Eine Zahl mit 12 Stellen
Wegen Weltkriegsschäden: Polen fordert 1,3 Billionen Euro von Deutschland

1,3 Billionen Euro. Eine Zahl mit 12 Stellen. So viel Geld will Polen für die von Deutschland angerichteten Schäden im Zweiten Weltkrieg verlangen. Der Vorsitzende der nationalkonservativen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, sprach am Donnerstag in Warschau von einem „enormen Schaden“ bis heute. Kritik an der Forderung gibt es aus der Opposition – und die Bundesregierung sieht für die Forderung gar keine Grundlage mehr.
Warschau will Reparationszahlungen von Deutschland
Es war mit Spannung erwartet worden: Das Gutachten über die Schäden, die Nazi-Deutschland in in unserem Nachbarland angerichtet hatte. Zum 83. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen wurde es nun im Königsschloss der polnischen Hauptstadt vorgestellt.
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Grundsätzlich ist es wohl unumstritten, was Kaczynski, der als starker Mann der polnischen Politik gilt, zum Gutachten sagt: „Die Deutschen sind in Polen eingefallen und haben uns enormen Schaden zugefügt. Die Besatzung war unglaublich verbrecherisch, unglaublich grausam und hatte Auswirkungen, die in vielen Fällen bis heute anhalten.“ Daher werde Warschau von Berlin Reparationen fordern. „Wir können nicht zur Tagesordnung übergehen, nur weil es jemandem so vorkommt, als befände sich Polen in einer besonderen, radikal niedrigeren Position als andere Länder.“ Er sei sich bewusst, dass es zu den Reparationen ein „langer und schwieriger Weg“ sei.
Polen gründete eigenes Forschungsinstitut
Die nationalkonservative PiS-Regierung, die das Nachbarland seit 2015 führt, hat das Thema Entschädigungszahlungen immer wieder aufgebracht. Die PiS rief 2017 für das Gutachten eine Parlamentskommission ins Leben. Zudem gründete Polen ein Forschungsinstitut für Kriegsschäden. Der mehrfach angekündigte Bericht wurde nun an einem symbolischen Tag präsentiert: Am 1. September 1939 begann der deutsche Überfall auf Polen.
Bundesregierung sieht keinen Grund für Zahlungen
Allein der erste Band des Gutachtens umfasst mehr als 500 Seiten und ist in neun Kapitel unterteilt - Berechnungen zu den polnischen Kriegsverlusten in den Bereichen Demografie, der wirtschaftlichen Bewertung der menschlichen Verluste sowie den materiellen Verlusten. Außerdem geht es um den Verlust von Kultur- und Kunstgütern sowie verschiedenen Arten von Finanzmitteln, Bankguthaben und Wertpapieren.
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Die Bundesregierung lehnt jegliche Reparationsforderungen ab. Für sie ist die Frage mit dem 2+4-Vertrag über die außenpolitischen Aspekte der deutschen Einheit abgeschlossen. Kritik kam auch aus der polnischen Opposition. Donald Tusk, ehemaliger EU-Ratspräsident und Oppositionsführer in Polen, sagte, es ginge der Regierungspartei PiS nicht um Reparationszahlungen von Deutschland, sondern um eine innenpolitische Kampagne. „PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski macht kein Geheimnis daraus, dass er mit dieser antideutschen Kampagne den Rückhalt für die Regierungspartei ausbauen will“, so Tusk. (eon/dpa)