Nach russischem Angriff auf Ukraine

Angst vor dem Krieg! Wie gehe ich damit um?

Front view of a sad teen checking phone sitting on the floor in the living room at home with a dark background
Die Bilder aus der Ukraine lösen viele Emotionen aus - vor allem Angst.
iStockphoto

Es ist tatsächlich passiert: Russland hat den Krieg gegen die Ukraine begonnen. Während das Land an mehreren Flanken angegriffen wird, nach ukrainischen Angaben bereits Tausende Menschen getötet wurden und Hunderttausende aus ihrer Heimat flüchten, schaut die Welt voller Sorge und Angst auf die dortigen Entwicklungen. Der Krieg in Europa ist jetzt Realität. Wie können wir mit diesen Gefühlen umgehen? Was hilft uns jetzt dabei, uns nicht in Panik zu verlieren? Wir haben mit Experten für Psychologie, Traumata und Angst gesprochen.
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„Angst ist ein wichtiger Begleiter in unserem Leben“

Wie wir mit den sich überschlagenden Nachrichten über den Krieg zurechtkommen, ist ganz individuell und hängt auch von den eigenen Erfahrungen und dem Alter ab. Bei Menschen, die bereits einen Krieg miterleben mussten, können frühere Traumata wieder wachgerufen werden. Gerade Kinder, die psychisch bereits stark unter den letzten zwei Jahren im Zeichen der Corona-Pandemie zu leiden hatten, sind sehr sensibel und spüren unterschwellig die Sorgen, die zu Hause in der Luft liegen. Allen dürfte jetzt aber eines gemeinsam sein: „Ich glaube, dass bei allen Menschen das grundlegende Sicherheitsgefühl ganz massiv erschüttert wird“, so Dr. Lüdke, Psychotherapeut und Traumaexperte. Denn beim Thema Krieg ginge es um Leben und Tod.

Was können wir gegen dieses Unsicherheitsgefühl tun? Zunächst gilt es, ihm Raum zu geben und es nicht als etwas Negatives zu verdrängen. „Angst ist generell erst mal ein ganz wichtiger Begleiter in unserem Leben, weil er uns hilft, mit Gefahren und Problemen zurechtzukommen“, erklärt der Therapeut. Auch Borwin Bandelow, Professor für Psychiatrie und Psychotherapie, findet: „Das ist eine Angst, die wir aushalten müssen.“ Das heißt aber nicht, dass man sie für sich behalten muss. Der Experte für Angststörungen empfiehlt, sich ausgiebig mit Freundinnen und Freunden auszutauschen. Dr. Lüdke rät ebenfalls: „Wenn ich das Gefühl habe, die Angst wird zu groß, dann sollte ich mich unbedingt an einen Menschen wenden, den ich sehr gut kenne, dem ich vertraue.“ Wenn das nicht reiche, sei auch therapeutische Hilfe eine Option.

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Dürfen wir in solchen Zeiten sorglos sein?

Viele fragen sich jetzt, ob sie in solchen Zeiten überhaupt Zerstreuung suchen „dürfen“ oder haben dabei ein schlechtes Gewissen. Dr. Lüdkes Rat ist hier ganz klar: „Es ist vollkommen in Ordnung, auch bei dieser Tragik und diesen schrecklichen Ereignissen trotzdem das eigene Leben weiterzuleben. Das hat nichts mit einer Entwertung zu tun.“ Im Gegenteil sei es wichtig, auch abzuschalten, Spaß zu haben und Freude zu erleben – „um Kräfte zu sammeln, um mit diesen ganzen Problemen zurechtzukommen“, so der Experte.

Dass es auch Menschen gibt, die von einem Krieg gerade überhaupt nichts hören wollen, findet Prof. Bandelow nicht verwunderlich: „Wir haben jetzt gerade Corona überstanden und wollten uns jetzt eigentlich freuen auf ein schönes Frühjahr und einen unbeschwerten Sommer. Jetzt kommt diese massive Bedrohung.“ Doch auch, wenn wir uns gerade überrollt fühlen, können wir mit unserer eigenen Anpassungsfähigkeit rechnen: „Es ist so, dass Menschen sich immer an alles gewöhnen. Das heißt, man adaptiert sich. Nach ungefähr vier Wochen ist es nicht mehr so, dass wir körperliche Symptome haben und schlecht schlafen, aber die Sorgen werden natürlich immer bleiben.“

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Kinder nur auf Anfrage aufklären

„Mit Kindern sollte man nur dann über den Krieg sprechen, wenn die Kinder danach fragen“, empfiehlt Dr. Lüdke. In diesem Moment sei es wichtig, ehrlich zu sein und die eigenen – vielleicht sehr starken – Gefühle nicht zu zeigen. „Wenn Mama und Papa ganz ruhig und stabil bleiben, dann bleibt auch die Welt des Kindes in Ordnung.“

Auch Familientherapeutin Felicitas Heyne appelliert an Eltern, besonders ihre eigene Gefühlslage im Blick zu behalten und etwa den eigenen Medienkonsum zu hinterfragen, um so einem ständigen Alarmzustand entgegenzuwirken. Was sie Eltern noch rät, wenn es um das Gespräch über das so schwierige Thema Krieg geht, können Sie hier nachlesen. (rka)

Stiftung RTL – Wir helfen Kindern e.V. hilft Betroffenen vor Ort

Was für uns Nachrichten sind, ist für die Menschen in der Ukraine erlebte Realität. Die „Stiftung RTL – Wir helfen Kindern e.V.“ kümmert sich um lebensrettende Maßnahmen. Dazu gehören u. a. weitere Evakuierungen, der Transport von sauberem Trinkwasser oder die Bereitstellung von Gesundheits-, Hygiene- und Notfallschulungsmaterial. Außerdem sind psychosoziale Teams für die Kinder im Einsatz, die bereits jetzt traumatisiert sind.

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