Lage sind. Das ist totaler Irrsinn, was hier passiert.“
Mutter: Roman Protassewitsch befinde sich in schlechtem Gesundheitszustand

Das weißrussische Innenministerium teilte mit, Protassewitsch sei in Untersuchungshaft und habe nicht über gesundheitliche Probleme geklagt. Der stellvertretende polnische Außenminister Pawel Jablonski sagte dem Privatsender TVN24, dass seine Regierung von der in Polen lebenden Mutter des Inhaftierten gehört habe, dass er sich in einem schlechten Gesundheitszustand befinde, nannte aber keine Details.
Protassewitsch lebte vor seiner Festnahme im Exil. Sein Social-Media-Kanal war eine der letzten verbleibenden unabhängigen Quellen für Nachrichten über Belarus seit der Massenunterdrückung von Dissidenten im letzten Jahr.
USA und EU verurteilen die gezwungene Landung der Ryanair-Maschine

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten am Montag weitere Sanktionen gegen Belarus beschlossen und die sofortige Freilassung des Regierungskritikers und seiner Begleiterin Sofia Sapega gefordert. Zudem solle die Internationale Organisation für Zivilluftfahrt den Vorfall untersuchen, bei dem Belarus am Sonntag einen Ryanair-Flug von Griechenland nach Litauen zur Landung in Minsk angewiesen hatte.
US-Präsident Joe Biden verurteilte Belarus für sein Vorgehen. Er habe seine Berater gebeten, ihm Optionen aufzuzeigen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.