Überlebender: "Es war sehr beängstigend. Es dauerte fast zwei Minuten, bis das Zittern aufhörte“

Weiteres Beben der Stärke 7,5 erschüttert Türkei

Ein weiteres Erdbeben der Stärke 7,5 hat am Montagmittag (6. Februar) die Südosttürkei erschüttert. Das Epizentrum habe in der Provinz Kahramanmaras gelegen, meldete die Erdbebenwarte Kandilli in Istanbul am Montag. Auch in Syrien und im Libanon bebte die Erde. Bereits in der Nacht hatten schwere Erdbeben den Südosten der Türkei und den Nordosten Syriens erschüttert.
Nach der Erdbeben-Katastrophe in Syrien und der Türkei ist die Zahl der Todesopfer auf mehr als 3.600 gestiegen. In Syrien kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums sowie der Rettungsorganisation Weißhelme von Montagabend mindestens 1.300 Menschen ums Leben. In der Türkei stieg die Zahl der Toten auf 2.316, wie die Katastrophenschutzbehörde Afad meldete. Das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe war zunächst nicht absehbar, immer noch wurden zahlreiche Menschen unter Trümmern vermisst. Mehr als 15.000 Menschen wurden nach bisherigen Informationen in der Türkei und in Syrien verletzt.
Im Katastrophengebiet, in dem Millionen Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien Schutz gesucht haben, herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind in beiden Ländern Tausende obdachlos geworden – und das bei eisigem Wetter.

EU sichert betroffenen Gebieten Hilfe zu

06.02.2023, Türkei, Pazarcik: Ein eingestürztes Gebäude ist nach einem Erdbeben in Pazarcik in der südtürkischen Provinz Kahramanmaras zu sehen. Zwei heftige Erdbeben haben kurz nacheinander am frühen Montagmorgen den Südosten der Türkei erschüttert. Das Epizentrum lag nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam in beiden Fällen nahe der Stadt Gaziantep unweit der Grenze zu Syrien. Demnach ereigneten sich die Beben gegen 4.17 Uhr (Ortszeit/2.17 Uhr MEZ) und 4.28 Uhr (Ortszeit/2.28 Uhr MEZ) in einer Tiefe von 10 Kilometern. Foto: Uncredited/Depo Photos/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Eingestürztes Gebäude in Pazarcik in der südtürkischen Provinz Kahramanmaras
hjb, dpa, Uncredited

In der Türkei sind nach Angaben des Innenministers mehrere Provinzen betroffen. Gebäude seien eingestürzt. Rettungsteams aus dem ganzen Land würden zusammengezogen. Man habe zudem die Alarmstufe vier ausgerufen und damit auch um internationale Hilfe gebeten. Es sei zu insgesamt 22 teils starken Nachbeben gekommen.

„Es sind immer noch Menschen unter Trümmern eingeschlossen. Ich habe einen Freund, der in dieser Wohnung lebt, seine Kinder wurden aus dem obersten Stockwerk gerettet, aber nur seine Tochter hat sich einen Arm gebrochen“, sagte ein Anwohner in Diyarbakir.

Ein anderer berichtete: „Ich schlief, als mich meine Frau plötzlich weckte. Das Beben war sehr heftig, sehr beängstigend. Wir hörten überall Geräusche. Es dauerte fast zwei Minuten, bis das Zittern aufhörte.“

Die EU sagte Unterstützung für die betroffenen Gebiete zu. Auch in Deutschland bereiten sich Hilfsorganisationen darauf vor, Material und Retter in die Erdbebengebiete zu bringen. Griechenland erklärte sich trotz der schweren Spannungen mit der Türkei bereit, Rettungsmannschaften in das Erdbebengebiet im Nachbarland zu schicken. Auch Israel will der Türkei humanitäre Hilfe leisten.

Minus-Temperaturen und Schnee in Katastrophengebieten

February 6, 2023, Diyarbakır, Türkiye: Rescue teams try to reach trapped residents inside collapsed buildings at Galleria Apartment in Diyarbakir, southeast Turkey. A powerful earthquake has hit a wide area in south-eastern Turkey, near the Syrian border, killing more than 300 people and trapping many others. (Credit Image: © Ahmet Yukus/Depo Photos via ZUMA Press Wire) / action press
Zerstörungen in Diyarbakir
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In der Türkei stürzten mindestens 1.700 Gebäude ein. Das Beben sei in zehn Provinzen zu spüren gewesen, sagte Vize-Präsident Oktay. Menschen wurden aufgerufen, wegen der Kommunikationsengpässe online zu telefonieren und nicht über das Handy-Netz, damit vorrangig Verschüttete erreicht werden können. Die Temperaturen in den betroffenen Gebieten liegen zurzeit oft im Minusbereich. An manchen Orten schneite es stark.

In Syrien stürzten der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge in zahlreichen Städten Gebäude ein. Rettungsteams versuchten in der Nacht und im Morgengrauen, Menschen aus den Trümmern zu ziehen. Der Leiter des Nationalen Erdbebenzentrums Raed Ahmed sagte laut Sana, dies sei das stärkste Beben in Syrien seit 1995. Präsident Baschar al-Assad rief sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Videos zeigten Trümmerberge unter anderem aus der Provinz Idlib, teils kollabierten ganze Häuserreihen.

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Beben hatte Stärke von 7,9

06.02.2023, Syrien, Azmarin: Ein Auto ist unter den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes in der Stadt Azmarin in der nordsyrischen Provinz Idlib zu sehen. Zwei heftige Erdbeben haben kurz nacheinander am frühen Montagmorgen den Südosten der Türkei erschüttert. Das Epizentrum lag nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam in beiden Fällen nahe der Stadt Gaziantep unweit der Grenze zu Syrien. Demnach ereigneten sich die Beben gegen 4.17 Uhr (Ortszeit/2.17 Uhr MEZ) und 4.28 Uhr (Ortszeit/2.28 Uhr MEZ) in einer Tiefe von 10 Kilometern. Foto: Ghaith Alsayed/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Erdbeben erschüttern Türkei und Syrien
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Das heftigeste Beben hatte nach Angaben des deutschen Geo-Forschungszentrums GFZ eine Stärke von 7,9 auf der Richterskala. Das Epizentrum lag in einer Tiefe von zehn Kilometern. Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad gab die Stärke des Bebens mit 7,4 in der Nähe der Stadt Gaziantep nahe der syrischen Grenze an.

Die US-Erdbebenwarte USGS verzeichnete mehrere starke Nachbeben nach dem ersten Beben, das mit einer Stärke von 7,8 angegeben wurde. Ein Beben der Stärke 6,7 ereignete sich in Gaziantep und ein weiteres der Stärke 5,6 im Stadtgebiet von Nurdag.

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Auch im Libanon und auf Zypern war das Beben zu spüren. In den libanesischen Städten Beirut und Tripoli flohen die Menschen aus Angst vor einem Einsturz aus ihren Wohnhäusern, berichteten Augenzeugen.

Türkei immer wieder von schweren Erdbeben betroffen

06.02.2023, Türkei, Malatya: Menschen gehen neben einer durch ein Erdbeben zerstörten Moschee. Ein starkes Erdbeben hat im Südosten der Türkei und in Syrien mehrere Gebäude zum Einsturz gebracht, und es werden viele Opfer befürchtet. Foto: Uncredited/DIA Images/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
nwi, dpa, Uncredited

Nur wenige Länder sind häufiger von schweren Erdbeben betroffen als die Türkei, denn dort grenzen zwei der größten Kontinentalplatten aneinander: die afrikanische und die eurasische. Der größte Teil der türkischen Bevölkerung lebt faktisch in ständiger Erdbebengefahr.

Bei einem der folgenschwersten Beben der vergangenen Jahre kamen im Oktober 2020 in Izmir mehr als 100 Menschen ums Leben. Im Jahr 1999 war die Türkei von einer der schwersten Naturkatastrophen in ihrer Geschichte getroffen worden:

Ein Beben der Stärke 7,4 in der Region um die nordwestliche Industriestadt Izmit kostete mehr als 17.000 Menschen das Leben. Für die größte türkische Stadt Istanbul erwarten Experten in naher Zukunft ebenfalls ein starkes Beben.(dpa/uvo)

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Nach der Katastrophe sind tausende Tote und Verletzte zu beklagen, viele Existenzen wurden zerstört. Betroffen sind auch viele Kinder, die nun dringend Hilfe benötigen.

Mit einer Spende kümmern wir uns gemeinsam mit unseren Partnern wie I.S.A.R. Germany unter anderem um die Bergung von Verschütteten, die medizinische Versorgung von Verletzten sowie um die Durchführung von lebenswichtigen Soforthilfe-Maßnahmen, wie der Lieferung von Medikamenten, Wasser und Lebensmitteln.