Was hinter dem seltenen Phänomen steckt

Fieber, Muskelschmerzen, Erschöpfung! Wie Simone gegen das Post-Vac-Syndrom kämpft

Bekam Simone durch die Corona-Impfung Long-Covid-Symptome? Fieber, Muskelschmerzen, Erschöpfung
02:34 min
Fieber, Muskelschmerzen, Erschöpfung
Bekam Simone durch die Corona-Impfung Long-Covid-Symptome?

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20 Millionen Corona-Tote konnten durch die Impfung verhindert werden, sagen Experten. Auch Simone Laska aus Stockstadt lässt sich den Piks gegen Corona geben, doch nach der zweiten Impfung treten plötzlich gesundheitliche Probleme auf. Die Symptome ähneln dabei jenen von Long Covid, nur ohne Infektion. Simon leidet am so genannten Post-Vac-Syndrom – ein Syndrom, das in seltenen Fällen nach der Impfung auftreten kann.

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Hausarzt schob Simones Symptome auf die Psyche

„Ich hatte direkt nach der zweiten Impfung, also ab Juli 2021, einen erhöhten Puls, konnte schlecht schlafen, hatte immer wieder Fieberschübe, Muskelschmerzen, Konzentrationsprobleme – und ich war einfach nicht belastbar“, beschreibt Simone ihren Krankheitsverlauf im RTL-Interview. Ihr Hausarzt schiebt die Symptome zunächst auf ihre Psyche. Simone fühlt sich nicht ernst genommen und landet schließlich in der Post-Vac-Sprechstunde bei Prof. Dr. Bernhard Schieffer in der Uniklinik Marburg.

Suche nach Ursache ist Detektivarbeit

Post-Vac-Sprechstunde
Professor Schieffer bietet die Post-Vac-Sprechstunde in Marburg an.
RTL

Insgesamt sind in Deutschland nach aktuellen Zahlen 50.000 bis 60.000 Fälle des Post-Vac-Syndroms bekannt. Wenn ein Patient mit dem Verdacht einer Post-Vac-Erkrankung zu ihm kommt, beginnt für Professor Schieffer die Suche. „Die größte Detektivarbeit, das sind die Anamnesen“, sagt der Experte. Dabei spielen Fragen eine entscheidende Rolle: Wie wohnen die Menschen, wo wohnen sie? Könnten Schimmelpilze eine Rolle spielen? Parasitäre Erkrankungen, irgendwelche anderen Begleiterkrankungen. Autoimmunerkrankungen? „Im Prinzip drehen wir die Patientinnen und Patienten einmal von links nach rechts“, sagt Prof. Schieffer.

Wie ein Post-Vac-Syndrom entsteht, ist noch nicht ausreichend geklärt. Laut Professor Schieffer bringen viele Patienten medizinische Probleme schon mit, ohne von ihnen zu wissen. Erst durch die Impfung oder durch eine Infektion können sie ans Tageslicht kommen. Bei Simone bringt eine detaillierte Blutuntersuchung Licht ins Dunkel: Sie war 2001 am Epstein-Barr-Virus erkrankt – der Virus hat sich wieder reaktiviert.

Solche Befunde machen die Arbeit für Professor Schieffer leichter, die Suche nach einem Therapieansatz bleibt aber weiter schwierig: „Die Patienten müssen sich auf eine neue Realität einstellen, es wird nicht alles so, wie es vorher einmal war. Aber die Verläufe vieler Patienten zeigen, dass sich die Situation doch deutlich verbessern lässt.“

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Frauen sind öfter betroffen

Doch warum sind die Symptome bei Simone erst nach der zweiten Impfung aufgetreten und nicht schon nach der ersten? Das kann auch Professor Schieffer nicht erklären. Aber: „Es gibt einen Fragebogen, der europaweit ausgestreut wurde und da ist zu sehen, dass bestimmte Patienten betroffen sind.“ Hauptsächlich seien das Frauen im berufstätigen Alter oder junge, schlanke Frauen mit bestimmten Begleiterkrankungen – und das europaweit. „Oft wird deklariert, dass es ein deutsches Problem ist – das ist nicht der Fall“, weiß der Kardiologe.

Post-Vac-Patienten sind keine Impfgegner!

Stehen die Post-Vac-Patienten der Corona-Impfung jetzt ablehnend gegenüber? Professor Schieffer erlebt gemischte Reaktionen, die Mehrheit sei aber immer noch Pro-Impfung: „Der Großteil der Patienten sieht die Notwenigkeit einer Impfung gegen das SARS-CoV-2-Virus als selbstverständlich an, auch wenn sie selber Probleme nach der Impfung erfahren haben.“ Natürlich seien einige Patienten unsicher, was eine weitere Impfung betrifft – sie fürchten, dass die gleichen Nebenwirkungen noch einmal auftreten. In diesem Fall kann Professor Schieffer aber beruhigen: „Das kann man ganz gut einschätzen, wenn man sich die Patienten anschaut.“

Auch Simone ist für das Impfen

Aktuell betreuen Professor Schieffer und sein Team sieben bis acht Patienten pro Tag, durch die lange Untersuchungsdauer von circa anderthalb Stunden verlangsamt sich der Prozess. Die Plätze sind bis Sommer nächsten Jahres ausgebucht.

Trotz der Nebenwirkungen, die ihm begegnen, lautet das Credo von Professor Schieffer: Unbedingt impfen lassen! Auch Simone steht der Impfung trotz ihrer aktuellen Einschränkungen positiv gegenüber: „Ich bin grundsätzlich kein Impfgegner. Ich hab mich ja auch bewusst impfen lassen.“ Bei allen, die die erste und zweite Impfung gut vertragen haben, sehe sie keinen Grund, warum diese Menschen sicht nicht noch einmal impfen lassen.

Aktuell arbeitet Simone im Home Office und sucht gemeinsam mit den Ärzten einen Fahrplan für ihre Genesung. Wenn sie wieder fit ist, freut sich die passionierte Reiterin auf eine Sache ganz besonders: sich endlich wieder auf den Rücken ihres Pferdes setzen zu können. (fch/dgö)