Tipps von der Familienberaterin
Ukraine-Krieg: Soll man die Angst zulassen oder sich ablenken?

Menschen fliehen aus ihrem Zuhause, Familien werden auseinandergerissen – das Leid der Menschen in der Ukraine und die Zerstörung dort sind allgegenwärtig. Doch auch bei uns, tausende Kilometer weit weg vom eigentlichen Kriegsschauplatz, haben Menschen mit der Situation zu kämpfen – sie haben Angst. Doch wie geht man mit dieser Angst um? Familienberaterin Ruth Marquardt hat Tipps.
Wovor haben wir eigentlich Angst?
Laut Marquardt ist es zunächst wichtig, zu verstehen, wovor wir überhaupt Angst haben. Die Angst, die allem zugrunde liegt, sei die Angst vor dem Sterben: „Wir haben alle Angst vor dem Tod.“ Wenn wir die nicht hätten, dann würde uns keine Situation Angst bereiten können.
Was kann man tun, wenn einen die Angst überkommt?
„Angst ist etwas, das in unserem Körper passiert“, so die Expertin im RTL-Interview. Daher gehe es bei diesem Thema nicht nur um Psyche. Drei Übungen, die Marquardt bei einem akuten Angstzustand empfiehlt, sollen helfen, sich dem Hier und Jetzt bewusst zu werden.
Übung 1: Setzen Sie sich auf einen Stuhl oder das Sofa und erden Sie beide Füße auf dem Boden. Dann schauen Sie sich ganz bewusst im Raum um und nehmen ihn wahr.
Übung 2: Setzen Sie sich hin. Erden Sie beide Füße auf dem Boden und verschränken Sie die Arme so vor der Brust, dass die Handflächen jeweils auf einem Oberarm aufliegen. Dann klopfen Sie ganz leicht mit den Händen auf den Oberarm. Dadurch soll sich das Nervensystem regulieren.
Übung 3: Kneten Sie mit feuchten Fingern Ihre Ohren. Auch dadurch sollen sich die Nerven beruhigen und das Angstgefühl nachlassen.
Ab wann kann und soll ich mit meinem Kind über das Thema Angst sprechen?
Ein guter Hinweis, dass Kinder bereit sind, über das zu sprechen, was gerade in der Welt passiert, sei der, dass sie von sich aus mit Fragen auf einen zukommen, so Marquardt. In einem Gespräch mit ihnen sei es dann wichtig, kindgerecht zu erklären und nicht die eigene Unsicherheit und Angst auf das Kind zu projizieren.
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Wie soll man Kindern die Angst nehmen, wenn man selbst Angst hat?
Angst muss nicht versteckt werden: „Erst mal geht es darum, das Gefühl Angst anzuerkennen“, so die Expertin im Interview. Denn wenn man versuchen würde, dieses Gefühl zu unterdrücken und von sich wegzuschieben, dann würde einem das noch größere Probleme bereiten. Und das gelte auch für Kinder. Besser sei es hingegen, Kinder erklären zu lassen, was sie fühlen, wo sie das Gefühl wahrnehmen und ihnen dann eine Art Ventil zu bieten. Dafür schlägt Marquardt beispielsweise vor, gemeinsam ein paar Minuten lang Emotionen herauszulassen. Dadurch würde das Nervensystem reguliert und der Körper kann wieder herunterfahren. Wichtig sei es aber, danach auch wieder Zuversicht zu verbreiten, denn: „Kinder brauchen die positive Kraft der Zuversicht, und wir Erwachsenen auch.“
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Wie kann man mit russischen Mitmenschen, insbesondere mit Kindern, im eigenen Umfeld umgehen, die von Schuldgefühlen geplagt werden?
„Es ist ganz wichtig zu sagen: Du bist nicht schuldig.“ Das Augenmerk muss laut der Expertin auch in diesem Fall wieder auf die Zuversicht und auf etwas Positives gelenkt werden. Dazu eigne es sich beispielsweise, darüber zu sprechen, was sich das Kind ganz persönlich in dieser schweren Situation wünscht. Innerhalb einer Klasse könne man zum Beispiel auch gemeinsam Plakate schreiben. Dadurch können die Kinder Zuspruch erfahren und sich besser fühlen.
Verdrängung ist keine gute Lösung
Wie Ruth Marquardt im Interview erklärt hat, ist es also keine gute Idee, seine Angst zu unterdrücken und sich durchweg abzulenken. Besser ist es hingegen, sich der Angst bewusst zu werden. Dennoch, und auch dieser Aspekt scheint laut der Expertin sehr wichtig zu sein, sollten wir uns auch immer wieder das Positive vor Augen führen, damit wir mit Zuversicht in die Zukunft blicken können. (vho)
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