Tag des alkoholgeschädigten Kindes

Warum in der Schwangerschaft JEDES Glas Alkohol eines zu viel ist

Alkohol in der schwangerschaft
Wer in der Schwangerschaft Alkohol trinkt, riskiert schwerwiegende Folgen für das Ungeborene

Nur ein Glas Wein zum Entspannen oder ein Glas Sekt, um auf einen Geburtstag anzustoßen? Auch wenn es nicht viel erscheint: In der Schwangerschaft sollte Alkohol komplett tabu sein. Wer dennoch trinkt, riskiert, ein behindertes Kind auf die Welt zu bringen. Als FASD (fetale Alkoholspektrum-Störungen) werden die Folgeerscheinungen bezeichnet, die sich auf das gesamte Leben des Ungeborenen auswirken können. Was Alkohol in der Schwangerschaft alles anrichten kann, erklärt Sozialpädagogin Kathleen Kunath.

Kinder mit FAS sind häufig zu klein und verhaltensauffällig

In Deutschland werden geschätzt jedes Jahr rund 10.000 Kinder mit FASD geboren, weil ihre Mütter in der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben. Das vermeldet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA). Dabei stellt das Fetale Alkoholsyndrom (FAS) die ausgeprägteste Form der Fetalen Alkoholspektrum-Störungen dar. Und die „äußert sich offensichtlich auf den ersten Blick erst einmal gar nicht. Erst erst, wenn man mehr mit den Menschen in Kontakt tritt, merkt man, dass es Einschränkungen im Alltag gibt“, erklärt Sozialpädagogin Kathleen Kunath. Sie arbeitet in der Wohngruppe Sonnenhof und betreut dort junge Erwachsene, die an der Krankheit leiden.

Rein äußerlich kann beispielsweise die geringere Körpergröße im Vergleich zu Gleichaltrigen auf das FAS hindeuten. Außerdem ist der Kopf vieler betroffener Babys und Kinder zu klein. Daneben sind sie oft verhaltensauffällig, weil das Nervensystem Schaden genommen hat. Das kommt daher, weil das Ungeborene während der Schwangerschaft quasi mittrinkt. Der Alkohol verhindert, dass sich Organe und Gehirn gesund entwickeln. Folglich können sich betroffene Kinder Dinge schlecht merken, lernen weniger schnell. Daher spricht man beim Fetalen Alkoholsyndrom auch von einer Informationsverarbeitungsstörung.

„Die Leidensgeschichte fängt häufig in der Schul- und Kindergartenzeit an. Die Kinder sind einfach anders, verstehen viele Sachen nicht, komplexe Aufgaben können nicht erfüllt werden“, schildert Kunath. Auch Wäsche in Ordnung zu halten oder Termine wahrzunehmen, fällt FASD-Patienten schwer.

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FASD ist nicht heilbar

Die Krankheit, so Kunath, wird häufig erst spät erkannt. Betroffene quälen sich deshalb jahrelang mit Fragen zu ihrer eigenen Person. Warum kann ich bestimmte Sachen nicht, die andere Menschen können? Warum gelte ich als faul, weil ich nicht arbeiten kann, weil ich die Schulausbildung nicht geschafft habe, weil ich Hausaufgaben nicht bewältige, weil ich ständig von Situationen und Menschen überfordert bin.

Doch auch nach der Diagnose ist die Leidenszeit nicht vorbei. „Betroffene fühlen sich oft nicht als Teil der Gesellschaft, weil sie nicht verstanden werden. Weil man ihnen nicht ansieht, was für eine Behinderung sie haben“, erklärt die Sozialpädagogin.

Fatal: FASD ist nicht heilbar, Kinder haben dieses Handicap ein Leben lang. Viele der betroffenen Mädchen und Jungen werden Pflegekinder. Darauf weist Gisela Michalowski, Vorsitzende von FASD Deutschland, hin.

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Kinder haben ein erhöhtes Risiko für Alkoholsucht

Auslöser für die Krankheit ist der Alkoholkonsum von Müttern in der Schwangerschaft. „Wenn die Mutter in einer bestimmten Phase der Schwangerschaft mehr getrunken hat, ist das Suchtgedächtnis des Kindes getriggert. Und wenn es dann in der Pubertät anfängt, Alkohol zu trinken, dann merkt es häufig nicht, dass es keine Toleranz hat, dass es nicht aufhören kann und rutscht schneller in die Abhängigkeit“, erklärt sie den Zusammenhang.

Kathleen Kunath wünscht sich vor allem, dass Männer ihre schwangeren Frauen in der Schwangerschaft unterstützen und ebenfalls auf Alkohol verzichten. Aber auch die Gesellschaft nimmt sie in die Pflicht. „Man sollte sich nicht rechtfertigen müssen, dass man keinen Alkohol trinkt.“ Ein „Nein“ sollte respektiert werden. Auch ein „Nein“ zu nur einem Glas. (nri/jos)

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