Rechtsanwalt klärt aufHotelwechsel nur gegen Geld? Welche Rechte gelten, wenn im Urlaub alles ganz anders kommt

Ärger im Urlaub ist das Schlimmste!
Immer wieder erreichen die RTL-Urlaubsretter Zuschriften von Reisenden, die ihr Hotel aufgrund von Mängeln wechseln möchten. Doch: Laut Reiseveranstalter sei das oft nur gegen Aufpreis möglich. Aber ist das wirklich so? Oder haben Urlauber hier Rechte, von denen sie bloß nichts wissen? Wir klären zusammen mit Paul Degott, Anwalt für Reiserecht, welche Rechte und Pflichten Urlauber bei einem Hotelwechsel wirklich haben.
Unzufrieden mit dem Hotel: An wen muss ich mich bei Mängeln wenden?
Zunächst müsste es in einem gebuchten Hotel zu maßgeblichen Mängeln kommen, damit die Möglichkeit eines Hotelwechsels überhaupt in Betracht gezogen werden kann, erklärt Rechtsanwalt Paul Degott im RTL-Interview. Doch auch das schlichte Vorliegen von einzelnen Mängeln sei noch nicht ausreichend, um seine Sachen packen zu können und umzuziehen.
Zuerst müsse man seine Beschwerde bei der richtigen Anlaufstelle vortragen. „Es ist nicht ausreichend, die Hotelrezeption mit Mängeln im Hotel zu konfrontieren.“ Richtiger Ansprechpartner ist nämlich der Reiseveranstalter beziehungsweise dessen Reiseleitung vor Ort. Diese sei der gesetzliche Vertragspartner und daher auch für die Mängelbeseitigung verantwortlich (BGB §6510).
Informiere man den Veranstalter nicht ausreichend und biete man ihm keine Möglichkeit zur Abhilfe inklusive einer Fristsetzung, entfielen jegliche Gewährleistungsansprüche.
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Urlaubs-Mangel oder reine Unannehmlichkeit: Wann kommt ein Umzug infrage?
Ausschlaggebend für einen Hotelwechsel sind beispielsweise:
Hotel ist überbucht
Hotel steht gar nicht erst zur Verfügung (z. B. aufgrund eines Hotelbrandes)
massive Leistungsmängel (massive Abweichung des Ist- vom Soll-Zustand)
Anders sehe es jedoch aus, wenn es sich um reine Unannehmlichkeiten handle. „Die Rechtsprechung versteht unter bloßen Unannehmlichkeiten eine geringfügige Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit der Reise oder hier des Hotelaufenthalts, wenn dadurch der Nutzen der Reise beziehungsweise des Hotelaufenthalts noch nicht gemindert ist.“
Reine Unannehmlichkeiten und daher nicht ausschlaggebend für einen Hotelwechsel sind beispielsweise:
geringer Ungezieferbefall (besonders im Süden)
kurze Leistungsbeeinträchtigungen
Hoteldisco bis Mitternacht
alkoholisierte Gäste
Geschmacksfragen beim Essen
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Im Video: Welche Rechte habt ihr als Reisende?
Und dann: Hotelwechsel nur gegen Geld?
Dafür sei ein Soll-Ist-Vergleich anzustellen. „Also ist zu fragen, was hat der Reiseveranstalter für das gebuchte Hotel an Leistungen versprochen, welche Hotelkategorie sollte das Hotel haben und wie war der Zustand tatsächlich, als die Reisenden angereist sind.“ Liege nach diesem Vergleich nun eine erhebliche Abweichung und damit ein Mangel vor und sei der Aufenthalt im gebuchten Hotel deshalb unzumutbar, so sei der Reiseveranstalter verpflichtet, eine kostenfreie Hotelalternative zu bieten, erklärt Rechtsanwalt Paul Degott.
Tipp: Jeder Urlauber sollte auf eine gut geführte Mängeldokumentation mit Nennung von Zeugen achten, denn diese könne im Ernstfall entscheidend werden. Die Dokumentation sei dem Veranstalter vorzulegen, und die Bitte um Abhilfe sollte mit einer entsprechenden Frist versehen werden.
„Leistet der Reiseveranstalter innerhalb dieser Frist nicht angemessen, kann der Reisende sich selbst Abhilfe schaffen und von dem Reiseveranstalter den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.“ Wichtig sei jedoch, dass Urlauber erst dann eigenmächtig in ein Alternativhotel umziehen, nachdem eine solche Frist abgelaufen ist. Andernfalls könne man die entstandenen Kosten im Nachhinein nicht durchsetzen.
Tipp: Auch der Umzug an sich müsse kostenfrei vonstattengehen. Etwaige Taxikosten beispielsweise habe ebenfalls der Reiseveranstalter zu tragen.
Es gibt nur noch bessere Hotels - und jetzt?
Grundsätzlich müsse der Veranstalter ein Alternativhotel bieten, das die gleichen Leistungsmerkmale aufweist wie das gebuchte. Eine Herabstufung in eine qualitativ schlechtere Unterkunft dürfe nicht vorgenommen werden – auch dann nicht, wenn es ansonsten nur noch bessere Hotels als das gebuchte gibt.
Paul Degott erklärt: „Auch wenn es nur noch bessere Hotels gibt, bleibt es dabei, dass der Reiseveranstalter gegebenenfalls Abhilfe mit einem Hotelwechsel schaffen muss. Gelingt ihm dies nur in ein besseres Hotel, kann das nicht auf Kosten des Reisenden gehen.“ Ausnutzen solltet ihr diese Situation jedoch nicht: Sowohl bei der eigenen Beschaffung einer Alternative als auch bei der Anfrage eines Alternativhotels beim Veranstalter dürfe man nicht das beste Hotel am Platz verlangen. Ansonsten „muss der Reisende damit rechnen, dass ihm bei seinem Ersatzanspruch entsprechende Abzüge gemacht werden“, so der Rechtsanwalt.
Tipp: Schon häufig wurde uns davon berichtet, dass Urlauber vom Reiseveranstalter darauf verwiesen werden, eigenständig ein Alternativhotel zu suchen. Doch das sei nicht Sinn der Sache, wie Paul Degott erklärt: „In der Tat ist die Abhilfe ausschließlich Sache des Reiseveranstalters. Wenn der Reiseveranstalter nun die Reisenden darauf verweist, sie sollen sich selbst kümmern, ist dies letzten Endes die Ablehnung einer Abhilfe durch den Reiseveranstalter, mit der Folge, dass der Reiseveranstalter Minderungs- und Schadenersatzpflichtig wird.“
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