Vom Freund zum Hochverräter
Wer war Söldner-Führer Jewgeni Prigoschin

Er war Chef der gefürchtetsten Privatarmee der Welt.
Doch genau vor zwei Monaten scheitert Jewgeni Prigoschin mit seinem Aufstand gegen Russlands Militärführung. Experten sahen den russischen Geschäftsmann seither dem Tode geweiht. Denn für Kremlchef Putin ist sein früherer Freund und Vertrauter zu einem Verräter geworden.
Söldner-Chef ist Todesgefahr immer bewusst
Ob bei seinen Einsätzen bis zuletzt in Afrika oder davor im Krieg in der Ukraine – dem 62-jährigen Chef der Wagner-Truppe war klar, dass sein Leben schnell zu Ende sein kann. Spätestens seit er einen Aufstand gegen Moskaus Führung am 23. Juni anzettelte, sah es für Prigoschin düster aus.
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Zwar beteuerte er nach der gescheiterten Revolte, dass er keinen Machtwechsel geplant habe. Doch bei Russlands Präsident Wladimir Putin dürfte das auf taube Ohren gestoßen sein. Der Kremlchef ist dafür bekannt, Verrat eiskalt zu bestrafen. Noch dazu, wenn es seine Vertrauten sind, die ihm in den Rücken fallen.
Nach der Revolte: Ruhe um den Truppenchef
Über Monate hinweg hatte der Wagner-Chef sich wegen des chaotischen Kriegsverlaufs in der Ukraine mit der Militärführung in Moskau angelegt. Immer wieder warf er dem Verteidigungsministerium und dem Generalstab der Armee vor, Präsident Putin zu belügen. Letztlich war es aber auch Putin, den Prigoschin mit seiner schwer bewaffneten Armee, der Wagner-Truppe, herausforderte.
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Danach wurde es ruhig, viel war von Prigoschin seit dem geplatzten Aufstand nicht mehr zu hören. In Russland war der Söldnerchef zuletzt im Juli aufgefallen. Am Rande von Putins Afrika-Gipfel in St. Petersburg wurde der Geschäftsmann fotografiert, wie er Gespräche führte. Zwar bestätigte der Kreml, dass sich Prigoschin und Putin nach dem Beinahe-Putsch noch einmal im Kreml trafen. Aber Beobachter erinnerten daran, dass Putin öffentliche Bloßstellung wie durch Prigoschin niemals vergibt.
Hunderttausende folgten Wagner-Chef auf Telegram
Über das Privatleben von Jewgeni Prigoschin ist wenig bekannt. Er ist Familienvater, immer wieder inszenierte er sich selbst als Beschützer mit einer sozialen Ader. So unterhielt er Rehazentren für Kriegsversehrte. Die Bekanntheit des Söldnerchefs nahm zu Zeiten der Wagner-Kämpfe in der Ukraine rasant zu.
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Und das nicht zuletzt, weil er mit seinem Telegram-Kanal Hunderttausende erreichte. Viele seiner Follower hielten die Aussagen, die an die russische Opposition erinnerten, für ehrlich – ein Ventil in Zeiten des Kriegs. Niemand sonst in Russland traute sich solche Kritik zu wie Prigoschin. Für einfache Bürger hätten seine Aussagen hohen Haftstrafen bedeutet. Aber es sind auch genau diese Aussagen, die Spekulation um seine politischen Ambitionen schürten.
Skrupelloser Unternehmer mischte im US-Wahlkampf mit
Selbst wies Prigoschin solche Absichten stets zurück. Vielmehr genoss er den Ruf, mit seinem Firmenimperium Concord und anderen geschäftlichen Aktivitäten auf maximalen Gewinn aus zu sein. Dass er dabei extrem machtbewusst vorging, war auch dem Kreml klar.
Bekannt war Prigoschin als skrupelloser Unternehmer mit krimineller Vergangenheit. Er und Putin kannten sich lange. Als der heutige Präsident noch in der St. Petersburger Stadtverwaltung arbeitete, soll er in Prigoschins Restaurant eingekehrt sein. Deshalb ist der Russe auch unter dem Spitznamen „Putins Koch“ bekannt.
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Politisch eingemischt hatte sich der Geschäftsmann auch 2020. Mit seiner spezialisierten Internet-Trollfabrik soll er im US-Wahlkampf gezielt Desinformationen verbreitet haben. In den Vereinigten Staaten ist Prigoschin deshalb zur Fahndung ausgeschrieben. Die Wagner-Truppen gelten im Westen als Terrororganisation und werden für Kriegsverbrechen in vielen Ländern verantwortlich gemacht. (okr/dpa)