Berlin und Paris setzen auf Deeskalation

Scholz und Macron einig: "Waffenstillstand im Ukraine-Krieg, so schnell wie möglich"

Zweieinhalb Monate nach Beginn des Ukraine-Krieges haben Bundeskanzler Olaf Scholz und der gerade wiedergewählte französische Präsident Emmanuel Macron in Berlin gemeinsam konkrete Schritte in Richtung Waffenruhe gefordert. "Was wir erreichen wollen, ist ein Waffenstillstand, so schnell wie möglich", sagte Macron.

Scholz: "Diktatfrieden" für Ukraine nicht vorstellbar

Emmanuel Macron, Präsident der Französischen Republik, Olaf Scholz, Bundeskanzler, Deutschland, Berlin, Bundeskanzleramt, Presseunterrichtung des BK und des Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron *** Emmanuel Macron, President of the French Republic, Olaf Scholz, Federal Chancellor, Germany, Berlin, Federal Chancellery, Press briefing of the BK and the President of the French Republic, Emmanuel Macron
Emmanuel Macron und Olaf Scholz nach ihrem Treffen im Bundeskanzleramt.
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Nur so könnten die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland zu einem Abschluss gebracht werden, um einen Frieden zu erreichen und in der Folge einen dauerhaften Rückzug der russischen Truppen. "Das ist unser Ziel."

Auch Scholz sagte, es müsse nach so vielen Kriegswochen nun bald entscheidende Schritte zu einer Beendigung des Konflikts geben. Es sei aber nicht vorstellbar, dass die Ukraine einen "Diktatfrieden" akzeptiere, der Bedingungen vorschreiben wolle, die sie für ihre Souveränität und Integrität als Nation nicht akzeptieren könne.

"Putin-Rede kein Zeichen der Deeskalation"

Olaf Scholz, Bundeskanzler, Emmanuel Macron, Präsident der Französischen Republik, Deutschland, Berlin, Bundeskanzleramt, Bildtermin bei der Begrüßung des Präsidenten der Französischen Republik, Emmanuel Macron, durch den BK mit militärischen Ehren *** Olaf Scholz, Federal Chancellor, Emmanuel Macron, President of the French Republic, Germany, Berlin, Federal Chancellery, picture session during the welcome of the President of the French Republic, Emmanuel Macron, by the BK with military honors.
Wichtiges Zeichen für die deutsch-französischen Beziehungen: Für Macron war der Besuch bei Scholz die erste Auslandsreise nach seiner Wiederwahl.
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Macron betonte auch, dass für ihn die Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der Militärparade in Moskau zum 77. Jahrestags des Siegs der Sowjetunion über Nazi-Deutschland noch kein Zeichen der Deeskalation sei. Viele Beobachter hatten von Putin eine weitaus schärfere Rede bis hin zur generellen Mobilmachung oder zu einer formellen Kriegserklärung an die Ukraine erwartet.

Für Macron war der Besuch bei Scholz die erste Auslandsreise nach seiner Amtseinführung am Wochenende. Vor zwei Wochen wurde er als Präsident wiedergewählt. Der rasche traditionelle Antrittsbesuch wurde von französischer Seite als Zeichen dafür gewertet, wie wichtig das deutsch-französische Tandem sei.

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"Die Ukraine gehört zur europäischen Familie"

 Berlin, Deutschland 09. Mai 2022: Bundeskanzler Scholz empfaengt den franzoesischen Staatspraesidenten Macron - 09.05.2022 Im Bild: Flaggen Deutschland, Frankreich, Europa Bundeskanzleramt Ehrenhof Berlin *** Berlin, Germany 09 May 2022 Chancellor Scholz receives French President Macron 09 05 2022 In picture flags Germany, France, Europe Federal Chancellery Ehrenhof Berlin Copyright: xFotostandx/xReuhlx
Deutschland, Frankreich, Europa - das gehört zusammen.
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Scholz betonte, dass es nun um "neuen Schwung" für Europa gehe. Der "entsetzliche Angriffskrieg" Russlands auf die Ukraine schweiße die europäischen Partner zusammen. Es gelte auch, zusammen zu handeln. Der Kanzler betonte: "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie." Er verwies auf die von der Regierung in Kiew vorgelegten Beitrittsanträge. Scholz hob zudem die EU-Beitrittsprozesse der Staaten des westlichen Balkans hervor. Hier müssten Blockaden überwunden werden.

Skeptisch äußerte sich Scholz zu Änderungen der EU-Verträge, um die Union handlungsfähiger zu machen. Größere Effizienz in vielen Feldern lasse sich auch noch erreichen, ohne dass man gleich an Vertragsänderungen gehen müsse, sagte er. Zum Beispiel seien Mehrheitsentscheidungen in mehr Politikfeldern möglich als das heute der Fall sei.

Scholz will "Motor anwerfen"

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Bundeskanzler Olaf Scholz informiert die Presse über die Ergebnisse des Macron-Besuchs
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Bürgerinnen und Bürger aus der EU hatten am Montag in Straßburg Vorstellungen für eine Reform der Gemeinschaft an die Spitzen der EU-Institutionen übergeben. Macron sprach sich für eine umfassende Reform der EU sowie eine Änderung der grundlegenden Verträge aus. Er unterstützte den Vorschlag des Europaparlaments, dazu einen Verfassungskonvent einzuberufen. Zeitgleich zur Ankündigung Macrons veröffentlichten 13 EU-Staaten aber bereits ein Papier, in dem sie sich gegen einen Verfassungskonvent aussprachen.

Scholz sagte, es gehe darum, wie man das Ziel Deutschlands und Frankreichs verfolgen könne, eine stärkere und souveräne EU zu schaffen. Dazu gebe es eine Reihe von Vorschlägen. Da, wo ein Konsens erzielt werden könne, "sind wir gerne dabei und werden sicherlich nicht diejenigen sein, die das aufhalten." Fortschritt sei möglich“, sagte der Kanzler. "Was wir jetzt als Grundlage haben, ist ein ganz wichtiger Motor dafür, dass er auch zustande kommt. Und wir werden ihn anwerfen."

Europatag: Brandenburger Tor leuchtet in Ukraine-Farben

 Bundeskanzler Olaf scholz und der Franzoesiche Praesident Emmanuel Macron besuchen den Brandenburger Tor beleuchtet mit den Ukrainischen Farben in Berlin am 9. Mai 2022. Macron und Scholz am Brandenburger Tor *** German Chancellor Olaf Scholz and French President Emmanuel Macron visit the Brandenburg Gate illuminated with the Ukrainian colors in Berlin on May 9, 2022 Macron and Scholz at the Brandenburg Gate
Der Bundeskanzler und der französische Präsident besuchen den Brandenburger Tor, das anässlich des Europatages in ukrainischen Farben estrahlte.
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Zur Stärkung der Stabilität und Demokratie in Europa regte Macron auch eine Kooperationsform jenseits der Europäischen Union an. Bisher habe man immer mit einer Ausweitung der EU diese Ziele erreichen wollen, meinte er. Diese Perspektive aber sei für Länder wie die Ukraine realistischerweise nicht binnen weniger Jahre erreichbar. Deshalb müssten neue politische Formen gefunden werden, um solche Länder an Europa zu binden und eine politische Koordinierung zu schaffen.

Wie Macron sagte, gehe es dabei um Fragen etwa der Verteidigung mit einer Solidarität jenseits der Nato, um Energie, Infrastruktur oder auch Reisefreiheit. Länder, die in ihren Beitrittsbemühungen zur EU schon weiter fortgeschritten seien, sollten aber nicht zurückgewiesen werden.

Später besuchten Scholz und sein Gast das Brandenburger Tor. Es wurde in den in den Abendstunden in den ukrainischen Farben Blau und Gelb beleuchtet. Anlass dafür war der Europatag. Der Europatag geht zurück auf die sogenannte Schuman-Erklärung. Am 9. Mai 1950 schlug der französische Außenminister Robert Schuman in einer Rede die Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vor. (dpa)