Vorwürfe zu Prozessbeginn eingeräumt

Falscher Arzt impfte hunderte Patienten gegen Corona – er ist mit HIV infiziert

Tobias Hase
Der Angeklagte sitzt bei Prozessauftakt im Landgericht Traunstein.
deutsche presse agentur

Hunderte Corona-Impfdosen soll ein Theologe (50) in Rosenheim und Dachau (Bayern) verabreicht haben, obwohl er gar kein Arzt ist. Ihm wird vorgeworfen, sich mit gefälschten Dokumenten Zutritt zu zwei Impfzentren verschafft zu haben. Zum Prozessbeginn am Landgericht Traunstein am Donnerstag räumte er die Vorwürfe der Anklage weitgehend ein. Außerdem kam heraus: Der 50-Jährige ist mit HIV infiziert – mit einer "hohen Viruslast", wie die Verteidigung dem Gericht mitgeteilt hatte.
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Falscher Impfarzt mit HIV infiziert: Richterin sieht Interesse der Öffentlichkeit

Die Verteidigung wollte diese Tatsache unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandeln lassen. Doch für die Vorsitzende Richterin ist dies "ein tatbezogener Umstand von erheblichem Gewicht". Die Öffentlichkeit habe ein Interesse an dieser Information. Insbesondere die geimpften Personen hätten ein Interesse daran, zu erfahren, dass sie von einer Person geimpft wurden, die mit HIV infiziert ist.

Prozess in Traunstein: Angeklagter dachte, "etwas Gutes" zu tun

10.02.2022, Bayern, Traunstein: Der Angeklagte (vorne, l) wird kurz vor Prozessauftakt von Polizisten in das Landgericht Traunstein gebracht. Der Mann soll sich als Arzt ausgegeben und hunderte Patienten gegen Corona geimpft haben. Foto: Tobias Hase/dpa - ACHTUNG: Der Angeklagte wurde auf Wunsch seiner Anwältin gepixelt +++ dpa-Bildfunk +++
Der Angeklagte (vorne, l) wird kurz vor Prozessauftakt von Polizisten ins Landgericht Traunstein gebracht.
tha wst, dpa, Tobias Hase

Über seine Verteidigung ließ der falsche Impfarzt zum Prozessauftakt mitteilten, es sei richtig, dass er zwei falsche Doktortitel benutzt, eine Approbationsurkunde gefälscht und somit zu Unrecht Impfstoff verabreicht habe. Er könne aber nicht rekonstruieren, wie viele Menschen er selbst geimpft habe, sagte seine Anwältin Carolin Arnemann. Im Regelfall habe das medizinische Fachpersonal geimpft.

Es sei ihm darum gegangen, eine Beschäftigung zu haben und auch etwas zum Lebensunterhalt beizutragen, sagte Anwältin Arnemann. Ihr Mandant habe zudem gedacht, "er tut etwas Gutes" und bringe die Impfkampagne voran. In neun Monaten Untersuchungshaft sei ihm klar geworden, "dass das, was er gemacht hat, nicht geht".

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Keine Komplikationen nach Corona-Impfung

Der Anklage zufolge soll der 50-Jährige bei mehr als 306 Menschen ohne ärztliche Zulassung selbst die Spritze gesetzt und in 1.144 Fällen Injektionen von medizinischem Fachpersonal überwacht haben. Gesundheitliche Schäden oder Komplikationen bei den Geimpften gab es den Ermittlern zufolge nicht. 950 Personen sollen bei der Vernehmung der Polizei gesagt haben, es sei ihnen im Grunde gleichgültig, ob sie von einem echten Arzt geimpft wurden oder von jemandem, der dies nur vorgab, berichtet RTL-Reporter Andreas Becker. Allerdings wussten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass der Angeklagte mit HIV infiziert ist.

Fake-Impfarzt stellte gut 20.000 Euro in Rechnung

Die Staatsanwaltschaft in Bayern wirft dem Mann vor, vom 3. Februar bis 23. März 2021 im Impfzentrum Rosenheim sowie am 16. März 2021 im Impfzentrum Karlsfeld im Landkreis Dachau tätig gewesen zu sein. Außerdem war er laut Anklage bei mobilen Impfeinsätzen in Pflegeeinrichtungen im Einsatz. Er soll gut 20.000 Euro in Rechnung gestellt haben, laut Verteidigung bekam er aber am Ende kein Geld für seine Tätigkeit. Der Prozess soll am Donnerstag fortgesetzt werden. (dpa/bst)

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