"Team Wallraff" undercover in Hamburger Klinik

Pfleger: "Das ist gefährlich!" - Falsch angemischtes Medikament nur durch Zufall bemerkt

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzt die Asklepios-Klinik Nord-Heidberg in Hamburg verstärkt auf Pflegekräfte aus dem Ausland. In einem Integrationsprogramm werden sie unter anderem direkt auf den Stationen ausgebildet. Bei ihrem Undercover-Einsatz als Pflegepraktikantin fällt „Team Wallraff“-Reporterin Michelle auf, dass die Auszubildenden im Spritzenzimmer eigenständig Infusionen mischen. Doch werden sie dabei ausreichend angeleitet? Michelle bekommt Zweifel, als ein examinierter Pfleger durch Zufall ein falsch gemischtes Medikament auf dem Ausgabewagen entdeckt – und als eine Auszubildende einem nierenkranken Patienten eine Spritze mit einem Antibiotikum verabreicht, obwohl sie aufgrund eines fehlenden Etiketts nicht weiß, wie hoch dieses dosiert ist.

Falsch gemischte Infusion hätte für Patienten nierenschädigend wirken können

Laut der Asklepios-Klinik herrscht bei der Zubereitung der Medikamente grundsätzlich ein Vier-Augen-Prinzip, das zur allgemeinen Qualitätskontrolle gehört. Doch als Michelle und ihre Kollegin Zeinab* vorbereitete Infusionen und Tabletten an die Patientinnen und Patientinnen verteilen, entdeckt Pfleger Jan* eine falsch angemischte Infusion auf dem Wagen. „Das ist gefährlich!“, warnt er Zeinab. „Wenn du das so gibst, ist das zu schnell, weil das hochkonzentriert in dieser kleinen Dosis ist. Und das ist schädlich für den Patienten“, erklärt Jan der Undercover-Reporterin anschließend. Jemand müsse das aus Versehen so aufgezogen haben. In dieser Konzentration hätte die Infusion nierenschädigend gewirkt.

Asklepios schreibt hierzu: „(Die) Kontrolle hat dazu geführt, dass (…) bezüglich der Medikation mit dem Mittel Vancomyzin fehlerhaftes Verhalten direkt erkannt und bereits vor Verabreichung abgewendet worden ist. Es kam zu keinem Zeitpunkt zu einer Patientengefährdung.“

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Trotz unklarer Dosierung: Auszubildende verabreicht Patient Spritze

Auch im nächsten Spätdienst begleitet Michelle wieder Zeinab bei der Ausgabe von Medikamenten, die andere Kolleginnen und Kollegen vorbereitet haben. Angesichts einer Flasche kommt die junge Frau ins Grübeln: „Niemand schreibt hier, wie das aufgelöst ist. Da steht hier nichts“, lässt sie Michelle an ihren Zweifeln teilhaben. Offenbar wurde beim Anmischen vergessen, die Flasche zu beschriften – Zeinab kann also nicht wissen, wie hoch das Medikament konzentriert ist. Trotzdem zieht sie schließlich eine Spitze auf und verabreicht sie einem 90-jährigen nierenkranken Patienten – auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass er nun doppelt so viel von dem Medikament bekommt wie vorgeschrieben.

Eine gefährliche Entscheidung, warnt Dr. Sara Aytac, Oberärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie bei Ansicht der Aufnahmen: „Es gibt einen Grund, warum Medikamente in der Form oder in jener Form verabreicht werden. Also es macht einen Unterschied, in was ich es auflöse. Es macht einen Unterschied, in wie viel ich es auflöse. Es macht einen Unterschied, wie schnell es in den Patienten reingelangt und auch auf welchem Weg. Und dann zu sagen ‚Na ja, ich glaube‘ und ‚wahrscheinlich ist es so‘ (…) Also im besten Falle verliert das Medikament seine Wirkung und im schlimmsten Falle kann es tödlich sein.“

Die Stellungnahme des Unternehmens hierzu: „Es ist bei Asklepios klarer Standard, dass unsere (…) Internationalen Pflegekräfte hochsensible Tätigkeiten wie den Umgang mit Medikamenten unter Aufsicht durchführen, sei es bei deren Zubereitung, Dosierung oder Ausgabe an unsere Patient:innen.“ (rka)

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Video-Playlist zu "Team Wallraff"

"Team Wallraff – Reporter undercover“ auf RTL+

Die ganze Reportage von „Team Wallraff – Reporter undercover“ sehen Sie am Donnerstag um 20.15 Uhr bei RTL und anschließend zum Abruf auf RTL+.

*Die Namen der Klinikmitarbeitenden wurden redaktionell geändert, um ihre Identität zu schützen.