Was Eltern wissen sollten

Versteckte Alarmsignale! Psychische Störungen bei Kindern erkennen und richtig handeln

Junges Mädchen als Opfer von häuslicher Gewalt
Kinder als Opfer häuslicher Gewalt. Die Kleinsten unserer Gesellschaft brauchen besonderen Schutz
picture alliance / Photoshot

Es ist eine erschreckende Entwicklung: Immer mehr Kinder und Jugendliche erkranken an psychischen Störungen, die Jüngsten leiden meist an Depressionen, Angst- oder Essstörungen. Doch leider bleiben diese Erkrankungen oft lange unentdeckt, viele Eltern handeln meist erst, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Dabei können viele Anzeichen schon früh erkannt werden.

Starker Anstieg durch die Coronapandemie

Die Ursachen für psychische Störungen sind vielfältig. Experten wie Dr.Tomasz Antoni Jarczok, Chefarzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am KJF Klinik Josefinum in Augsburg, sehen einen Zusammenhang mit der Ausnahmesituation der vergangenen drei Jahre: „Die aktuelle Zunahme hängt direkt oder indirekt in hohem Maß mit der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen wie Schulschließungen, Isolation oder den aus der Pandemie resultierenden Unsicherheiten und Belastungen zusammen.“

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Diese Annahme bestätigen auch die Zahlen des aktuellen Kinder- und Jugendreports der Krankenkasse DAK. Dieser Bericht bezieht sich auf die Jahren 2019 bis 2021 und beinhaltet die Befragungen von 800.000 Kindern bis 17 Jahre, die bei der DAK-Gesundheit versichert sind. Besonders Mädchen sind demnach von Erkrankungen wie Ess- oder Angststörungen sowie Depressionen betroffen. Dabei ist der Anstieg der Essstörungen sehr deutlich – 54 % der 15- bis 17-Jährigen sind erkrankt. Auch bei den unter 15-Jährigen ist ein Anstieg von 33 % zu beobachten. Bei den männlichen Befragten ist hingegen ein Rückgang zu verzeichnen.

Die Fälle von Depressionen sind mit 23 % Prozent vor allem bei Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren gestiegen. Bei 15 bis 17-Jährigen ist hingegen bei Angststörungen ein Wachstum von 24 % Prozent zu verzeichnen – ein stetiger Anstieg seit 2020.

Anzeichen für Depression, Angst- und Esstörungen

Leider bleiben psychische Störungen oft lange unentdeckt, vielen Eltern ist nicht bewusst, dass auch schon Kinder unter Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Essstörungen leider können. Bei folgenden Anzeichen sollten Sie handeln:

Depression

Eine Depression äußert sich mit einer anhaltend verschlechterten wie beispielsweise gedrückten, manchmal auch gereizten Stimmungslage, einer verminderten Fähigkeit, Freude zu empfinden. Hinzu kommt das Verspüren von weniger Antrieb beziehungsweise Energie für Aktivitäten. Zusätzlich können auch noch andere Symptome hinzukommen: Rückzug aus dem sozialen Umfeld, Veränderungen des Schlafverhaltens und/oder Schlafstörungen. Aber auch eine grundsätzlich negative Sicht auf die eigene Lebenssituation und manchmal Selbstverletzungen können auftreten. In schweren Fällen können sogar suizidale Gedanken hinzukommen.

Angststörung

Angststörungen umfassen verschiedene Erkrankungen, deren Kernsymptome meist eine übersteigerte Angst vor bestimmten Situationen sind sowie eine Neigung, diese Situationen zu vermeiden. Bei Jugendlichen sind dies oft sogenannte „soziale Angststörungen“, bei denen Situationen Angst auslösen, in denen die betroffene Person im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht und Sorgen hat, von anderen Menschen bewertet zu werden. Durch die erschwerte Schulsituation während der Pandemie haben sich auch Schul- und Leistungsängste zugespitzt, die in schweren Fällen bis zu einer kompletten angstbedingten Vermeidung des Schulbesuchs reichen.

Essstörung

Essstörungen äußern sich durch eine Gewichtsabnahme, die durch eine reduzierte Aufnahme von Kalorien bedingt ist. Diese Abnahme kann bis zu einem schweren und lebensbedrohlichen Untergewicht gehen. Bei einer solchen Essstörung herrscht die Angst vor Gewichtszunahme, oft verbunden mit der Einschätzung, zu dick zu sein. Diese Symptome werden oft mit zunehmendem Untergewicht immer ausgeprägter und verfestigen sich mit anhaltender Dauer der Essstörung.

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Das können Eltern tun

Sollten Sie den Verdacht haben, dass ihr Kind an einer psychische Erkrankung leidet, rät Dr. Jarczok, Facharzt für Psychotherapie, das Gespräch mit dem Kind zu suchen: „Wichtig ist es, ohne Vorwürfe und Druck mit dem Kind zu sprechen und zu versuchen, sich in die Perspektive des Kindes hineinzuversetzen.“ Wichtig ist: Umso früher die Erkrankung behandelt wird, desto besser sind die Behandlungsaussichten. Eltern sollten sich erst mal an Kinderärzt*innen, Spezialist*innen wie Kinder- und Jugendpsychiater*innen oder Kinder- und Jugendpsychotherapeut*innen wenden. Wenn eine Gefährdung vorliegt, sollte eine Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und deren Ambulanzen aufgesucht werden.

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Eltern, die nicht direkt ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, empfiehlt Dr. Jarczok, ihre Kinder so gut wie möglich zu gesundheitsfördernden Verhaltensweisen anzuhalten: „Feste Tagesstrukturen mit Lernzeiten sowie ausreichend Freizeit etablieren, für regelmäßig ausreichenden Schlaf und eine gesunde regelmäßige Ernährung sorgen, positive Aktivitäten und soziale Kontakte fördern, übermäßigen Medienkonsum vermeiden, Konsum von Alkohol und Suchtmitteln eingrenzen.“ (srö)