Wegen falschem Geschlecht im Pass darf sie nicht ausreisenUkrainische Trans-Sängerin bangt um ihr Leben: „Bitte helft mir!“

„Kann mir irgendwer helfen? Irgendeine Menschenrechtsorganisation? Bitte helft mir!“ Zi Faámelu hat Angst um ihr Leben: Die Ukrainerin hatte gehofft, sie könne dem Krieg entkommen, sich in Sicherheit wiegen, doch an der rumänisch-ukrainischen Grenze wird ihr ein Detail in ihrem Reisepass zum Verhängnis. Als Zi Faámelu zur Welt kam war sie noch ein Mann. So steht es auch noch in ihrem Pass. Dabei lebt sie seit mehreren Jahren offen als Trans-Frau.
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Machtspiele an der ukrainischen Grenze

Auch nach drei Wochen weiß niemand genau, wann Putin seinen Krieg gegen die Ukraine beendet. Millionen Menschen sind bereits geflohen. Darunter viele Frauen und Kinder. Doch nicht allen gelingt es, dem Albtraum zu entkommen. Trans-Frauen und queere Menschen dürfen das Land zum Beispiel nicht ohne Weiteres verlassen.
Zi Faámelu ist Sängerin. Die 31-Jährige ist in ihrem Heimatland keine Unbekannte. Ihre Songs werden in der Ukraine millionenfach gehört. Doch als sie aus Angst, ins Visier von homophoben Truppen zu gelangen, versucht, aus Kiew zu fliehen, findet sie bei den ukrainischen Grenzpolizisten kein Gehör.
In einem Video, das in den sozialen Netzwerken tausendfach geteilt wurde, bittet sie verzweifelt und unter Tränen um Hilfe: „Kann mir irgendwer helfen? Irgendeine Menschenrechtsorganisation? Bitte helft mir!“ Zi Faámelu verschafft durch ihren Hilferuf unzähligen Trans-Menschen Sichtbarkeit. Sie macht auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam, den viele Unterstützer aus der LGBTQI+-Community nicht einfach länger hinnehmen wollen.
Ukraines vergessene Töchter: Trans-Frauen müssen in den Krieg ziehen

Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren haben keine Wahl. Sie werden zum Bleiben gezwungen und müssen sich im Ernstfall Putins Streitkräften stellen. Diese Anordnung gefährde insbesondere das Leben von queeren Menschen und Trans-Frauen, erzählt uns Psychologin und Aktivistin Liana Georgi. „Wenn man im Pass einen männlichen Geschlechtseintrag hat, wird eine Flucht nahezu unmöglich. „Die Grenzpolizei hat die Macht darüber, wer die Ukraine verlassen darf und wer nicht.“
Um der Diskriminierung entgegenzuwirken, müsse man mehr Schutzräume in der Ukraine und ein Bewusstsein für die LGBTQIA+-Community schaffen, so Liana Georgi. „Mit Hormonen und Operationen lässt sich ein Geschlecht angleichen. Man braucht aber keinen plastischen Eingriff oder andere Behandlungen, um transsexuell zu sein. Das Geschlecht ist eben nur das Geschlecht, mit dem man sich identifiziert.“ Doch transsexuell zu sein, ist in vielen osteuropäischen Ländern mit großen Hürden verbunden. Es müsse sich dringend was ändern. Auch dass die Trans-Personen nicht ohne Weiteres ausreisen können, findet Liana Georgi alarmierend.
Aktivisten versuchen, Transmenschen in der Ukraine zu helfen

Rain Dove lächelt, während sie uns im RTL-Interview erzählt, wie sie es geschafft hat, unzähligen Trans-Menschen zu helfen, dem Krieg in der Ukraine zu entkommen. Kein Gehör zu finden und nicht als das akzeptiert zu werden, was man ist, ein Gefühl, das sie nur zu gut kennt. Rain Dove ist ein international gefragtes, nicht binäres Model. Doch der Weg dahin war nicht einfach.
„Ich weiß, wie es ist, nicht dazu zugehören und ausgegrenzt zu werden. Deshalb möchte ich diese Menschen nicht im Stich lassen. Wir haben schon erlebt, dass Transmenschen an einigen Grenzen abgewiesen wurden“, sagt Rain Dove. Doch mit ihrer Unterstützung seien viele inzwischen aus der Ukraine rausgekommen, erzählt die US-Amerikanerin. Um noch mehr Menschen helfen zu können, hat Rain Dove den Verein „Safebow“ ins Leben gerufen.
Trans-Menschen sind einsamer als je zuvor

Gemeinsam mit Liana Georgi und unzähligen anderen Aktivistinnen und Aktivisten wollen sie Geflüchtete auch nach ihrer Flucht begleiten und zurück in ein „geregeltes“ Leben verhelfen. „Einige Leute sind entschlossen für ihr Land zu kämpfen, doch andere haben Angst, weil sie sich einer großen Gefahr ausgesetzt sehen. Viele Transmenschen und queere Personen in der Ukraine fühlen sich einsamer als je zuvor. Wir wollen diesen Menschen zeigen, dass wir sie nicht vergessen haben und ihnen eine Stimme geben.“
Zi Faámelu schafft die Flucht nach Deutschland

Eine gute Nachricht: Mit der Hilfe von Journalistin Kira Alin, die sich seit Jahren für transidente Menschen einsetzt, ist Zi Faámelu die Flucht nach Deutschland gelungen. Doch das war alles andere als einfach.
„Obwohl ich eigentlich geplant hatte, über eine Hilfsaktion an der Grenze zu berichten, war es mein persönlicher Antrieb, Zi mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen“, sagt die Journalistin. Auf dem Weg nach Rumänien erreicht die Journalisten ein Video von der 31-Jährigen. Nachdem es ihr gelingt, Zi über Videotelefonie zu erreichen, verabreden sich die beiden Trans-Frauen am Grenzübergang Siret.
Journalistin wartet stundenlang an der Grenze auf Zi Faámelu

Doch zu dem verabredeten Treffen kommt es nicht, erzählt uns die Journalistin im RTL-Interview: „Acht Stunden wartete ich an der Grenze und obwohl es zuerst so schien, als könnte sie die ukrainische Grenze übertreten, mussten wir doch feststellen, dass es noch einen zweiten Grenzposten gibt, an dem der Pass genauer unter die Lupe genommen wurde.“ Auch dieser Fluchtversuch scheitert. Währenddessen ist die Journalistin noch immer auf der rumänischen Seite und hofft, dass die ukrainischen Behörden nachgeben, so Alin. .
Trans-Sängerin Zi schwimmt durch Grenzfluss, um zu fliehen
Schließlich gelingt der Trans-Sängerin Zi die Flucht. Durch einen Grenzfluss schwimmt sie auf die rumänische Seite: „Ich habe auf der rumänischen Seite im Dickicht gewartet, um ihr dort Hilfe zu leisten. Es war ein schreckliches Erlebnis“ Den rumänischen Beamten erklärt Alin, dass sie keinesfalls ohne Zi-Faámelu nach Deutschland zurückkehren würde“
Am Ende konnten die beiden dann abreisen, erzählt Alin im RTL-Interview: „Wir fuhren gemeinsam mit dem Auto nach Deutschland, wo ich ihr bereits eine schöne Unterkunft bei einer liebevollen Familie organisiert hatte.“
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