Kristin Harila erhält jetzt sogar Morddrohungen Rekordbergsteigerin verteidigt sich nach Todesdrama am K2: "Niemand ist hier schuld“
Während sie einen Weltrekord am K2 schafft, stirbt weiter unten am Berg ein Mann.
Nach dem Todesdrama am Berg erzählt die norwegische Bergsteigerin Kristin Harila nun, was aus ihrer Sicht am 27. Juli in dem Flaschenhals genannten Abschnitt am K2 passiert ist. Die 37-Jährige wird nach ihrer Rekordbesteigung öffentlich kritisiert, dem verletzten Höhenträger Mohammad Hassan nicht geholfen zu haben. Jetzt verteidigt sich die Extremsportlerin, die inzwischen sogar Todesdrohungen erhält.

Harila verteidigt sich und ihr Team: "Überlebensinstinkte beeinflussen Entscheidungen"
„Das ist an der gefährlichsten Stelle des tödlichsten Berges der Welt passiert. Auf über 8.000 Metern beeinflussen deine Überlebensinstinkte die Entscheidungen, die du triffst“, schreibt Harila in einem Statement auf ihrer Website. Sie habe das Gefühl, sich jetzt zu dem Vorfall äußern zu müssen, wegen „all der Falschinformationen und des Hasses, die gerade verbreitet werden“. Dann beginnt sie damit, ihre Erinnerungen und die ihres Teams zu schildern, wie sie sagt.
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Der Unfall sei gegen 2.15 Uhr passiert. Sie habe es nicht genau gesehen, „aber Hassan war plötzlich gestürzt und hing am Seil zwischen zwei Eishaken“, beschreibt Harila die Situation. Ihr Team sei am gleichen Seil wie der verunglückte Höhenträger befestigt gewesen. Zuerst habe sich niemand bewegt „wahrscheinlich aus Schock und Angst“, so die Bergsteigerin. Dann habe sie, ihr Kameramann Gabriel Tarso und ein weiterer Kletterer aus ihrem Team versucht, dem Mann zu helfen, der kopfüber mit entblößtem Bauch über dem Abgrund baumelte.

Harilas Kameramann blieb bei dem Verletzten, bis sein Sauerstoff ausging
Harila habe ihren Teamkollegen gesichert, der zu Hassan hinabgeklettert sei, um ihn zu bergen. Mit vereinten Kräften sei es ihnen dann gelungen, den verletzten Bergträger zumindest aufzurichten, dass er nicht mehr mit dem Kopf nach unten hing. „Gabriel gab Mohammad seine Sauerstoffmaske und versuchte, ihn zu beruhigen“, so die Norwegerin.
Dann sei weiter vorne aber eine Lawine abgegangen und sie und ihr Team hätten beschlossen, sich aufzuteilen. Der Kameramann Tarso sei bei dem Verletzten geblieben, sie und der Rest der Gruppe seien weitergegangen, um den Kletterern vor ihnen zu helfen, die durch die Lawine in Not geraten waren. Auch als sie feststellten, dass niemand weiter vorne verletzt war, seien sie nicht umgekehrt, sondern weitergegangen, um den Flaschenhals nicht für eine mögliche Rettungsaktion zu blockieren.

Rekordbergsteigerin erklärt: Hassan durch den Flaschenhals nach unten zu tragen, war nicht möglich
Ihr Kameramann habe es schließlich geschafft, Hassan zurück auf den Weg zu ziehen. Und er sei bei ihm geblieben, habe ihm wieder seine Sauerstoffmaske und warmes Wasser gegeben, um ihn aufzuwärmen. „Wir wissen nicht warum, aber Mohammad trug keine Handschuhe“, schreibt Harila und auch sonst sei der Träger offenbar schlecht ausgerüstet gewesen für eine 8.000er-Besteigung. Tarso habe schließlich selbst weitergehen müssen, weil seine Sauerstoffflasche zur Neige ging und er sich bei einem Helfer weiter oben am Berg eine neue holen musste.
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„Es war herzzerreißend. Erst als wir abstiegen, sahen wir, dass Hassan gestorben war und wir waren nicht in der Lage, ihn runterzutragen“, erklärt die Bergsteigerin. Es brauche sechs Personen, um einen Menschen sicher nach unten zu bringen. „Der Flaschenhals ist so eng, dass man nur eine Person vorne und eine hinter dem Menschen positionieren kann, dem man helfen will“, so Harila. Es sei also unmöglich gewesen, ihn sicher zurückzutragen.
K2 war der letzte Gipfel für den Weltrekord
Der 8.611 Meter hohe K2 in Pakistan ist der zweithöchste Berg der Erde und gilt als weit anspruchsvoller als der Mount Everest. Den K2 haben bisher nur gut 300 Menschen bestiegen. Für Harila und ihren Teamkollegen, den Nepalesen Tenjen Lama Sherpa, war es der letzte Gipfel für ihren Rekord. Die beiden bestiegen alle 8.000er Gipfel der Welt in 92 Tagen.
Nachdem Videos aus dem Flaschenhals öffentlich wurden, in denen zu sehen ist, wie andere Bergsteiger einfach über den sterbenden Hassan steigen, wurde sie beschuldigt, den Tod des Mannes in Kauf genommen zu haben, um ihre Gipfelbesteigung nicht abbrechen zu müssen. „Niemand ist hier schuld“, nahm die Norwegerin jetzt aber sich und ihr Team in Schutz. „Man kann das nicht einfach kommentieren, wenn man die Situation gar nicht versteht. Und jemandem Todesdrohungen zu schicken, ist niemals in Ordnung.“ (jgr)





























































